Ein politischer Zwerg ist die FDP mit ihren rund 60 Mitgliedern in Regensburg. Zur Kundgebung des Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle haben sich am Freitag auf dem Haidplatz aber kaum weniger Menschen eingefunden wie anlässlich des Besuchs von Ministerpräsident Beckstein vor knapp drei Wochen. Bei dessen Partei, der CSU, will sich die FDP als Koalitionspartner andienen. Denn, das macht Westerwelle im Lauf seiner Rede mehrfach deutlich, für eine bunte Koalition unter SPD-Führung stehen die Freien Demokraten nicht zur Verfügung. Westerwelle ist bei der FDP das, was Gysi und Lafontaine beim politischen Erzfeind, der Linken („Kommunisten und Sozialisten“), sind: ein routinierter Rhetoriker. Beifall und Gelächter begleiten seine Rede.
Dabei kommt es gar nicht darauf an, „ob man jeden Satz so flüssig bringt“, meint Westerwelle in Anspielung auf seine etwas steifen Vorredner. Für den Regensburger Spitzenkandidaten Thomas Dechant war es die erste Rede vor so großem Publikum. Man hatte es gemerkt. Auch am Applaus. Ebenso bei Martin Zeil, Spitzenkandidat der Oberpfalz-FDP. Aber, so Westerwelle, „die haben etwas Anständiges gelernt“, „eine Lebensleistung vorzuweisen“. Es seien eben keine „Menschen, die schon im eigenen Leben scheitern“ – wie ein SPD-Bundestagskollege, über dessen Studienabbruch nach 30 Semestern und die damit einhergehende „Autorität seines persönlichen Lebens“ der FDP-Chef philosophiert.
Bei alledem bemüht sich Westerwelle sichtlich, das Image des Politikers an sich aufzupolieren. Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, die nicht nach Macht, Posten und Auskommen schielten, sondern sich für Ideale einsetzten. „Die Demokratie lebt von Demokraten.“ Und ihnen gebühre der Dank – über Parteigrenzen hinweg.
Aber natürlich ist am Freitag die FDP, die Westerwelle als politische Mitte zwischen konservativ (CSU) und links (fast alle anderen) verortet wissen will, etwas Besonderes. „Wir haben nicht nur ein Programm, sondern auch Persönlichkeiten“, eine „innere Philosophie“. Die lautet – „im Gegensatz zu allen anderen Parteien“ – weniger Staat, weniger Bürokratie. Vor allem steht die FDP aber für eines: Steuersenkungen. „Steuerwehr“ heißt es auf Flyern, die am Haidplatz verteilt werden.
Diesem Thema widmet Westerwelle denn auch einen Großteil seiner Rede. Denn: „Der Staat hat Geld wie Heu. Er verplempert es nur.“ Zum Beispiel für Entwicklungshilfe an China. 200 Millionen Euro zahle die Bundesrepublik dem schärfsten Konkurrenten um den heißbegehrten Titel „Exportweltmeister“ in diesem Jahr. „ Das ist wie wenn ich meinem Konkurrenten beim 100-Meter-Lauf höchstpersönlich die Doping-Spritze ins Gesäß gebe.“ Während es einst Bauernkriege gegeben habe, weil „der Zehnte“ zu zahlen war „wäre man heute froh, wenn man nur den Zehnten zum Finanzamt tragen müsste.“ Westerwelle: „Wo bleibt das steuerrebellische Bewusstsein?“ Über 400 Vorschläge zur Steuereinsparung habe man schon gemacht, ein zweistelliger Milliardenbetrag sei dabei zu gewinnen. Sapperlott! Applaus.
Es folgt der parteiübergreifende Slogan „Leistung muss sich wieder lohnen.“ Dabei will Westerwelle aber nicht falsch verstanden werden. Es gehe nicht darum, „dass ein paar Reiche noch reicher werden.“ Es gehe um die Leistungsträger, den – gleichfalls von allen Parteien hofierten – Mittelstand, „die Mehrheit, die Spaß hat, morgens aufzustehen und zu arbeiten.“ Entsprechend auch Westerwelles Plädoyer für den „starken Sozialstaat“. Der schütze, geht es nach der FDP, „die Schwachen vor den Starken – und den Faulen“. Lauter Applaus. Es sind nicht viele „Faule“ da.
Gegen Ende seiner Ausführungen erinnert Westerwelle an die Bundestagswahl 2005. Damals habe man wie versprochen auf alle Posten verzichtet und sei zu keiner Ampelregierung bereit gewesen. Auch dieses Mal werde die FDP ihr Versprechen halten. „Die Karpfen (=CSU) brauchen ein paar Hechte (=FDP)“, so Westerwelles Koalitionsversprechen 2008.
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