Letzte Gewissheit gibt es wohl erst, wenn die Bagger anrollen, um die Baugrube für eine Stadthalle auszuheben. Bei den archäologischen Grabungen, die derzeit im Allee-Abschnitt am Keplerareal durchgeführt werden, gibt bislang noch keine Hinweise auf den mittelalterlichen jüdischen Friedhof. Das wäre ein K.O:-Kriterium für den Bau einer Stadthalle. Die Totenruhe ist ein zentraler Punkt im jüdischen Glauben. Ausgrabungen oder Umbettungen sind damit ausgeschlossen. Ob sich der 1210 angelegte jüdische Friedhof an dieser kritischen Stelle befunden hat, werden aber auch die jetzt durchgeführten Sondagen nicht mit abschließender Sicherheit klären können. „Diese Sicherheit gibt es erst, wenn hier der gesamte Oberboden abgegraben wurde“, so Grabungsleiter Friedrich Loré. Auch die Quellenlage ist laut Dr. Lutz Dallmeier (Amt für Denkmalpflege) zu ungenau, um zu klären, wo genau sich der seinerzeit bedeutendste jüdische Friedhof Altbayerns befunden hat. Das in den Quellen als „Emmeramer Breiten“ bezeichnete Areal lässt sich auf das Gebiet zwischen Dr.-Martin-Luther-Straße und Kumpfmühler Straße eingrenzen.
Beim Pogrom gegen die jüdische Gemeinde wurde der Friedhof völlig verwüstet. Die Grabsteine wurden in zahlreichen Gebäuden der Stadt verbaut. Beispiel ist der noch heute sichtbare Grabstein am Alten Rathaus. Allenfalls Bruchstücke würden sich demnach wohl finden lassen. Lorés Grabungsfirma ADILO wird die, im Auftrag der Stadt durchgeführten, Grabungen in etwa noch einer Woche abgeschlossen haben. Auf Basis der Ergebnisse werde dann „eine politische Entscheidung“ getroffen, wie es mit den Stadthallenplänen weitergeht, so Kulturreferent Klemens Unger.
Unabhängig von der Suche nach dem Friedhof mangelt es unterdessen nicht an vielen interessanten Funden. Eine „große Überraschung“ sind für Dr. Lutz Dallmeier die vielen Funde aus römischer Zeit, die gerade mal 1,60 Meter tief unter dem Boden liegen. „Zwei Tomatenkisten“ voll holen die Archäologen um Friedrich Loré täglich aus dem Boden.
Geschirr mit Rosettenmustern und nackten Jünglingen gehört dazu, dass etwa aus der Zeit um 200 nach Christus stammt. Ein kunstvoll verzierter Metallgegenstand, möglicherweise Teil eines Breitschwerts oder einer Standarte gehört aber auch dazu. Ein unter Umständen herausragender Fund. Fotos hat Loré bereits an mehrere Kollegen geschickt, damit auch sie das Fundstück noch genauer unter die Lupe nehmen. Loré: „Hier können wir noch auf alles mögliche stoßen – bis hin zu einem Tempel.“ Die bisherigen Funde bestätigen diese Einschätzung. Ein bereits entdeckter Brunnen und ein Ofen lassen hier noch einige Überraschungen erwarten.