Schräge Musik kommt aus Trichtern, Tuba und einer Wasserschale. Ein Mann mit Hornbrille und Lederhose steht am Rednerpult. „Ein herzliches Kultur“, lautet der Gruß, den er in den vollen Saal im Auerbräu hineinruft. Nach 14 langen Jahren ist Josef Alzheimer wiederauferstanden. Am Mittwoch schlüpfte Karl Heinz Mierswa wieder in die Rolle des eigentlich verstorben geglaubte Gründers der legendären Liste Alz, um zusammen mit Hubert Lankes erstmals den Kulturförderpreis der „Josef Alzheimer Kulturanstiftung“ zu verleihen. „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass die Maxime einer Bewegung ‘Vergessen wir, was war’ einmal zur Leitkultur der Regensburger Kommunalpolitik werden würde“, resümiert Alzheimer bei seinem Versuch, „den Preis zu erklären“, und einige im Wirtshaus werden ganz nostalgisch. Just mit diesem Slogan lockte die dadaistische Hornbrillen-Partei 1995 tausende Menschen auf den Haidplatz, beschäftigte bundesweit die Medien und bescherte den Alzheimers zwei Mandate im Stadtrat.
Das Comeback am Mittwoch ist nicht zuletzt ein Seitenhieb auf das Kulturreferat, das die Vergabe des städtischen Förderpreises in diesem Jahr schlicht vergessen hatte oder – wie es offiziell – heißt, dafür keine Vorschläge erhalten hatte. Doch statt groß darüber zu lamentieren haben Mierswa und Lankes einen eigenen Preis – 1.500 Euro nebst einer Alzheimer-Büste – aus der Taufe gehoben, der von nun an jedes Jahr im November vergeben werden soll. „Wir wollen den Kulturschaffenden zeigen, dass es sie gibt“, erklärt Alzheimer, der Wert darauf legt, dass der Preisträger „intransparent aus einer Kultursuppe heraus gelöffelt wird“.
Entsprechend war auch der Name des ersten Preisträger bis Mittwoch streng geheim gehalten (oder noch gar nicht klar) gewesen. Dass die Wahl schließlich auf Jakob Friedl fiel, ist irgendwie passend. Sein Projekt im und auf den Katakomben des nie realisierten Europabrunnens am Ernst-Reuter-Platz trägt ebenso dadaistische Züge wie die Liste Alz. Was Friedl dort genau vor hat, versteht kaum jemand; am allerwenigsten die städtische Kulturpolitik, über deren fehlendes Verständnis sich der 31jährige schon des öfteren beklagt hat.
Neugierig machen die Sperrmüll-Installationen und die per Lautsprecher übertragenen Stimmen aus dem Untergrund aber doch. Und vor allem bei Jugendlichen ist der Ort mit seinen Lesungen oder Filmvorführungen zu einem beliebten Treffpunkt geworden – nicht zur Freude aller benachbarten Geschäftsleute. Im Oktober ist der Nutzungsvertrag mit dem städtischen Tiefbauamt ausgelaufen. Friedl will bleiben, er fordert aber selbstbewusst zunächst mehr Unterstützung von Seiten der Stadt und eine öffentliche Diskussion über sein Vorhaben. Die soll mittels Unterschriftenaktion angestoßen werden. Am Mittwoch fasst sich Friedl eher kurz. „Dass ich in Regensburg jemals einen Preis bekommen würde, hätte ich nie gedacht“, sagt er ehe Mike Reisinger und Anka Dragelautes ein weiteres Musikstück spielen und an diesem Tag nicht nur Friedl, sondern auch Josef Alzheimer ausstechen.