Gegen Kürzungen, aber auch gegen Studiengebühren gingen die Studenten in der Vergangenheit immer wieder auf die Straße. Zunehmend spart nun der Freistaat Geld auf Kosten der Studis
Sind 200 Seminare, die aus Studiengebühren bezahlt werden eine „Verbesserung der Lehre“ oder schlicht notwendig, um den Lehrbetrieb aufrecht zu erhalten? Über diese Frage wurde am Mittwoch in der Studienbeitragskommission der Universität Regensburg ausführlich diskutiert. Zuvor hatte eine Pressemitteilung der Studis für Ärger gesorgt.
Er sei „enttäuscht und irritiert“ sagt Unirektor Thomas Strothotte. Am Mittwoch traf sich die „Studienbeitragskommission“ der Universität und beriet sieben Stunden lang über die Verwendung der Studiengebühren für das kommende Semester. Rund 5,5 Millionen Euro sind es, die, so die Vorgabe des Wissenschaftsministeriums „zeitnah“ und zur „Verbesserung der Lehre“ verwendet werden sollen. Darüber aber, was der Verbesserung der Lehre tatsächlich dient, gibt es freilich unterschiedliche Auffassungen.
Im Vorfeld der Mittwochssitzung hatten die studentischen Vertreter in der Beitragskommission eine Pressemitteilung verschickt, in der von „grobem Missbrauch“ der Gelder die Rede war. In einem „Best of Studiengebührenmissbräuche“ listeten die Studenten unter anderem Literaturexkursionen nach Mallorca, Hörsaalsanierungen oder eine „Leseterrasse“ vor der Unibibliothek als plakative Beispiele auf (ein Bericht dazu von letzter Woche).
Diese und andere kritisierte Ausgaben seien nur Vorschläge gewesen, sagt dazu am Donnerstag Unisprecher Alexander Schlaak. „Die Beitragskommission hat gestern empfohlen, einen Großteil dieser Vorschläge zu streichen.“ Deshalb sei Thomas Strothotte sehr irritiert darüber, dass bereits im Vorfeld von Missbrauch die Rede gewesen sei. „Es ging nur um Vorschläge und die wurden am Mittwoch von der Kommission negativ beschieden.“
Viel Lärm um nichts also? Nicht ganz.
„Zahlen, um das Niveau zu halten“
Was bei der Sitzung der Kommission nämlich auch zutage trat: Bei der Finanzierung eines vernünftigen Lehrbetriebs an der Uni spart der Freistaat hunderttausende von Euro – auf Kosten der Studierenden. Ohne deren Gebühren von 500 Euro pro Nase und Semester könnten einige Studiengänge an der Uni Regensburg nicht oder wenigstens nicht auf zumutbarem Standard angeboten werden. „Von Verbesserung der Lehre kann keine Rede sein“, kritisiert Andreas Hastreiter vom studentischen Sprecherrat. „Die Studiengebühren werden zu einem Großteil dazu verwendet, um überhaupt einen Lehrbetrieb auf vernünftigem Niveau erhalten zu können.“
Vernünftiges Lehramtsstudium nur dank Gebühren?
Beispiel Lehramtsstudium.
230.000 Euro aus Studiengebühren sollen im kommenden Semester insbesondere für Dozenten zur pädagogischen Ausbildung der künftige Lehrkräfte ausgegeben werden. „Seit die neue Prüfungsordnung gilt, sind viel mehr Pädagogik-Kurse in diesem Bereich verpflichtend“, sagt die Konventsvorsitzende Eva König, selbst Lehramtsstudentin. Entsprechend brauche es ein größeres Angebot an Seminaren und weil der Freistaat hier spare, müssten eben die Studentinnen bei der Finanzierung ran, so ihre Einschätzung.
Beispiel Sprach-, Literatur- und Kommunikationswissenschaften.
Knapp 450.000 Euro aus Studiengebühren sollen hier im kommenden Semester fließen, um „Lehrkräfte für besondere Aufgaben“ bezahlen zu können.
Eine Verbesserung der Lehre? Oder schlicht eine notwendige Ausgabe, um die Studiengänge auf einem akzeptablen Niveau zu halten? Immerhin sollen 200 Veranstaltungen mit diesem Geld finanziert werden.
„Jeder Studiengang grundsätzlich gewährleistet“
Pressesprecher Schlaak widerspricht Königs und Hastreiters Einschätzung. „Jedes Fach muss mit den Mitteln des Freistaats studierbar bleiben.“ Ohne Geld aus Studiengebühren. „Diese dürfen nur zur Verbesserung der Lehre verwendet werden.“ Selbstverständlich könne es „in Einzelfällen“ vorkommen, dass die Seminare „etwas voller“ seien, aber: „Jeder Studiengang ist durch die finanzielle Ausstattung des Freistaats grundsätzlich gewährleistet.“
Anders ausgedrückt: Das bayerische Wissenschaftsministerium stellt sich schlicht auf den Standpunkt, dass die staatlichen Zuschüsse ausreichen, um alle Studiengänge „grundsätzlich studierbar“ zu halten.
Eine Abgrenzung dazwischen, was der „Verbesserung der Lehre“ dient oder was als Grundausstattung notwendig ist, um ein adäquates Studium zu gewährleisten, scheint schwierig zu sein.
„Man kann statt fünf Seminaren natürlich nur ein Seminar in einem Pflichtfach anbieten und dort 200 Leute rein setzen“, sagt Eva König. „Ein vernünftiges Studium ist dann aber nicht mehr möglich.“
„Wir bekommen nicht mehr Geld“
Bei der Sitzung der Studienbeitragskommission wurden die zusätzlichen, aus Studiengebühren finanzierten Dozenten-Stellen ausführlich diskutiert. Eva König war dabei.
Immer wieder sei dabei durchgeklungen: „Ja, wir brauchen diese Veranstaltungen. Ja, das gehört eigentlich zur Grundausstattung. Ja, dafür wäre der Freistaat zuständig. Aber wir bekommen einfach nicht mehr Geld.“
Die fünf studentischen Vertreter in der Kommission habe sämtliche Ausgaben für derartige Dozenten-Stellen abgelehnt. Für Eva König ein politisches Statement. „Uns ist klar, dass die Lehrveranstaltungen notwendig sind, aber es kann nicht sein, dass sich der Freistaat auf Kosten der Studierenden aus seiner Verantwortung stiehlt. “ Erst die Einführung von Studiengebühren habe dieser Praxis Tür und Tor geöffnet. Entsprechend fordern die studentischen Vertreter in Konvent, Senat und Sprecherrat weiter deren Abschaffung.
Tatsächlich soll es für die Universität Regensburg vom Freistaat Bayern im kommenden Haushaltsjahr ein leichtes Plus geben. Was dabei aber immer wieder unter den Tisch fällt: Seit 2004 bewegt sich der Haushalt der Universität – trotz steigender Studentenzahlen – auf gleichbleibendem Niveau.