Wohin zieht der Wochenmarkt um, wenn am Donaumarkt gebaut wird? Und vor allem: Wer darf wen wann und wie darüber informieren? Bürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) und Oberbürgermeister Hans Schaidinger sind gestern öffentlichkeitswirksam aneinandergeraten. Doch nur vordergründig geht es dabei um ein Sachthema. Wolbergs hatte in der Sitzung des Planungsausschusses für die SPD-Fraktion einen Antrag zu Ersatzstandorten für den Wochenmarkt eingebracht. Schaidinger rüffelte Wolbergs intern und entzog ihm kurzerhand die Sitzungsleitung; es liege nicht in Wolbergs’ Zuständigkeit, sich dazu zu äußern. Er sei für Soziales zuständig, nicht für Stadtplanung. Alles andere erwecke den Eindruck „chaotischer Verhältnisse“ bei der Stadtverwaltung. Basta! Wolbergs schoss via Mittelbayerischen Zeitung zurück und kündigte an, sich künftig nicht mehr „anpinkeln“ zu lassen. „Wolbergs kündigt Schmusekurs auf“, wird von der MZ getitelt und der Sozialbürgermeister kräftig gelobt.
Genervt von Wollis medialer Präsenz
Bei dem Streit geht es auch weniger um den Donaumarkt, Wochenmarkt und Marktbeschicker als darum, dass die mediale Überpräsenz von Wolbergs dem Oberbürgermeister schon seit längerem auf die Nerven geht. Bereits im vergangenen Jahr gab es deshalb ähnlich belanglosen Knatsch. „Es geht es weniger um politische Inhalte als um gekränkte Eitelkeiten“, hört man auch heute, selbst aus den Reihen der CSU-Fraktion. Vorbei sind die Zeiten, in denen er – Schaidinger – das Maß aller Dinge bei der Berichterstattung der Mittelbayerischen Zeitung war. Immer öfter wettert er mittlerweile auch gegen die Tageszeitung. Immer öfter wird er auch dort als selbstherrlicher Autokrat dargestellt. Längst hat Wolbergs Schaidinger (nicht nur in der MZ) in Sachen Fotos und Berichterstattung den Rang abgelaufen. Längst hat er umfassend Gelegenheit, sich (und ab und an auch die SPD) medial in Szene zu setzen. Einerseits, weil er bekanntermaßen von Termin zu Termin hetzt, andererseits, weil Wolbergs derzeit als aussichtsreichster Aspirant auf den OB-Posten 2014 gilt. Schaidinger darf nicht mehr kandidieren.SPD-Hartl: Realitätsverlust beim OB
SPD-Fraktionschef Norbert Hartl, der zuletzt mit dem OB wegen der Wohnungssituation in Regensburg (Gentrifizierung) aneinandergeraten ist, regt sich maßlos über das Verhalten des Oberbürgermeisters auf. Schaidinger scheine „der Blick für die reale Welt ein wenig verlorengegangen zu sein“, wettert Hartl. Er könne selbstverständlich ohne die SPD Oberbürgermeister sein. „Abgewählt kann er bis 2014 nicht werden.“ Regieren und Beschlüsse fassen könne Schaidinger dann allerdings nicht, „schon gar nicht mit seiner zerstrittenen Partei“. Wolbergs werde sich nicht verbieten lassen, sich zu allen kommunalpolitischen Themen zu äußern. Und auch Versäumnisse der CSU beim Wohnbau werde man thematisieren, ob nun mit oder ohne Erlaubnis des Oberbürgermeisters. Basta!CSU-Schlegl: „Geräuschlos lösen“
Zurückhaltend bleibt CSU-Fraktionschef Christian Schlegl. Er will sich als Friedensengel betätigen will. Mit Wolbergs und Schaidinger habe er schon gesprochen. „Alles weitere bereden wir im Koalitionsausschuss am Montag.“ Das Ganze müsse man „geräuschlos lösen“, so Schlegl. Von einer Koalitionskrise kann man bislang wohl nicht sprechen. Es ist auch noch etwas zu früh für SPD und CSU, die (Soll)bruchstellen offen zutage treten zu lassen. Zu früh, um den Startschuss dafür zu geben, das eigene Profil zu schärfen und mit dem Wahlkampf zu beginnen. Bis zum März 2014 sind es noch zweieinhalb Jahre und selbst Hartl sagt: „Mit der CSU-Fraktion haben wir keine Probleme.“ Die aktuelle Auseinandersetzung zementiert allerdings die Krise der CSU. Und sie nutzt der SPD.Profilgewinn trotz Schmusekurs
Die gewinnt in Person von Wolbergs durch Schaidingers Verhalten an Profil, ohne ihren politischen Schmusekurs aufgeben zu müssen. Beim von Hartl angesprochenem Streit um die Wohnungssituation und Gentrifizierung ging es lediglich um Vergangenheitsbewältigung, aktuell ist man sich einig. Beim Hahnenkampf Schaidinger versus Wolbergs um Zuständigkeiten, mediale Präsenz und Profilierung. Der umstrittene Antrag in Sachen Wochenmarkt wurde übrigens – nach einer kleinen Änderung durch den Oberbürgermeister – einstimmig verabschiedet. Um es zum Bruch kommen zu lassen, ist noch etwas Zeit.Update am 13.10.11
Gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung hat Hans Schaidinger nun noch einmal nachgelegt und Joachim Wolbergs den Rücktritt nahegelegt. Die MZ zitiert Schaidinger:Wenn er (Wolbergs, Anm.) auf seinem Recht bestehen wolle, sich zu allen Themen zu äußern, dann solle er als Bürgermeister zurücktreten, „dann kann er sagen was er will.“