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Archiv für 10. Mai 2011

„Wer ist Icomos? Eine Vereinigung eitler Besserwisser-Denkmalpfleger, der alle angehören, die als Staatsdiener schon immer für Denkmalpflege zuständig waren?“ Es ist ein Brandschreiben, das am Dienstag im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung erschienen ist. Die Autorin Ira Mazzoni stellt darin die Seriosität des Internationalen Denkmalrats infrage, der im Auftrag der Unesco ein wachsames Auge auf die Welterbestätten haben soll. Insbesondere Professor Michael Petzet, Präsident von Icomos Deutschland, steht dabei Kreuzfeuer der Kritik. Petzet ist Chefredakteur des aktuellen „Heritage at risk“-Reports, in dem Icomos sich mit den akuten Gefährdungen von Welterbestätten befasst. Er hat sich offenbar in einigen Passagen über das Urteil der zuständigen Fachleute hinweg gesetzt, es unterschlagen und stattdessen seine eigene Meinung veröffentlicht. Eine Praxis, die nicht unbedingt die Ausnahme zu sein scheint. Mehrfach hat sich das Icomos-Präsidium dem Bericht zufolge gegen das Urteil der Fachleute vor Ort gesperrt, Druck auf sie ausgeübt oder ist ihnen durch gegenteilige Stellungnahmen in den Rücken gefallen.

Mundtot machen, auch in Regensburg

Nach Brücken-Kritik abgesägt: Profesor Achim Hubel. Foto: pm
Spätestens hier kommt Regensburg ins Spiel. Petzet war maßgeblich daran beteiligt, den Icomos-Berichterstatter für Regensburg, Professor Achim Hubel, abzusägen. Hubel hatte sich ablehnend zu zur Westtrasse geäußert. Im November 2008, nach einem Besuch der Icomos-Monitoring-Gruppe in Regensburg gab Hubel unserer Redaktion dazu ein kurzes Interview. „Ich persönlich habe größte Bedenken gegen eine solche Brücke“, so Hubel damals. Es sei völlig unklar, wie dieses Bauwerk an die Altstadt angebunden werden solle, welche Rampen und Straßen dafür nötig sein werden. Darüber hinaus befürchtete Hubel eine Beeinträchtigung der Donaulandschaft durch ein solches Bauwerk. Hubels Kritik wurde von weiteren Medien aufgegriffen und schlug deutschlandweite Wellen; von einem zweiten Fall Dresden – die Stadt verlor ihren Titel wegen des Baus der Waldschlößchenbrücke – war die Rede.

Kritiker zum Rücktritt gedrängt

Auf Druck der Stadt Regensburg fiel Michael Petzet seinerzeit Hubel in den Rücken. Als Präsident von Icomos Deutschland ließ er eine Pressemitteilung veröffentlichen, widersprach Hubel und unterstützte die Brückenpläne. Schließlich drängte Petzet Hubel dazu, sein Amt als Berichterstatter für Regensburg niederzulegen (hier ein ausführlicher Bericht dazu). Im Bericht der Süddeutschen Zeitung findet dieser Umstand nur in einem kurzen Satz Erwähnung. Hubel sei „von zentraler Stelle“ mundtot gemacht worden heißt es mit Blick auf die damalige Debatte. Achim Hubel selbst hat sich dazu im vergangenen Jahr einen umfangreichen Aufsatz in der Fachzeitschrift Denkmalpflege verfasst, seine Ablehnung bekräftigt und die Ereignisse des Jahres 2008 noch einmal Revue passieren lässt. Sowohl der Regensburger Oberbürgermeister wie auch von Icomos Deutschland hätten ihm vorgeworfen, nicht zu einer Stellungnahme zur Brücke autorisiert gewesen zu sein, so Hubel in einer Fußnote. „Äußerem Druck ausgesetzt, verzichtete ich auf meine bis dahin ausgeübte Funktion innerhalb der Icomos-Monitoring-Gruppe als Berichterstatter für die Altstadt von Regensburg.“

Stadt: Lügen für die Brücke

Die Schilderungen in Hubels zehnseitigem Aufsatz zur Brückendebatte lassen ansonsten an Klarheit nichts zu wünschen übrig. Der Stadt Regensburg wirft er – kurz zusammengefasst – vor, mit einer Mischung aus Druck, Tricks und selbstherrlicher Auslegung der Regeln zu versuchen, die Brücke entgegen aller Expertenmeinungen durchzusetzen. „Untersucht man genauer die Argumente der Stadt Regensburg, welche die Notwendigkeit einer Ersatztrasse begründen sollen, fallen zahlreiche Übertreibungen, um nicht zu sagen, unrichtige Behauptungen auf“, stellt er zusammenfassend fest.

Regensburg: Petzet verstößt gegen alle Regeln

Schade, dass so ein kritischer Geist nicht mehr als Berichterstatter für Regensburg zuständig ist. Nach dem aktuellen Stand kann man nur unterschreiben, was Ira Mazzoni in ihrem Bericht mit Blick auf Icomos kostatiert: „Ein Monitoring-System für Welterbestätten ist wichtig. Aber die Regeln dieses Monitorings müssen klar sein. Monitore und Präsidenten dürfen durch ihre beruflichen Karrieren und freundschaftlichen Verflechtungen in keiner Weise befangen sein.” Sie dürften auch nicht die „sorgfältig abgewogenen Positionen der zuständigen Landesdenkmalpfleger untergraben”, so Mazzoni. Im Fall Regensburg hat Petzet gegen all diese Regeln verstoßen. Er hat Hubel auf Druck der Stadt zum Rücktritt gedrängt und steht mit seinem eher positiven Votum zur Ersatztrasse in klarer Opposition zum bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Vor diesem Hintergrund wirkt Icomos etwa so unbestechtlich wie das IOC.

Schleierfahnder auf der Dult

Am Freitag ist es wieder so weit: Menschen hüllen sich in seltsame Gewänder aus Loden und Leder, Bier- und Gockerl-Marken werden zur inoffiziellen Währung bei Stadträten, Geistlichen und Geschäftsleuten, Volksvertreter und Ordungskräfte grübeln verwundert darüber nach, aus welchen Gründen in diesen zwei Wochen mehr Besoffene als sonst durch Regensburg stolpern. Die Maidult beginnt und das […]

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