Eine Überraschung ist es nicht: Das von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten zur „Welterbeverträglichkeit“ (WEV) einer Ersatzrasse bestätigt: Eine Ersatztrasse ist welterbeverträglich. Zwei Münchner Gutachterbüros haben gemeinsam mit dem Planungsreferat der Stadt Regensburg die Schokoladenseiten der beiden Brücken herausgearbeitet. Die UNESCO hat das 80 Seiten starke Konvolut, das eher einer bunt bebilderten Hochglanzbroschur denn einem Gutachten gleicht, bereits seit Ende Mai und wird es ab 25. Juli bei der Sitzung des Welterbekomitees in Brasilia diskutieren. Am kommenden Donnerstag bekommen es nun auch die Stadträte im Planungsausschusses zu sehen – nicht nur einzelne Sätze oder Auszüge, nein: Sie erhalten die komplette Untersuchung. Ein Novum in der langen Geschichte von Gutachten zur Ersatztrasse. Wie mehrfach berichtet, bleiben die Untersuchungen zum Artenschutz strengstens unter Verschluss. Doch das nur am Rande.
Die „ausführlichen Untersuchungen zu den visuellen Auswirkungen“ der beiden Brücken hätten das Ergebnis gebracht, dass die Trassenführungen „in der dargelegten Form keine massiven Störungen des Stadtbilds oder der Wirkung des Altstadtensembles entfalten“ heißt es nun in dem WEV-Gutachten. Die angesprochenen „visuellen Auswirkungen“ sind denn auch durch mehrere, zum Teil recht stimmungsvolle Fotos bzw. Fotomontagen belegt, auf denen sich die Brücke harmonisch ins Stadtbild einfügt. Die Auswahl der Standorte, von denen aus die Brücken zu sehen sind, ist freilich recht selektiv ausgefallen. Die Problembereiche wurden ausgespart. Das fällt insbesondere bei der Westtrasse auf. Wo und wie Brücke auf der Altstadtseite in die Holzlände einmünden soll, ist nicht zu erkennen. Es seien Eingriffe notwendig, die zu erheblichen Veränderungen führen, räumen die Gutachter im Begleittext ein. Diese hätten aber „keine massiven, unverträglichen Veränderungen im Höhenprofil des Stadtraums“ zur Folge.
Bereits die Stadt selbst hatte bei ersten Modellen die Rampe auf der Altstadt-Seite ausgespart. Auch Bayerns oberster Denkmalpfleger, Generalkonservator Egon Greipl, hatte sich angesichts dessen immer wieder gegen die Westtrasse ausgesprochen. Nun scheinen auch die externen Gutachter keine akzeptable Darstellung dieser Rampe zustande gebracht zu haben. Damit wird das – wohl am schwierigsten zu lösende Problem der Westtrasse – weiter auf den Architektenwettbewerb verschoben. Immerhin scheint – dem Gutachten zufolge – schon klar zu sein: Die Brückenrampen liegen etwa „drei Meter über dem Niveau des angrenzenden Stadtraums, was ungefähr der Höhe eines Wohngeschosses entspricht“. An diesen Brückenrampen fehlt in der Simulation übrigens noch der Hochwasserschutz. Da eine „konkreten Ausgestaltung (…) erst dann sinnvoll ist, wenn feststeht, ob eine der beiden Brückenoption realisiert werden wird, sind in den Simulationen (…) keine Elemente des Hochwasserschutzes integriert“ heißt es dazu lapidar in dem Gutachten. Und manchmal stellt sich manch schöne Fotomontage bei näherer Betrachtung nicht unbedingt als realisierbar dar. Unter der simulierten Brückenrampe am Schopperplatz hätte allenfalls noch ein ambitionierter Bobby-Car-Fahrer Platz (Foto unten).
Als Fazit der Untersuchung bleibt aber auch festzuhalten: Die Osttrasse wäre – aus Welterbe-Gesichtspunkten – in zwölf Metern Breite völlig problemlos zu realisieren. Hier spielen eher Umwelt- und Artenschutz und die damit verbundenen, unter Verschluss gehaltenen Untersuchungen eine Rolle. Favorit bleibt aber, auch das liest man aus dem Gutachten heraus, die Westtrasse mit einer veranschlagten Breite von elf Metern. Generell spielen die Auswirkungen einer neuen Brücke auf das direkte Umfeld bei der gutachterlichen Bewertung keine Rolle. Die freie Sicht aufs Altstadt-Ensemble ist es, worauf’s ankommt. Und die scheint – ausweislich des Gutachtens – bei beiden Brücken gegeben.
Die Brücken seien geeignete „Maßnahmen, um die Lebensfähigkeit der Altstadt nachhaltig zu stärken“, heißt es im Schlusswort der Gutachter. Das ist wenig überraschend: So argumentiert die Stadt seit Jahren. Bleibt noch die Frage, weshalb externe Büros beauftragt werden mussten, um ein Gutachten zu erstellen, dass auf städtischen Untersuchungen fußt, städtisches Bildmaterial und ebensolche Software verwendet und zu Ergebnissen kommt, die von städtischer Seite so seit Jahren vorgetragen werden und bei denen von ausführlich kaum die Rede sein kann, geschweige denn von vollständig. Wie hoch die Kosten für das WEV-Gutachten waren ist im Detail nicht zu erfahren. Immerhin so viel: Für das laufende Jahr sind 250.000 Euro in Zusammenhang mit den Ersatztrassen-Planungen im städtischen Investitionsprogramm veranschlagt.