Die Bilder einer verfehlten Minderheiten- und Menschenrechtspolitik in China gehen gerade um die Welt. Gleichzeitig werden chinesische Flüchtlinge aus dem ganzen Bundesgebiet zu Sammelanhörungen nach München vorgeladen, um dort ihre Abschiebung beschleunigen zu lassen. Unterstützen lassen sich die deutschen Behörden dabei vom chinesischen Sicherheitsministerium – unter anderem zuständig für die Verfolgung politischer Dissidenten. Auf Einladung Deutschlands wurde eine Delegation chinesischer Beamter und Geheimdienstler eingeflogen. Sie soll dafür Sorge tragen, dass die Staatsangehörigkeit chinesischer Flüchtlinge zweifelsfrei fest- und chinesische Pässe für die Abschiebung ausgestellt werden.
Die Krönung: Im selben Gebäude müssen Flüchtlinge auch vorstellig werden, um ihre Asylanträge zu stellen. Die Zentrale Rückführungsstelle Südbayern (ZRS) teilt sich in München die Räumlichkeiten mit dem Bundesamts für Migration und Flucht (BAMF), zuständig für die Anhörung zu den Fluchtgründen. So kann es dem Schutzsuchenden aus China durchaus passieren, dass er auf Verantwortliche aus dem Verfolgerstaat trifft. Ein bizarres Szenario.
„Offenbar wird hier deutsches Recht außer Kraft gesetzt”, erklärt Bernd Mesovic von der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. „Abgesehen davon, dass man für diesen Vorgang schon ein gerütteltes Maß an Vertrauen in die chinesische Rechtsstaatlichkeit haben muss, stellt sich die Frage, mit welchem Rechtsverständnis deutsche Angestellte des hiesigen Innenministeriums ihre Befugnisse und Aufsichtspflichten auf eigenem Boden an chinesische Kollegen abgeben”.
Auch 15 chinesische Flüchtlinge aus Regensburg wurden zu diesen Sammelanhörungen vorgeladen. Dass sie auf chinesische Beamte treffen würden, hat ihnen im Vorfeld niemand mitgeteilt. Rechtsvertretern wurde der Zutritt zu diesen Gesprächen verweigert. Die Betroffenen berichten davon, dass sie mit den chinesischen Sicherheitsbeamten allein gelassen wurden.
Die Opposition im bayerischen Landtag läuft jetzt gegen diese Praxis Sturm. „Chinesische Beamte mit willkürlicher Rechtsauslegung haben in bayerischen Amtsstuben nichts verloren”, kritisiert der Münchner SPD-Abgeordnete Markus Rinderspacher. „Es kann nicht sein, dass Asylbewerber mit offiziellen Vertretern des Staates konfrontiert werden, aus dem sie geflohen sind. Der faule Atem Mao Tse-Tungs darf nicht bis ins Vorzimmer von Bayerns Innenminister Herrmann reichen.”
Die Grünen im Landtag fordern einen Bericht der Staatsregierung über die genauen Hintergründe der Vorladungen und Befragungen. Außerdem müsse geklärt werden, warum es zur Identitätsklärung von abgelehnten chinesischen Asylbewerbern eine Zusammenarbeit mit chinesischem Innenministerium und Geheimdienst gebe „und nicht, wie üblich, mit dem chinesischen Generalkonsulat”.
In einem Dringlichkeitsantrag, der vergangene Woche in den Landtag eingebracht wurde, forderten die Landtagsgrünen zudem – ebenso wie die SPD – Abschiebungen nach China auszusetzen.
Der Antrag der Grünen wurde vergangenen Donnerstag abgelehnt.
Beschlossen wurde schließlich ein Antrag der FDP, in dem die Staatsregierung aufgefordert wird, über die genauen Umstände der Anhörungen aufzuklären.
Foto: Manfred E. Fritsche, wikipedia