Die CSU befand sich auf einer Wallfahrt nach Altötting. Aber wirklich passend wäre der Auftritt eines Christsozialen beim „Tag des Flüchtlings“ am Samstag ohnehin nicht gewesen. Nicht zuletzt die CSU war es, die an einer Aushöhlung des Asylrechts, die CDU/CSU, SPD und FDP 1992 ins Werk setzten, entscheidenden Anteil hatte. In den letzten zehn Jahren sank die Zahl der Asylbewerber von 103.000 im Jahr 1998 auf 19.000 (2007). Gleiches gilt für die Annerkennungsquoten, von denen das CSU-regierte Bayern eine der niedrigsten in ganz Deutschland (0,5 Prozent aller Asylanträge) aufweist. Die Aussagen mancher CSU-Lokalpolitiker lassen darauf schließen, dass man sich kaum oder überhaupt nicht mit dem Thema auseinandergesetzt hat.
Wenn Landtagskandidat Dr. Arthur Bechert bei der Podiumsdiskussion der Sozialen Initiativen am vergangenen Mittwoch die Auffassung vertritt, dass Asylbewerber besser gestellt seien als Aussiedler, dann zeugt das wenigstens von Ahnungslosigkeit. Wenn CSU-Stadtrat Josef Troidl im Sozialausschuss daran zweifelt, dass Asylbewerber „angeblich nur 40 Euro Bargeld“ erhalten, kennt er weder das Asylbewerberleistungsgesetz noch die bayerische Praxis (40,90 Euro „Taschengeld“ pro Monat, sieben Quadratmeter Wohnraum, Essenspaket).
Dort, im Sozialausschuss, hatte Stadtrat Richard Spieß (Die Linke) einen Antrag auf kostenlose Bustickets für Flüchtlinge gestellt, den er am Samstag auf dem Neupfarrplatz erneut bekräftigte. Spieß: „Diese Stadt könnte es sich leisten zu allen Menschen menschlich zu sein.“ Stattdessen würden Forderungen der Schwächsten in der Gesellschaft gegeneinander ausgespielt. So auch im Sozialausschuss, wo Spieß seinen Antrag schließlich zurückzog.
Erstens, weil Bürgermeister Joachim Wolbergs versprach, bis zur nächsten Sitzung (im Dezember) einen Vorschlag für einen Sozialtarif vorzulegen. Dieser Tarif wurde in Regensburg vor zwei Jahren abgeschafft. Eine Sparmaßnahme des RVV.
Zweitens, weil die Verwaltung sich in Zuständigkeitsfragen flüchtete und aufgrund eines Schreibens des bayerischen Sozialministeriums zu dem Schluss kommt: „Schwarzfahrten haben keinen Einfluss auf eine Abschiebung.“ Das Ministerium vertritt in dem Schreiben die Auffassung, dass wiederholtes Schwarzfahren zwar nicht zwangsläufig zu einer Aufenthaltsbeendigung führe, jedoch könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei Vorliegen „einer besonderen Fallkonstellation“ eine solche Verurteilung zur Versagung des weiteren Aufenthalts in Deutschland führen könne.
Zum Dritten, wie schon erwähnt, weil sich die Diskussion im Sozialausschuss in eine Richtung a la „Wem geht’s am Schlechtesten – dem Asylbewerber, dem Rentner, dem Hartz IV-Empfänger?“ entwickelte.
Ein Thema war also schon vorgegeben beim Tag des Flüchtlings, der unter dem Motto „Eine Welterbestadt sagt Ja zu Flüchtlingen“ stand. „Der Titel Welterbe ist nicht nur eine Ehre, er ist auch eine Verpflichtung, sich weltoffen zu zeigen“, so Marion Puhle vom Regensburger Flüchtlingsforum. Diese Weltoffenheit vermisse sie allerdings. „Regensburg hat einen Altstadt-Kümmerer, einen Welterbe-Kümmerer, warum ist man nicht im Stande, einen Krisendienst für Flüchtlinge einzurichten?“ Die Situation der Flüchtlinge – Leben auf engstem Raum in einer Gemeinschaftsunterkunft, meist mit unsicherem Aufenthaltsstatus und traumatischen Erlebnissen im Heimatland – sei Stress pur. „So etwas muss krank machen.“ Puhle forderte erneut kostenlose Bustickets für Flüchtlinge, eine psychologische Anlaufstelle und eigene Briefkästen für die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft. Im Moment müssen sich die Flüchtlinge bis spätestens 9 Uhr morgens ihre Post beim „GU-Leiter“ abholen. Eine medizinische Behandlung von Asylbewerbern sei „nur bei akuten Schmerzzuständen“ vorgesehen. Zuletzt habe der Vertrauensarzt der Stadt Regensburg einem Flüchtling die Nachbehandlung einer Zahnoperation verweigert. Begründung laut Puhle: Er könne ohne Schmerzen leben – „ob nun mit oder ohne Zähne“.
„Ist Regensburg tolerant, sozial oder human?“, so die Frage von Schirmherrin Margit Wild. Eindeutig konnte die SPD-Politikerin diese Frage nicht beantworten. Da gebe es einerseits viele Menschen, die sich engagieren, andererseits dürfe man nicht die Umstände ausblenden, unter denen die Flüchtlinge in Regensburg leben müssten. Ein „Abschotten gegenüber den Schwächsten“ macht Wild in Regensburg aus. „Das darf nicht sein in einer so reichen Stadt.“
Ausdrücklich sprach sich Wild gegen die Abschiebung von Asward K. aus. Der 20jährige Kurde war aus dem Irak nach Griechenland geflohen, wurde dort inhaftiert und misshandelt. Nach seiner Freilassung kam er nach Deutschland. Nun soll er, danach sieht es momentan aus, wieder nach Griechenland abgeschoben werden. Entgegen der Position des UN-Flüchtlingshilfswerks, das ein Stopp der Abschiebungen nach Griechenland fordert, trotz Recherchen von Pro Asyl, die die unmenschlichen Zustände für Flüchtlinge in dem EU-Land belegen.
Bereits im Vorfeld der Veranstaltung hatte die BI Asyl ein deutliches Signal der Regensburger Politiker gegen Abschiebungen nach Griechenland gefordert. Nicht jeder Stadtrat, der am Samstag ans Rednerpult trat, kam dieser Aufforderung nach.
Wie ein Ja zu Flüchtlingen aussehen kann, hat die Stadt München vorgemacht. Dort gibt es einen einstimmigen Stadtratsbeschluss, einen Flüchtling pro 1.000 Einwohner aufzunehmen. Einen ähnlichen Beschluss in Regensburg strebt Amnesty International an. Mehr dazu unter www.save-me-regensburg.de