Alles Nein-Sager? Nach den Altstadtfreunden hat sich nun die zweite altgediente Bürgerinitiative gegen den Bau einer Ersatztrasse ausgesprochen. Ost- wie Westtrasse würden „in verantwortungsloser Weise in die über Jahrhunderte gewachsene Stadtlandschaft beiderseits der Donau eingreifen“, schreibt das 1972 gegründete Forum Regensburg in einer aktuellen Stellungnahme. Neben den bereits bekannten Einwänden – der Zerstörung des Naherholungsgebiets Grieser Spitz im Fall der Osttrasse bzw. den Bedenken in punkto Denkmalschutz und Welterbekonvention im Fall der Westtrasse – greift das Forum Regensburg aber auch die Art der bisherigen Argumentation von Seiten der Brückenbefürworter an. Namentlich den RVV.
„Geradezu lächerlich“ sei die vom Regensburger Verkehrsverbund angestoßene Diskussion um Fahrzeitverlängerungen im Minutenbereich angesichts der massiven Eingriffe in ein Jahrhunderte altes Erbe. „Allein der Gedanke, dass vier Buslinien diese erheblichen städtebaulichen Planungen auslösen, stellt alle Relationen auf den Kopf.“ Grundsätzlich habe der Verkehr eine „dienende, nicht eine prägende Funktion“.
Stellungnahme hin, Stellungnahme her: Der bisherige Verlauf des Regensburger Brückenstreits lässt nicht erwarten, dass die Haltung der mehrfach ausgezeichneten Bürgerinitiative (Denkmalschutzmedaille, Theodor Heuss Preis) zu einem Umdenken der Stadtplaner führen wird, ebensowenig die Ablehnung der Brückenpläne durch die Altstadtfreunde.
Eigentlich schade. In der Vergangenheit bewiesen nämlich just jene bürgerschaftlichen Gruppen mehr Weitsicht als die städtischen Planer. Einen Eindruck davon bietet ein kurzer Rückblick auf eine Diskussion, die zwischen den 50er und 90er Jahren in Regensburg schwelte. Seinerzeit ging es um die sogenannte „Bayerwaldtrasse“.
Anstelle der Eisernen Brücke am Donaumarkt war ein vier- bis sechsspuriges Brückenbauwerk geplant: die „Bayerwaldbrücke“. Über 40 – bis zu 700 Jahre alte – Gebäude rund um den Donaumarkt und am Unteren Wöhrd wurden dafür abgerissen. Über 1.000 Bewohner wurden in andere Stadtviertel ausquartiert.
Von dieser Bayerwaldbrücke aus sollte die Trasse weiter über den Unteren Wöhrd nach Stadtamhof und schließlich zur Bayerwaldstraße führen. Das vierspurige und deplatziert wirkende Straßenstück mitten in Reinhausen zeugt heute noch von diesen Plänen.
Die Wochenzeitung die Zeit urteilte damals: „Die Regensburger Kommunalpolitiker (sind) auf dem besten Wege, ihre Altstadt zu zerstören – nicht vorsätzlich,, nicht einmal fahrlässig, sondern – so hat es zumindest den Anschein – einfach, weil sie die Tragweite anstehender Entscheidungen nicht übersehen“ (Hier der komplette Artikel aus dem Jahr 1974: Bataille um eine Brücke).
Die Stadt widerstand einer Flut von Einwänden, Argumenten und Ratschlägen aus der Bürgerschaft und verkaufte die Planung als zwingend notwendig für eine positive Entwicklung Regensburgs. Die Gegner wurden als „Radikale“, „Kommunisten“ oder „städtische Apo“ diffamiert. Vorne dabei bei diesen „Radikalen“: das Forum Regensburg und die Altstadtfreunde. Mit massiver Öffentlichkeitsarbeit schafften sie es schließlich, Widerstand auf breiter Basis zu organisieren. Auch drei Stadträte ließen sich überzeugen. Walter Annuß, Herbert Brekle und Christa Meier scherten aus ihrer Fraktion aus. Das Projekt wurde schließlich beerdigt. Der Bau der Eisernen Brücke 1989 zog einen (vorläufigen) Schlussstrich unter die Verkehrsplanungen zur „Bayerwaldtrasse“.
Ein Ende des aktuellen Regensburger Brückenstreits ist dagegen noch nicht abzusehen.