31 Aug2008
Lauter Protest regt sich, als Beckstein ein Lieblingsthema der CSU anschneidet: Die Verlängerung der Laufzeit von Kernkraftwerken. Vertreter von Greenpeace warten schon seit längerem mit einem Transparent vor dem Brunnen auf dem Haidplatz. „Passt’s auf die Gratler auf“, hat einer der Organisatoren die Ordner zuvor noch angewiesen. Die „Gratler“ schreien trotzdem lautstark „Nein“. Als „Brückentechnologie“ brauche man die Kernkraft, meint Beckstein dagegen unbeirrt. Noch reichten andere Energieformen nicht aus, um abgeschaltete AKWs zu ersetzen. Der Krieg in Georgien zeige, wie unsicher die Lage auf dem Energiemarkt sei, also brauche man „sichere und verlässliche Energie“. Atomkraft also. Zum Glück setzt sich die CSU auch vehement dafür ein, dass Endlager nicht in Bayern, sondern Gorleben entstehen sollen. Ein anderes Versuchslager, Asse, läuft seit Jahren mit Wasser voll. Die Sanierung kostet Milliarden. Wie der Salzstock in Gorleben in 15.000 Jahren aussieht, braucht ja auch nicht zu interessieren. Laufzeitverlängerung „für ein paar Jahre“ muss einfach drin sein. Außerdem sei es „heuchlerisch und scheinheilig“, deutsche Kernkraftwerke abzuschalten und dann den Strom zum Beispiel aus unsicheren Kraftwerken wie dem tschechischen Temelin einzukaufen. Temelin wurde unter anderem mit Krediten der Bayerischen Landesbank gebaut. Auch eine Scheinheiligkeit, die der Erwähnung wert gewesen wäre. Applaus ernten lässt sich aber eher mit der mit der Ankündigung, Gewinne aus der Kernenergie für günstigere Tarife und den Ausbau alternativer Energien zu verwenden. Das klingt zwar alles recht nebulös und wenig durchdacht. Aber: Becksteins Profil heißt schließlich „Glaubwürdigkeit“. Ansonsten: „Bayern ist Solarweltmeister“ und auch gegen die „Verspargelung der Landschaft“ – Windkraftwerke – will sich die CSU künftig auch nicht mehr so sehr sperren. Alles in Butter, wenn nur die AKWs ein bisschen länger laufen dürfen. Als es schon dunkler wird, kommt Beckstein zu seinem Lieblingsthema. Der inneren Sicherheit. Darauf hat auch das Publikum gewartet. „Wer brav und rechtstreu ist, hat nichts zu befürchten“, lautet der altbekannte Sermon.
Dazu macht es sich gut, ein wenig auf die „Multikulti-Leute“ zu schimpfen und immer wieder darauf hinzuweisen, das jeder in Bayern „unsere Leitkultur“ zu respektieren habe. Immer wieder gibt es Zustimmung und Applaus. Bayern ist schließlich tolerant und weltoffen, weiß der Landesvater. „Ein Türke, der 25 Jahre hier gearbeitet hat und sich nichts hat zuschulden kommen lassen“, der dürfe auch mal Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Ansonsten: „Niemand wurde nach Bayern zwangsverschleppt und wenn doch, werde ich ihm gerne helfen wieder auszureisen.“ Applaus. Gegen Ende seiner Rede bekennt sich Beckstein zur Unterstützung für Behinderte – „denen, die wirklich behindert sind, werden wir helfen und denen, die simulieren, denen helfen wir schon“ – und gibt seine Empfehlung für die Landtagskandidaten der CSU. Es folgen – mittlerweile ist es richtig dunkel geworden – Bayernhymne und Deutschlandlied zum Abschluss. Dann macht sich der Ministerpräsident auf den Weg zur Dult, wo er sich von den bierseligen Gästen feiern lässt. Dort werden am Abend fünf Männer zwischen 18 und 29 Jahren festgenommen, die zuvor am Eisernen Steg rechtsradikale Parolen skandiert haben. Gegen sie wird wegen Volksverhetzung ermittelt. Der einzige Zwischenfall beim Besuch des Ministerpräsidenten. Mehr Fotos vom Beckstein-Besuch gibt es hier.