Was so ein buntes Haus nicht alles auslösen kann. Nach dem anfänglichen Holzhammer – der Forderung die Fassaden zu überstreichen – setzt die Stadt jetzt auf „Sorgfalt“: Der Gestaltungsbeirat muss sich mit dem Farbklecks im Stadtnorden beschäftigen. Das Bauordnungsamt ist nicht mehr zuständig. Das ist auch gut so. Sollte die städtische Behörde in dieser Diskussion unterliegen, käme das einem politischen Machtverlust gleich. Wer würde da Einwände des Bauordnungsamts – die nicht selten als Gängelei empfunden werden – noch ernst nehmen, wenn es bei einem solchen Medienthema derart daneben gelegen hat („Verunstaltung“ „Unlust erzeugend“)?
Also Sorgfalt, also Gestaltungsbeirat. Nach welchen Kriterien dieses Gremium entscheidet, hat der Otto-Normal-Bürger sowieso nicht zu bewerten. Dort sind die Experten und wer deren Urteil in Frage stellt, hat schlicht keine Ahnung. Das ist praktisch.
Zurück zur Sorgfalt. Oberbürgermeister Hans Schaidinger hat via Presseerklärung verkündet: „Es gibt keinen Grund zur Eile und deswegen ist es unnötig, in Aktionismus zu verfallen.“ Zumindest seit das bunte Haus in den Medien hypet. Hätte Malermeister Rebl nachgegeben, wäre von dieser Sorrgfalt nichts zu merken gewesen. Weiter im Oberbürgermeister-Text: „Unser Maßstab muss Sorgfalt und sachgerechte Umsicht sein und genau so werden wir auch die nötigen Entscheidungen treffen.“ Was sagt uns dieses Worthülsen-Feuerwerk? Vermutlich, dass auf den Gestaltungsbeirat gewartet wird. Der tagt Ende Juli. Es dauert also noch ein Weilchen.
Hoffentlich passiert bis dahin kein Unfall. Schließlich ist das Gebäude gefährlich.
In der städtischen Propagandasendung „Peters Stadtansichten“, die auf der Internetseite der Stadt und via TVA unters Volk gebracht wird, weist der „erklärende Beobachter“ Peter (Zitat der Pressestelle) eindringlich darauf hin, dass das bunte Haus „ein Unfallrisiko darstellt. Jeder, der vorbei kommt schaut auf das Haus und achtet nicht mehr auf den Verkehr.“ So, so.
Diese Argumentation hat wohl weniger mit Sorgfalt, denn mit Einfalt zu tun, aber – so schreibt die städtische Pressestelle – mit den „Stadtansichten“ wolle man auch „die Bürgerinnen und Bürger ansprechen, die sich mit der Wertung dieses schwierig abzuwägenden Sachverhalts und den Folgewirkungen einer Entscheidung nicht vertieft auseinandersetzen wollen.“ auf gut deutsch: Für Uninformierte reichen oberflächlich-einfältige Argumente.
Für die Informierteren hat sich Planungsreferentin Christine Schimpfermann zu Wort gemeldet und „erläutert“, dass die Fassadengestaltung nicht bei der Farbgebung ende. Schimpfermann: „Ein Gebäude zeichnet sich gleichermaßen durch seine Architektur und seine Farbgestaltung aus. Genau dies ist bei dem bunten Haus nicht der Fall, denn hier negiert die Farbgestaltung die Architektur vollständig.“ Andernorts ist das besser gelungen. Sagt die Planungsreferentin: „Beim Beispiel Galgenberg hingegen sind Architektur, Farbgebung und Gliederungselemente wie Fenster, Balkone oder Türen auf einander abgestimmt.“ Sieht trotzdem schrecklich aus, sagt hier mal ein Durchschnittsbetrachter ungeachtet aller Experten-Schlaumeierei.
Worum es im Kern geht, bleibt bei der sorgfältig-einfältig-propagandistischen Argumentation der Stadt auf der Strecke: Wer bestimmt eigentlich, wie Regensburg auszusehen hat, wie was gestrichen wird und was von wem zubetoniert werden darf? Verwaltungsbeamte oder ihre Bewohner? Darüber sollte man einmal nachdenken. Sehr sorgfältig.
(Ent)spannende Lektüre!