Die türkische Zeitung Hürriyet am Dienstag: Regensburg ist Top-Thema.
Die Berichterstattung in den türkischen Medien könnte breiter kaum sein: Regensburg ist in den Schlagzeilen. Die gestrandete Schülergruppe, über die zunächst die Zeitung Hürriyet in ihrer Europaausgabe berichtet hatte, ist mittlerweile Top-Thema bei zahlreichen Zeitungen und Fernsehkanälen in der Türkei. Dort laufen bereits Ermittlungen.
Dem Hürriyet-Bericht vom Sonntag zufolge sollten die Schüler aus der Stadt Adana im Rahmen des von der EU geförderten Leonardo da Vinci-Programms einen Schweißerkurs bei den Eckert-Schulen in Regenstauf absolvieren und dafür ein internationales Zertifikat erhalten.
76.000 Euro von der EU plus Zuschüsse der Eltern sollen dafür an die Schule geflossen sein. Diese beauftragte eine Touristik-Firma, namentlich einen gewissen Aykut Alkan, mit der Organisation von Reise und Kurs.
Das Ergebnis: Den versprochenen Kurs gibt es bei Eckert überhaupt nicht und die Schüler sitzen seit gut sechs Wochen weitgehend untätig in einem Regensburger Hostel. In den türkischen Medien wird das Thema heiß diskutiert. Aufregung herrscht auch über Fotos, die bei Facebook aufgetaucht sind und die minderjährigen Schüler beim Bier trinken zeigen. Wie berichtet landete ein Schüler am Wochenende mit Alkoholvergiftung im Krankenhaus.
regensburg-digital.de hatte das Thema als erstes deutschsprachiges Medium aufgegriffen und dabei auch Stimmen einiger Schülern eingefangen. Zwischenzeitlich herrscht offenbar striktes Redeverbot. Man gebe keine Auskünfte mehr, ließ man uns auf Nachfrage im Hostel ausrichten.
Mittlerweile wurden im türkischen Adana Ermittlungen zu den Umständen der „Bildungsreise“ eingeleitet. Der zuständige Schuldirektor und Projektleiter wurde von Regensburg zurück in die Türkei beordert, um Stellung zu nehmen. Seit gestern laufen die Untersuchungen. In Deutschland soll sich das türkische Konsulat zwischenzeitlich eingeschaltet haben. Bei der Stadt gab es am Montag eine entsprechende telefonische Nachfrage.
„Verdacht auf betrügerisches Verhalten“
Wie bereits berichtet, wusste man bei den Eckert-Schulen nichts von einer türkischen Schülergruppe. Das hat der private Bildungsträger, offenbar als Reaktion auf Nachfragen weiterer Medien, nun erneut in einer Pressemitteilung bekräftigt: „Von einem Schweißkurs, von dem hier die Rede ist, ist den Eckert Schulen nichts bekannt. Es gibt dazu weder eine vertragliche Grundlage noch sonstige Absprachen.“ Zudem gehöre der versprochene Kurs „schon lange nicht mehr zum Bildungsangebot der Eckert Schulen“. Man bedauere die Situation der Schüler, heißt es weiter.
Eckert-Schulleiter Willi Ebneth hat in einem Interview mit dem Radiosender Charivari am Dienstag erklärt, dass man sich von dem Organisator der Reise schon vor längerer Zeit distanziert habe. Aykut Alkan arbeite nicht seriös, so Ebneth.
Eine Einschätzung, die offenbar begründet ist. Alkan behauptete am Dienstag gegenüber Hürriyet, der Kurs finde wegen des zu niedrigen Budgets nicht statt. Auch ein Zertifikat für die Schüler werde es nicht geben. Zuvor hatte er die derzeit laufenden Sommerferien als Grund für den fehlenden Kurs angeführt.
Wie es überhaupt geschehen konnte, dass die EU-Gelder angesichts so dubioser Umstände flossen, ist bislang unklar. Die in Deutschland für die Geldvergabe zuständige „Nationale Agentur Bildung für Europa beim Bundesinstitut für Berufsbildung“ hat klargestellt, das von ihrer Seite keine Mittel geflossen seien. „Sollte der Sachverhalt in den genannten Artikeln richtig dargestellt sein, besteht der Verdacht auf ein betrügerisches Verhalten“, heißt es in der Stellungnahme an unsere Redaktion weiter. „Geschädigte wären in diesem Fall in erster Linie die Schüler aus Adana, aber auch die Europäische Union sowie die Eckert Schulen.“
Eine Anfrage unserer Redaktion zu den Umständen der Geldvergabe bei der zuständigen Nationalen Agentur in der Türkei blieb bislang unbeantwortet.
Update am 26. August: Die Antwort hat uns zwischenzeitlich erreicht und ist hier zu lesen.