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Archiv für 12. August 2011

Wolfgang Schörnig enthüllt das Aktions-Plakat. Foto: Riehl
Man trifft sich am Donnerstag, um 17.30 Uhr an der Malergasse im Obermünsterviertel. Ein bisschen unschlüssig stehen sie alle da, die geladenen Pressevertreter, die anwesenden Gastronomen und die Gastgeber: städtische Vertreter um den Umwelt- und Rechtsreferenten der Stadt, Wolfgang Schörnig. Es geht heute um jene Besucher der Diskotheken, die im Anschluss ihr Revier im Obermünsterviertel markieren. Mit allen Variationen. Erbrochenes auf dem Gehweg, Pisse am Hauseingang oder an den Fensterscheiben der Geschäfte. Und am nächsten Morgen blüht dann ein böses Erwachen. Statt dem Duft von frischem Kaffee der Geruch von frischem Urin? Nicht gerade geschäftsfördernd. „Alles was ein Mensch so verlieren kann, findet man am Morgen“, berichtet eine der anwesenden Anwohnerinnen. Und dann folgen Schilderungen von nächtlichen Erleichterungswettbewerben in Briefkästen und von halbmeterhohen Müllhügeln in den Straßen. Fast neapolitanische Verhältnisse in der „nördlichsten Stadt Italiens“.

Zugegeben, kein neues Problem. Nicht in Regensburg, nicht in Dachau oder Wiesloch zum Beispiel, nicht in sonst irgendeiner Stadt in Deutschland oder Europa. Allgemein ist das Problem der nächtlichen Ruhestörer kein Regensburger Phänomen. Auch andere Städte in Deutschland haben ähnliche Probleme und versuchen, diese mit vergleichbaren Aktionen zu bekämpfen.

Vor einigen Jahren zeigte die Polizei in Heidelberg nächtlichen Ruhestörern als Ermahnung die „gelbe Karte“, weil die Situation immer schlimmer wurde, ohne Erfolg. Die Situation in Heidelberg ist für die Anwohner immer noch unannehmbar, seit Jahren versuchen sie sich mit regelmäßigen „Bettlaken-Aktionen“ gegen Ruhestörung zu wehren, der Erfolg ist eher fragwürdig. Das nächtliche Treiben in Diskotheken fordert seinen Tribut, und der wird eben oft in die Straßen entrichtet, weil das letzte Bier gar so schnell raus will.

Ein Hund sein glangt doch…

Ebenso verständlich ist aber auch, dass die Anwohner im Viertel das morgendliche grausige Erwachen leid sind. Sie haben sich mit dem Aktionsbündnis „fair feiern“ und den Gastronomen der Bars und Diskotheken zusammengetan und eine Kampagne gestartet, die die Nachtschwärmer vom „Reviermarkieren“ und ähnlichem abhalten soll. Auf Plakaten und in einem Videospot mahnt der Hund als bester Freund des Menschen, dass der sich auch beim nächtlichen Feiern benehmen soll. Die Botschaft ist klar: Kein Wildpinkeln mehr im Obermünsterviertel. Dafür ist seit 1. August auch die öffentliche Toilette am Neupfarrplatz 24 Stunden lang geöffnet. Aber wie bringt man die Botschaft an den Adressaten, den nächtlichen Besucher in der Bar, der sich vielleicht zu späterer Stunde in den Straßen erleichtern muss? Man versucht es mit Plakaten in den Geschäften und Bars des Viertels und Videospots, die in den Lokalen gezeigt werden. Versucht, denn wie stark diese Aktion dann wahrgenommen wird oder am Ende den erwünschten Erfolg zeigt, darf angezweifelt werden. Und eigentlich ist die Chance, dem ganzen mit dieser Aktion Herr zu werden auch in Regensburg begrenzt. Schörnig selbst weiß natürlich dass das Wildpinkeln nie aussterben wird: „Es wird immer dumme Menschen geben“, sagt er. Zudem werden, wie Armin Pongratz stellvertretend für die Gastwirte erklärt, die Spots des Aktionsbündnisses zwischen sonstigen Musikvideos in den Bars gezeigt. Aber man kann natürlich den gesamten Barbetrieb nicht einstellen, wenn das Video läuft. Deswegen werden teilweise Untertitel eingesetzt, um die Botschaft zu vermitteln. Aber wie viele Barbesucher achten denn auf die Videos wenn sie feiern und trinken? Vielleicht vereinzelte, ob aber dann das „fair feiern“-Video, geschweige denn dessen Botschaft wahrgenommen wird, ist zweifelhaft, zumal man nie genau die Wirksamkeit von derlei Werbemaßnahmen feststellen kann. Und wie wusste schon Altkanzler Kohl: „Entscheidend ist, was hinten raus kommt“.
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