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Archiv für 31. Juli 2009

Bürgermeister Joachim Wolbergs bei einem Termin in der Regensburger Gemeinschaftsunterkunft im April. Foto: Archiv Der Regensburger Stadtrat hat am Donnerstag mehrere Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Situation der Flüchtlinge vor Ort zu verbessern. Mit großer Mehrheit stimmten die Stadträte einem Antrag von SPD und CSU zu, der die Verwaltung beauftragt, gemeinsam mit Wohlfahrtsverbänden Maßnahmen zu erarbeiten, um die Situation von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Zudem soll ein vor langer Zeit (September 2008) von Sozialbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) gemachtes Versprechen eingelöst und ein Sozialticket auch für Flüchtlinge ausgehandelt werden. Das alles macht die Stadt freiwillig. Zuständig wäre eigentlich die Regierung. Dennoch hinterlässt der Beschluss vom Donnerstag einen faden Beigeschmack. Hintergrund der Debatte im Stadtrat ist die seit Monaten bayernweit schwelende Diskussion um eine Abschaffung der Lagerpflicht für Flüchtlinge. Kein Bundesland agiert hier so rigide wie Bayern. Innerhalb der Staatsregierung hat Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sich vor wenigen Tagen mit seiner harten Linie gegen Sozialministerin Christine Haderthauer durchgesetzt. Den Halbsatz in der bayerischen Asylverordnung, dass die zwangsweise Unterbringung in „Gemeinschaftsunterkünften” (GU), die „Bereitschaft zur Rückkehr in das Heimatland” fördern solle, will der Innenminister unangetastet lassen. Im Gegensatz zu Haderthauer (CSU), die sich bei dieser parteiinternen Diskussion nicht durchsetzen konnte. Ministerpräsident Horst Seehofer sprach ein Machtwort. Haderthauer gab klein bei, bleibt aber bei ihrer Haltung. Herrmann plädiert weiter für eine strikte Beibehaltung der Lagerpflicht. Das damit verbundene Aufnahmegesetz will er unangetastet lassen. Das Verhalten des Regensburger Stadtrats wird dem Innenminister den Rücken stärken. Zwar bekannte sich – abseits der CSU-Fraktion (Fraktionschef Schlegl: „Wir stehen voll hinter dem Innenminister.”) – niemand offen zu Herrmanns Linie, allerdings konnte sich die Koalition – mit Ausnahme der Landtagsabgeordneten Margit Wild – nicht dazu durchringen, eine Resolution auf den Weg zu bringen, die ein klares Plädoyer für eine Abschaffung der Lagerpflicht dargestellt hätte. Bereits im März hatte die Opposition – mit Ausnahme der CSB und der fraktionslosen CSU-Stadträte – einen entsprechenden Antrag in den Stadtrat eingebracht. Gemeinsam wurde daraufhin die Regensburger Gemeinschaftsunterkunft besucht, wo sich der Sozialbürgermeister eine heftige Diskussion mit Vertretern von Flüchtlingsorganisationen lieferte.  Auf Bitte von Bürgermeister Wolbergs wurde die Abstimmung im Stadtrat im April schließlich zurückgestellt, um eine gemeinsame Lösung auf den Weg zu bringen. Dieses Ziel ist in den vergangenen drei Monaten nicht erreicht worden. Und auch gestern im Stadtrat konnte man sich nicht mehr einigen. Während der Oppositionsantrag darauf abzielt, sämtliche „Gemeinschaftsunterkünfte” (GU) zu schließen, was einem Ende der zwangsweisen Unterbringung gleichkäme, argumentiert der CSU-SPD-Antrag hier halbherzig und fordert lediglich „Verbesserungen” in den Unterkünften. „Gemeinschaftsunterkünfte muss es weiter geben”, begründet Joachim Wolbergs diese Haltung. „Ansonsten brauchen wir Wohnraum und dafür ist die Stadt zuständig.” Auch in Würzburg, wo der Stadtrat eine nahezu wortgleiche Resolution zur Schließung der Lager mit den Stimmen der CSU verabschiedet hatte, habe dies weniger mit humanitären, denn mit finanziellen Motiven zu tun. Wolbergs: „Die wollen die Gemeinschaftsunterkunft los werden, um Jugendhilfekosten zu sparen.” Den Flüchtlingsorganisationen, die wenige Tage zuvor noch appelliert hatten, die Resolution der kleinen Parteien zu unterstützen, unterstellte Wolbergs politische Motive. Fraktionschef Norbert Hartl sekundierte und befand, die seit rund 25 Jahren mit Flüchtlingen arbeitende BI Asyl könne „offenbar nicht gut lesen”. Sonst müsste sie den, federführend von der SPD erarbeiteten Antrag, gut finden. Dem Appell des Bundestagsabgeordneten und Stadtrats Horst Meierhofer (FDP), beiden Anträgen zuzustimmen – „der eine verbessert die Situation vor Ort, der andere ist ein deutliches Signal an den Landtag” – mochte von der Koalition schließlich – gegen Überredungsversuche von Norbert Hartl – nur Margit Wild folgen. Die anderen SPD-Stadträte beugten sich – der offenbar auch in der Koalition gültigen – Lagerpflicht. Die Opposition stimmte, mit Ausnahme der Grünen, dennoch dem SPD-CSU-Antrag zu.
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