Es ist kurz vor halbfünf als der Beschluss fällt: Mehrere Hörsäle an der Universität Regensburg sind ab sofort besetzt. Mit großer Mehrheit hat sich die studentische Vollversammlung dafür ausgesprochen, sich anderen Unis in Deutschland und Österreich anzuschließen und damit gegen die aktuelle Hochschul- und Bildungspolitik zu protestieren. Knapp 1.500 Studierende sind zu diesem Zeitpunkt noch im Audimax. Zwei Stunden vorher, zu Beginn der Versammlung, waren es ein paar hundert mehr. Sie sind im Verlauf einer ausufernden Diskussion über den Zustand der Bibliotheken an der Regensburger Uni gegangen.
Die Organisatoren haben sich viel vorgenommen, zu viel für eine Versammlung. Ehe über eine Besetzung der Hörsäle diskutiert wird, sollen zunächst Beschlüsse gefasst werden. Zum Zustand der Bibliotheken, zu Studiengebühren, zur Kritik am Bologna-Prozess, zu den Mittelkürzungen beim Studentenwerk. Das Ganze läuft zum Teil chaotisch ab und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass einige nicht wissen, welchen Beschlüssen sie gerade zugestimmt haben. Immer wieder wird abgestimmt, nur um anschließend die Diskussion neu aufzurollen. Dennoch versucht man vom Podium aus, das ambitionierte Programm durchzupeitschen und die Anwesenden mit Sprüchen wie „Wer jetzt geht ist doof” bei der Stange zu halten.
„So viele Leute bekommen wir nie wieder zusammen. Wir brauchen heute Beschlüsse der Vollversammlung”, heißt es vom Podium. Das klingt wenig optimistisch – und überschätzt die Wirkung, die solche Beschlüsse auf Staatsregierung oder Unileitung haben. Dass zum Beispiel die Bibliotheken zunehmend aus Studiengebühren finanziert werden läuft einem einstimmigen Beschluss des studentischen Konvents zuwider.
Dass man es an Wintersonntagen oft nur mit Mütze und Schal in den Lesesälen aushält oder dass Lesesäle so marode sind, dass Beton abbröckelt und es hinein regnet (Foto) wissen fast alle – aus eigener Erfahrung. Auch in der Ablehnung von Studiengebühren ist sich die übergroße Mehrheit der Anwesenden einig – immerhin gehört sie zu den Grundforderungen des bundesweiten Bildungsstreiks, ebenso wie die Kritik am Bologna-Prozess, der mit einer zunehmenden Verschulung des Studiums durch Bachelor- und Masterstudiengänge einhergeht. Die Diskussion über konkrete Beschlüsse dazu scheint aber einen nicht unerheblichen Teil der Studierenden eher zu langweilen. Wenigstens heute – bei der Vollversammlung.
Zwei Beschlüsse werden schließlich gefasst, ehe es an die Besetzung geht:
Die bayerische Staatsregierung wird aufgefordert, Studiengebühren abzuschaffen. Die Hochschulleitung soll bereits jetzt den ihr zur Verfügung stehenden Spielraum nutzen und die Gebühren auf 300 Euro pro Semester senken.
Zudem wird die Staatsregierung aufgefordert, sich nicht weiter aus der Finanzierung der Bibliotheken zurückzuziehen. Derzeit wird der Großteil der Kosten aus Studiengebühren bestritten. Wie die – mit großer Mehrheit angenommenen – Beschlüsse genau lauten ist zum Zeitpunkt der Abstimmung noch nicht klar: Die „redaktionelle Ausarbeitung” soll später stattfinden.
Dass die Beschlüsse, altbekannte Allgemeinplätze, überhaupt irgendeine Wirkung zeitigen werden ist kaum wahrscheinlich.
Wie weit die Forderungen der Studierenden an der Universität Regensburg schließlich gehen werden, wird sich nun im Lauf der nächsten Tage und Wochen herausstellen. In den besetzten Hörsälen haben die Studis nun ausreichend Zeit, um darüber zu diskutieren und weitere Ideen zu entwickeln. Vielleicht sogar gesellschaftspolitische.