Wo das neue Fußballstadion stehen wird, steht mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits fest. Bei der Sitzung des Sportausschusses am Mittwoch deutete Bürgermeister Gerhard Weber an, dass wohl das Gelände an der A3 das Rennen machen dürfte. Wie das Stadion aussehen wird, was es kostet und wie diese Kosten finanziert werden sollen, weiß man hingegen noch nicht. Insbesondere diese Unwägbarkeiten waren es, die für Diskussionen über die 10,5 Millionen Euro sorgten, die im Investitionsprogramm die kommenden beiden Jahre an Erschließungskosten vorgesehen sind.
Das Stadion selbst soll ein Investor bauen. Nach dem Bau des Neuen Rathauses, des Sauren Gockels in Kumpfmühl und den Finanzierungsvorstellungen für eine Stadthalle ist das Stadion damit das vierte PPP-Modell (Public Private Partnership) bzw. die vierte Investorenlösung, die binnen kürzester Zeit, das die Stadt Regensburg auf den Weg bringt. Welche Folgekosten damit jeweils auf die Stadt zukommen, ist bislang noch nicht absehbar. Aber dazu später.
Wie schon in der Sitzung des Schulausschusses war es auch im Sportausschuss erneut der ehemalige Stadtkämmerer und heutige FDP-Stadtrat Dr. Jürgen Pätz, der seinem Ärger Luft machte. „Wir wissen nichts, aber wir sollen heute über zehn Millionen Euro entscheiden.“ Pätz sieht in der Bewilligung der Summe einen Verstoß gegen die kommunale Haushaltsverordnung, von der er auch einen Auszug als Kopie an die Stadträtinnen und Stadträte verteilt hatte. Erst „wenn Bauunterlagen vorliegen, aus denen die Art der Ausführung, die Kosten der Maßnahme, des Grunderwerbs und der Einrichtung im einzelnen ersichtlich sind“, dürfe eine Kommune finanzielle Verpflichtungen eingehen, heißt es dort unter §10, Absatz 3. „Alle diese Voraussetzungen sind bei dieser Vorlage nicht gegeben“, so Pätz. „Wer hier zustimmt, verstößt gegen Gesetze.“
Verwundert über diese Argumentation zeigte sich Bürgermeister Weber. „Wir machen das genau so wie zu der Zeit, als Sie Kämmerer waren“, so Weber in Richtung Pätz. „Dutzende von Maßnahmen“ seien unter solchen Voraussetzungen beschlossen worden. Auch lasse Absatz 4 des entsprechenden Paragraphen Ausnahmen zu. Weber: „Es entspricht alles den gesetzlichen Bestimmungen.“ Generell erteilte Weber der von Pätz angestoßenen Diskussion eine Absage: „Der Stadtrat ist kein haushaltsrechtliches Kolleg, sondern ein politisches Gremium, das politische Entscheidungen trifft.“
Erneut äußerte Pätz Zweifel an Sinn und Zweck der Diskussionen im Stadtrat. Der 67jährige in Richtung Koalition: „Das Politbüro beschließt.“ Was die Opposition sage, spiele keine Rolle.
Politisch war sich allerdings eine Mehrheit über die Koalitionsgrenzen hinweg einig. „Panem et Circenses“ – Brot und Spiele – habe es schon bei den alten Römern geheißen, so CSU-Stadtrat Hermann Vanino. Die Römer bauten ihren Bürgern das Colosseum, „wir bauen mit dem Stadion eine Einrichtung für die Regensburger“, so die Vaninos Analogie. Für die SPD erklärte Tonio Walter, dass in Regensburg offenbar ein Mehrheit dafür sei, sich den „Luxus eines Stadions“ zu leisten.
Heftige Bedenken äußerte Richard Spieß (Die Linke) gegen die Finanzierung des Stadion-Neubaus als PPP-Modell/ Investorenlösung. Spieß verweist auf Empfehlungen des Bundesrechnungshofs. Dort werde seit Jahren propagiert: „Wenn sich eine Kommune etwas nicht leisten kann, ist PPP keine Lösung.“ In einer gemeinsamen Presseerklärung vom Mai 2006 warnen die Rechnungshöfe: „Städten und Gemeinden, die finanziell angeschlagen sind, hilft dieses Instrument nicht weiter.“ Es sei „ein gefährlicher Weg“, Investitionen via PPP zu realisieren und dadurch Wachstumsimpulse setzen zu wollen, „weil hier die Finanzierungslast in die Zukunft verschoben“ werde. Allein für die Stadthalle am Ernst-Reuter-Platz rechnete SPD-Fraktionschef Norbert Hartl kürzlich mit fünf bis sechs Millionen Euro an Kosten, die für die Stadt jährlich anfallen. Welche Kosten ein Stadion entstehen, liegt bislang im Argen. Spieß: „Die regelmäßigen Zahlungen werden uns als Kommune irgendwann handlungsunfähig machen.“
Weber beschwichtigte solche Bedenken: „Sie können sicher sein, dass wir die günstigste Lösung machen.“ Bereits beim Bau der Donauarena habe man eine Investorenlösung umgesetzt. Das Eisstadion läuft unter der Regie einer städtischen Tochtergesellschaft, den Regensburger Badebetrieben (RBB). Damit sind die Kosten aus dem städtischen Haushalt ausgelagert, wenngleich Defizite letztlich doch die Steuerzahler treffen.
CSU, SPD und Grüne gaben schlussendlich ihr Placet zum Investitionsprogramm in Sachen Sport, das ein Gesamtvolumen von 14,5 Millionen Euro umfasst. ÖDP, FDP, Linke und Freie Wähler lehnten den Entwurf ab. Kerstin Radler von den Freien Wählern erklärte, dass sie zwar ein neues Stadion, allerdings nicht den ebenfalls im Investitionsprogramm enthaltenen Zuschuss für den Baseballverein Legionäre (657.000 Euro) mittragen könne. Erneute Kritik an diesem Zuschuss für die Baseball-WM war zuvor auch von Jürgen Mistol (Grüne) und Joachim Graf (ödp) gekommen.
Ob nun mit oder ohne PPP: Inwieweit die große Koalition ihr selbstgestecktes Ziel, die Verschuldung der Stadt bis 2012 auf 350 Millionen Euro zu begrenzen, erreichen kann, bleibt zweifelhaft. Das zeichnet sich nach der Vorberatung verschiedener Bereiche des insgesamt 345 Millionen Euro umfassenden Investitionsprogramms bis 2012 zunehmend ab.
Regelmäßig weist der Leiter der städtischen Kämmerei, Karl Eckert, bei den Ausschusssitzungen darauf hin, dass die von der Koalition gesetzte Verschuldungsgrenze ein „sehr, sehr sportliches Ziel“ sei. Die Stadt Regensburg müsste dafür einen jährlichen Zuwachs bei den Einnahmen von zwölf Millionen Euro erreichen. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Bankenkrise gab Eckert am Mittwoch zu bedenken: „Man kann sich fragen, ob dieser Blick in die Zukunft so eintreten wird.“
Endgültig beschlossen wird das Investitionsprogramm bei einer Sitzung des Stadtrats im Dezember.