Da stellt sich so manchem womöglich die schlichte Frage: Wieso eigentlich kauft man sich für teures Geld ein kommerzielles Sportereignis ein, statt längst bestehende, etablierte und überregional bekannte Veranstaltungen zu fördern? Derart überregionale Glanzlichter existieren ja längst – zum Beispiel der Regensburger Stadtmarathon des LLC Marathon im Frühjahr, die Radtourenfahrt des ESV1927-bikesport Anfang Juli sowie der Arber-Radmarathon des Veloclubs Ende Juli.
Blöde Frage. Diese Veranstaltungen fördert die Stadt Regensburg, vertreten durch ihr Sportamt und dessen Leiter Gerhard Weber, doch schon seit Jahren!
Äh… schon, oder?
Nein, die Stadt Regensburg tut das eben nicht. Die genannten Veranstaltungen wurden bisher nicht gefördert. Kein Stück. Im Gegenteil: Hiesige Vereine dürfen kräftig blechen für die Ehre, etwa während des Arber-Radmarathons unzählige ehrenamtliche Arbeitsstunden zu verrichten oder zum Stadtmarathon tausende auswärtiger Sportler in die Stadt zu locken.
Der ESV1927-bikesport: seit über 20 Jahren ehrenamtliche Arbeit…
Werner Wirth beispielsweise, Radsport-Chef des Regensburger Traditionsvereins ESV1927, veranstaltet zusammen mit einem etwa 25-köpfigen Kreis engagierter Vereinshelfer seit mehr als 20 Jahren am ersten Juliwochenende eine kleine, aber feine Radtourenfahrt (kurz: RTF), die alljährlich über 500 Sportler nach Regensburg lockt. Als Startgeld verlangt Wirths ESV1927-bikesport lediglich fünf bzw. sieben Euro (zum Vergleich: der Ironman-Veranstalter kassiert pro Teilnehmer 360 (!) Euro). Da muss die kleine ESV27-Abteilung gut wirtschaften, um keinen Verlust einzufahren – immerhin entstehen dem Verein diverse Kosten für Verpflegung, Streckenausschilderung, einen Leih-PKW, Brotzeiten für die ehrenamtlichen Kontrollposten und so weiter.
Von der Stadt hat der Verein keine Hilfe zu erwarten. Wirth bedauert: „Wir kriegen keinen Cent Unterstützung für unsere RTF, weder vom Sportamt noch von einer anderen öffentlichen Stelle.“ Im Gegenteil: Die behördliche Genehmigung durchs Landratsamt Regensburg kostet die kleine Radsportabteilung jedes Jahr knapp 60 Euro. Wirth: „Auf die Idee, dass uns das Landratsamt zumindest diese Gebühr erlassen oder uns die Stadt Regensburg diesbezüglich unterstützen könnte, bin ich ehrlich gesagt noch gar nicht gekommen.“
Die Stadt Regensburg ebenfalls nicht. Sie unterstützt lieber den Ironman und die veranstaltende Xdream GmbH aus Hessen mit jährlich bis zu 300.000 Euro. Seltsam nur, dass mit diesem Geld exakt dieselben Dinge (Genehmigungen, Straßenreinigung, Absperrungen) bezahlt werden, für die der ESV1927 seit 20 Jahren selbst aufkommen muss.
… und auch der Veloclub murrt vernehmlich
Auch Wirths Radsportkollege Karl-Günther Wilfurth vom örtlichen Nachbarverein Veloclub ist verstimmt angesichts des finanzkräftigen Ironman-Engagements der Regensburger Stadtväter: „Unser Arber-Radmarathon, veranstaltet seit immerhin 26 Jahren, lockt alljährlich Anfang Juli fast 7.000 Starter in die Domstadt. Das sind dreimal so viele wie beim Ironman.“ Doch bisher kam im Rathaus anscheinend noch niemand auf die Idee, dass man diese größte deutsche Breitenradsport-Veranstaltung, die ja auch eine Menge kostenlose Werbung für die Weltkulturerbestadt bedeutet, finanziell unterstützen könnte.
Apropos: Übernachtungszahlen und „wirtschaftlicher Wertschöpfungsfaktor“ – die ja mit die Hauptargumente des Stadtrats für den Ironman darstellen – dürften beim „Arber“ pro Starter ähnlich hoch sein wie beim Ironman. Immerhin sind die Arber-Radler am Veranstaltungstag ja auch bis zu zwölf Stunden auf dem Sattel unterwegs. Bringt also der „Arber“, der ja dreimal so viele Starter hat, auch den dreifachen wirtschaftlichen Nutzen? Ja, wieso eigentlich nicht?
Doch Unterstützung von der Stadt? Fehlanzeige! Bisher durfte der Veloclub, genau wie der ESV1927, sogar noch drauflegen. Veloclub-Mann Wilfurth: „Dabei verlangen wir von den Teilnehmern nicht 360 Euro Startgeld, wie der Ironman es macht, sondern gerade mal ein Zehntel davon. Wohlgemerkt: Bei gleicher Leistung!“ Entsprechend weniger Einnahmen hat der Veloclub zu verzeichnen. Wilfurths Verein könne die Mammutveranstaltung Arber-Radmarathon nur stemmen, weil rund 300 ehrenamtliche Helfer des Veloclubs sowie viele Verwandte und Freunde ohne Bezahlung mithelfen würden. Um jeden Cent kämpfen wie manch anderer Regensburger Verein muss der Veloclub zwar nicht – beim Arber-Radmarathon bleibt sogar ein netter Gewinn übrig – doch dürfte der Gewinn bei der reinen Kommerzveranstaltung „Ironman“, dank der exorbitanten Startgelder und nicht zuletzt dank der generösen städtischen Unterstützung weitaus höher ausfallen.
Kleine Überschlagsrechnung: 2.200 Ironman-Teilnehmer mal 360 Euro Startgebühr (Nachmelder: 420 Euro) ergeben rund 800.000 Euro an Einnahmen. Muss die Stadt dem Veranstalter Xdream GmbH da wirklich noch mit weiteren 300.000 Euro unter die Arme greifen, während hiesige Veranstalter leer ausgehen?
„Für jedes Verkehrsschild müssen wir zahlen“
Wilfurth jedenfalls stinkt es angesichts dieser Ungleichbehandlung gewaltig, dass sein Verein „für jedes Verkehrsschild und jede Absperrbake, die wir uns beim Bauhof ausleihen“, zahlen muss. Insgesamt drückt der Veloclub Wilfurths Aussagen zufolge alljährlich rund 7.000 Euro an Gebühren ab – allein der Genehmigungsbescheid für den „Arber“ koste 350 Euro, die Miete für den Dultplatz weitere 1.800 Euro, erläutert Wilfurth. Erst am Vortag habe er wieder eine Rechnung der Stadt Regensburg bezüglich der Endreinigung des Dultplatzes erhalten. Wilfurth: „Da fährt ein städtisches Reinigungsfahrzeug drüber und fertig, aber wir müssen das zahlen, während der Ironman-Veranstalter den Dultplatz, die Donau-Arena und die RT-Halle eine Woche lang umsonst nutzen darf!“
Als bisherigen Ausgleich erhielt der Veloclub von der Stadt, man höre und staune, „900 Euro Zuschuss zur Dultplatzmiete“. Wilfurth ist vor allem enttäuscht, dass man die jahrelange Leistung hiesiger Veranstalter – „egal, ob das jetzt die ADAC-Oldtimer-Rallye oder der LLC-Marathon ist“ – so gering schätze. „Da kommt ein externer Vermarkter, der lediglich Geld verdienen will, und dem wirft man das Geld in den Rachen.“
Wilfurth hätte, sagt er, wesentlich mehr Verständnis gehabt, wenn beispielsweise der etablierte Triathlon des Tristar Regensburg zu einer ähnlichen Großveranstaltung gewachsen wäre und man diese dann gemeinsam unterstützt hätte: „Das wäre dann wenigstens ein örtlicher Verein gewesen, mit dem hätte man auch gut und gerne zusammenarbeiten können – aber doch bitte nicht mit einer externen, rein kommerziell ausgerichteten Firma, die ihren Ironman bei Desinteresse von Seiten Regensburgs eben nach Rosenheim oder Landshut verkauft hätte.“
Macht der Ironman mittelfristig die Sponsoren abspenstig?
Das laute Murren der örtlichen Vereine hörte man im Rathaus wohl – doch zu mehr als einem knappen Almosen konnte und wollte man sich dort nicht aufraffen: Anfang Juli beschloss der Sportausschuss der Stadt, den Triathlon des Tristar Regensburg e.V. (findet heuer eine Woche nach dem „Ironman“ statt) mit sensationellen 1.500 Euro sowie den Regensburg-Marathon und den Arber-Radmarathon gar mit jeweils 3.000 Euro zu fördern.
Wilfurth erkennt diese Geste guten Willens sogar an. Doch ein vermeintliches Hauptproblem der Ironman-Veranstaltung sei bisher noch gar nicht öffentlich thematisiert worden: „Eine solche Mammutveranstaltung macht den Regensburger Sportveranstaltern mittelfristig die Sponsoren abspenstig“, befürchtet er. „BMW zum Beispiel hat in Regensburg bisher eine ganz erhebliche Summe für Kulturprojekte wie den Jazz Club und die Kurzfilmwoche, aber eben auch für Sportsponsoring ausgegeben. Drängt sich da künftig ein externer Veranstalter wie der Ironman rein und zweigt für sich einen Teil dieser Sponsorengelder ab, so bleibt für die Regensburger Kultur und den hiesigen Sport nur mehr wenig übrig. Der Topf wird ja nicht größer.“