Antikriegstag: Die Linke steht mit einem Infostand an der Pustet-Passage, am Karavan-Denkmal auf dem Neupfarrplatz protestiert Pastor Harro Renner gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Ansonsten hält sich das Gedenken an den deutschen Überfall auf Polen vor 70 Jahren in Regensburg (wie auch im Rest der Republik) in Grenzen. Lediglich der DGB lädt am Abend zu einem Abend mit Gerald Oberansmayr (Foto) ein. Der 45jährige Sozialwissenschaftler, Buchautor und Mitarbeiter der „Werkstatt Frieden & Solidarität” beschäftigt sich seit Jahren mit der zunehmenden Militarisierung der EU. Diese sei „kein Friedensprojekt, sondern ein Turbomotor für Aufrüstung”, lautet Oberansmayrs Fazit am Ende des Vortrags – es klingt angesichts der von ihm präsentierten Fakten plausibel.
EU-Vertrag: Pflicht zur Aufrüstung
Bereits der EU-Reformvertrag ist in seiner Form einzigartig. Er wäre die einzige Verfassung weltweit, die eine Pflicht zur Aufrüstung festschreibt. Alle EU-Staaten sind verpflichtet dauerhaft „ihrer militärischen Fähigkeiten zu verbessern”, heißt es darin. Die später zur „Verteidigungsagentur” umfirmierte „Rüstungsagentur” wurde bereits 2004 eingerichtet und soll dafür sorgen, dass die EU-Staaten diesem Verfassungsziel auch Folge leisten. Konkret bedeutet das bereits jetzt, dass die EU mittlerweile mehr als 25 Prozent der weltweiten Rüstungsausgaben leistet. Auch das Mandat zu Militäreinsätzen ohne UN-Mandat im „Kampf gegen Terrorismus” und zur „Durchführung von Abrüstungsmaßnahmen” sollen mit dem Reformvertrag Verfassungsrang erhalten.
Krieg für freie Handelswege und Rohstoffe
Das Ziel hinter dem Wunsch nach militärischer Vormachtstellung wird in einem Strategiepapier der EU aus dem Jahr 2004 formuliert: Zugang zu strategischen Rohstoffen und Absicherung der freien Handelswege. Im selben Strategiepapier setzt man sich auch als Ziel für das kommende Jahrzehnt, bei Bedarf einen Krieg von der Dimension des Golfkriegs 1991 durchführen zu können. Damals kamen 300.000 Menschen ums Leben.
Oberansmayr: „Es geht um die Aufrechterhaltung der herrschenden Weltordnung.” Und davon profitiert Europa enorm. Weltweit ist man größte Konzernmacht, Nummer Eins beim Waren- und renditeträchtigen Kapitalexport, an zweiter Stelle bei Rüstungsexporten. Stets an führender Position innerhalb der EU: Deutschland. Im Gegenzug importiert Europa am meisten Rohöl, Erdgas und Uran weltweit. „Um das aufrecht zu erhalten, braucht es politische und militärische Macht.” In verschiedenen Dokumenten wird offen formuliert, wie das erreicht werden soll.
Weltordnung a la EU: „Globale hierarchische Klassengesellschaft”
Eine aktuelles Strategiepapier des EU-Instituts für Sicherheitsstudien („What Ambition for European Defence in 2020”) zeigt, wohin die Reise gehen soll. „Grundlage der herrschenden Weltordnung ist eine globale hierarchische Klassengesellschaft mit transnationalen Konzernen und postmodernen Staaten an der Spitze”, zitiert Oberansmayr aus dem Papier. Zu diesen postmodernen Staaten zählt die EU und sie müsse eine „symbiotische Beziehung” mit diesen Konzernen eingehen. „Diese brauchen den Staat und der Staat braucht sie”, befinden die EU-Strategen. Waren-, Kapital- und Rohstoffströme sollen durch „globale militärische Überwachungskapazitäten und die Fähigkeit zur Machtprojektion” abgesichert werden.
Kriegsdrohung an Russland
Gegenüber ärmeren Staaten ist Abschottung das Gebot der Stunde, um „die global Reichen von den Spannungen und Problemen der Armen abschirmen”. Mit Blick auf so genannte „entfremdete moderne Staaten”, die Widerstand gegen die Ströme der Globalisierung leisten, wird offen von der Möglichkeit eines Kriegs gesprochen: Neben Burma und Nordkorea wird auch Russland zu diesen Staaten gezählt. Eine 360.000 Mann starke Truppe soll dafür in Stellung gebracht werden.
Erhellend auch das Demkoratieverständnis der Verfasser des Papiers: „Die Möglichkeit militärische Missionen zu starten bevor alle politischen Diskussionen dazu stattgefunden haben, muss in Erwägung gezogen werden, damit es zu keinen Verzögerungen kommt“, führen sie aus.
Angesichts solcher Vorstellungen in den Machtzentralen Europas ist es schwierig, Gegenstrategien zu entwickeln. „Eine Hauptaufgabe ist es, zuschauen, was in unserem Machtbereich passiert”, fordert Oberansmayr. Da passt es gut, dass kürzlich vermeldet wurde, dass die deutschen Rüstungskonzerne von der Wirtschaftskrise so gut wie nicht betroffen sind.