Deutsches Geld für ein zweites Fukushima? Am Samstag sammelte Greenpeace Unterschriften gegen eine Hermes-Bürgschaft für den brasilianischen Atommeiler Angra 3. Mit 1,3 Milliarden sichert die Bundesregierung Investitionen von Siemens und Areva ab. Ein aktuelles Gutachten bescheinigt Angra 3 gravierende Sicherheitsmängel.
„Gegen die deutsche Atom-Außenpolitik!“ Am Samstag startete in 66 Städten Deutschlands eine Greenpeace- Protestaktion gegen die Förderung von Atomkraft-Projekten im Ausland durch die Bundesregierung. Auch in Regensburg. Mit Briefen an Kanzlerin Angela Merkel will Greenpeace dafür sorgen, dass die deutsche Förderung für Atomenergie auch außerhalb Deutschlands eingestellt wird.
Briefe und Atomkraft haben, auch wenn man das nicht auf den ersten Blick erkennen mag, doch einiges gemeinsam. Beide sind aus der Mode gekommen. Beide sind angestaubt und nicht mehr zeitgemäß.
Ausgangspunkt der Greenpeace Aktion ist Angra 3, ein Atomkraftwerk, das in Brasilien gebaut werden soll – seit über 20 Jahren. 1984 begannen ursprünglich die Bauarbeiten an Angra 3, zwei Jahre später, 1986, wurden sie wieder eingestellt. 2007 sollte dann doch weiter gebaut werden. Und nun bürgt die Bundesregierung mit einer sogenannten Hermes-Bürgschaft für den Bau des Atommeilers. Hermes-Bürgschaft ist die umgangssprachliche Bezeichnung für Bürgschaften, die die Bundesregierung übernimmt, um Projekte deutscher Unternehmen im Ausland zu fördern – in diesem Fall Investitionen von Siemens und Areva mit einer Bürgschaft von 1,3 Milliarden Euro ab.
Ohne Hermes-Bürgschaft kein Angra 3
Bei Angra 3 sei diese Bürgschaft entscheidend für die Fortsetzung des Baus, so der lokale Greenpeace-Experte Martin Thema. Denn nur die Bürgschaft der Bundesregierung schaffe die notwendige Investitionssicherheit für die Durchführung des finanziell risikoreichen Projektes. Die Technik von Angra 3 sei jetzt schon veraltet, so Thema. So schaffe man mit deutschen Geldern quasi ein zweites Fukushima.
Zwei Gutachten, zwei Ergebnisse
Ganz anders sieht das natürlich die Bundesregierung. Vor zwei Jahren hatte ein Gutachten ergeben, dass der geplante Bau deutschen Standards gerecht werde. Allerdings bekamen die Abgeordneten im Bundestag seinerzeit keinen Einblick in dieses Gutachten. Unter anderem Greenpeace erzwang die Herausgabe auf dem Weg über das Umweltinformationsgesetz und spricht von einem bruchstückhaften und unsystematischen „Gefälligkeitsgutachten“. Eine aktuelle Expertise der Umweltorganisation Urgewald attestiert Angra 3 gravierende Sicherheitsmängel. Die Technik sei völlig veraltet. Einem Tsunami wäre der Atommeiler schutzlos ausgeliefert, heißt es darin unter anderem.
Atomausstieg nicht ernst gemeint?
Mit der bundesweiten Aktion am Samstag will Greenpeace die Bundeskanzlerin dazu bewegen, diese Bürgschaft für den Atommeiler nicht zu übernehmen. In 66 Städten stehen die Aktivisten und versuchen die Bürger dazu zu bewegen, ein vorgefertigtes Schreiben an die Bundeskanzlerin zu unterschreiben und abzuschicken. Insgesamt knapp 300 Briefe kamen in Regensburg zusammen.
Ob diese die Bundesregierung am Ende von Angra 3 abbringen, oder ob sie sie auch nur tatsächlich erreichen, bleibt offen. Aber neben der blanken Zahl an Briefen sei auch wichtig, dass man mit den Menschen ins Gespräch komme und Bewusstsein schafft. Die Bundesregierung scheint es, betrachtet man den Umgang mit Angra 3, mit dem Atomausstieg nicht wirklich ernst zu meinen.