11 Apr2010
„Unter dem Ansturm neoliberaler Propaganda sind nicht nur die Westerwelle-Liberalen, sondern auch die meisten der früher so staatsfrommen Konservativen, sogar manche Sozialdemokraten heute zu veritablen ‚Staatsfeinden’ geworden, und immer häufiger wird aus der modischen Staatsfeindschaft eine mehr oder weniger offene Ablehnung der Demokratie.” Der Autor dieses Satzes ist selbst Sozialdemokrat – der Politologe, Publizist und Schriftsteller Johano Strasser. Bis 1995 war Strasser Generalsekretär des deutschen PEN-Clubs, seit 2002 ist er dessen Präsident. Am Dienstag kommt Strasser zum Vortrag mit anschließender Diskussion nach Regensburg. Der 70jährige Strasser stammt aus einer internationalen Familie. Sein Vater wurde als Sohn einer Französin und eines Österreichers in St. Louis (USA) geboren, seine Mutter war Niederländerin. Die beiden Pazifisten lernten sich auf einem Esperanto-Kongress in Paris kennen; dieser Kunstsprache entspricht auch die Schreibweise seines Vornamens. Seit 1945 lebte die Familie in Deutschland. Berufe hat Johano Strasser viele. Schriftsteller, Übersetzer und habilitierter Politikwissenschaftler. Als stellvertretender Juso-Bundesvorsitzender hat er in den 70ern maßgeblich am Parteiprogramm der SPD mitgearbeitet. Seit 1975 gehört der der Grundwertekommission der Sozialdemokraten an. „Ich habe mit den Jahren gelernt, die SPD zu ertragen“, ist einer seiner häufig zitierten Sätze. Denn mit Kritik hält Strasser nicht hinterm Berg. Er mischt sich ein – aus Überzeugung. Vor allem in seiner Eigenschaft als freier Schriftsteller und – seit 2002 – als Präsident des PEN-Clubs. Entsprechend sind Strassers Texte fast immer politisch, selbst seine Gedichte, Romane und Erzählungen. Von 1980 zu ihrer Einstellung 1988 gab Strasser gemeinsam mit Heinrich Böll, Günter Grass und Carola Stern die politisch-literarischen Zeitschrift L 80 heraus. Allgegenwärtig ist vor allem seine Kritik am durchökonomisierten Denken – auch in seiner eigen Partei. Am kommenden Dienstag kommt Strasser auf Einladung der Altstadt-SPD um 19 Uhr in den Dollingersaal, um der Frage nachzugehen: In welcher Welt können wir leben? Viel Stoff für die anschließende Diskussion dürfte geboten sein. Der Eintritt ist frei.
„Wer die Chance nicht wahrnimmt, sondern darauf wartet, dass ihm von oben gewährt wird, was nur von unten erstritten werden kann, der sollte sich nicht als Opfer fühlen, wenn ihm die Freiheit Stück für Stück genommen wird. Auch wenn er es nicht wahrhaben will: er gehört selbst zu den Tätern.” Johano Strasser, 2004