Am Sonntag, den 27. Juli, endete die Tour des France auf dem Champs Elysees. Außer mit spektakulären Dopingfällen und einem hilflos wirkenden Veranstalter, verlor die Tour dieses Jahr zunehmend an Zuschauerinteresse. Ganz im Gegensatz dazu die 24. Auflage des Arber Radmarathons. Über 7.000 sportive Radfahrer nahmen Strecken von 56 bis 250 Kilometer auf sich. Der „Arber“ ist damit die größte Radsportveranstaltung in Deutschland. Der Veloclub Regensburg und die unzähligen freiwilligen Helfer leisten seit vielen Jahren eine überzeugende Arbeit. Wie meinte ein Radsportler aus Hessen im Ziel „Ich bin schon bei vielen Radrundfahrten dabei gewesen, aber der Arber ist einfach der Maßstab für alle anderen.“ Recht hat er offensichtlich. Von den angekommenen Pedaleuren hat keiner Grund zur Klage. Im Gegenteil: Überall strahlende Gesichter und Lob für die Organisatoren.
Der Arber Radmarathon steht in einem positiven Gegensatz zum Regensburg Marathon. Beim „Arber“ gibt es kein Klassement, ein Grund, warum es an den Verpflegungsstationen, am Start und auf der Strecke sehr entspannt zu Sache geht. Hier muss niemand nach Sekunden jagen um seine Platzierung zu verbessern. Auch werden beim Arber Radmarathon keine Spitzensportler gegen Geld an den Start nach Regensburg geholt. Wer hier mitradelt, will mit Gleichgesinnten auf einem anspruchsvollen Kurs unterwegs sein. Im Gegensatz zum Regensburg Marathon, muss der Arber Radmarathon keiner imageträchtigen Bestenliste von Radveranstaltungen gerecht werden. Das ist gut so!
Internationales Starterfeld
Wer sind die Sportler, die um 6.00 Uhr morgens am Dultplatz am Start stehen, um die Arberrunde mit 250 Kilometern und satten 3.300 Höhenmetern auf sich zu nehmen? Die durchtrainierten Hobbysportler kommen aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland. Rennradfahrer aus Österreich, der Schweiz und Italien haben mittlerweile den Arber Radmarathon fest in ihren Kalendern eingetragen. Das Durchschnittsalter der Starter der großen Runde dürfte nach einem wenig repräsentativen Blick in deren Gesichter bei 40 plus liegen. Die Mehrzahl der jüngeren Radsportler sind offenbar auf einer der beiden Mountainbiketouren unterwegs.
Im Starterfeld für die Arberrunde blitzen einem nicht nur mit allen Schikanen aufgemotzte Edelrenner entgegen, die Mehrheit der Sportler ist auf Rädern des mittleren Preissegmentes unterwegs. Die Behauptung, der Rennradsport sei eher was für Besserverdienende, ist, was das Starterfeld des Arber Radmarathons angeht, nicht haltbar.
Rennrad contra MountainbikeEs sah schon sehr danach aus, dass das Mountainbike den klassischen Straßenrenner ein Ende bereitet“, erzählt mir ein Aussteller im Startbereich. Der „Arber“ ist für ihn seit Jahren eine wichtige Plattform, um der radelnden Kundschaft die eigenen Rennräder vorzustellen. „Die Rennradbranche hat ihr Tief hinter sich. Viele Sportler haben mittlerweile einen Renner und für das Gelände ein Mountainbike“, erklärt mir der Händler. Auch Spezialrennräder, wie beispielsweise das Crossrad, werden seit wenigen Jahren wieder verstärkt nachgefragt. Zwischen den beiden Veloarten besteht eine gute Koexistenz. Dem Fahrradhandel freut es.
Beim Start der 112 Kilometer langen Mountainbiketour um kurz nach sieben ist der Unterschied zu den klassischen Rennradfahrern erkennbar. Die Kleidung ist legerer, die Sonnenbrillen sind cooler und viele der Mountainbiker tragen einen Rucksack. Darin sind Ersatzschläuche, Werkzeug, Kleidung und eine Trinkblase. Mittels einem Schlauch können so die Athleten während des Fahrens trinken, ohne die Hände vom Lenker nehmen zu müssen. Der größte Unterschied zu den Rennradfahrern ist sofort ersichtlich: Viele der Mountainbikes sind mit Dreckspritzern überzogen. Was bei den Geländeradlern dazu gehört, wäre bei den Rennradfahrern nahezu undenkbar.
In den Oberpfälzer Outbacks
„Wahnsinn“, schwärmt ein Mountainbiker aus Oberbayern keuchend. „Wahnsinn! Solche Anstiege!“ Er quält sich mit einem Velo den Berg von Regenstauf nach Kürn hinauf. In Sachen steile Anstiege steht die selektive Mountainbikestrecke der Arberrunde in nichts nach. Während das Streckenprofil bei der 250 Kilometer langen Rennradrunde so ist, dass es die Fahrer auf flachen Teilstücken rollen lassen können, gönnt die Moutainbikerunde den Sportlern wenig Erholungspausen. Bis auf die wenigen Schlusskilometer ist es ein einziges Auf und Ab. Wer hier konditionelle Defizite hat, für den ist jeder neue Anstieg im Vorwald ein schmerzhaftes Erlebnis. Die Oberpfälzer Outbacks sind offensichtlich ein gutes Bikerevier.
Ortswechsel. Bei der Bayerwaldrunde legen sich die Sportler am Sattelborgen ebenfalls ins Zeug. Diese Tour ist 125 Kilometer lang und verfügt über 1.100 Höhenmeter. Der höchste Punkt ist am Ochsenberg erreicht. Wie ein bunter Lindwurm ziehen sich die Velofahrer den Berg hinauf. Zum Glück herrscht heute nicht die große Hitze wie es schon öfters beim „Arber“ der Fall war. Bei der nahe gelegenen Verpflegungsstation erzählt ein 70jähriger Teilnehmer von seinen sportlichen Ambitionen. „Mir macht der Arber jedes Jahr wieder Spaß. Wenn es das Wetter zulässt, bin ich jeden Tag mit meinem Rad unterwegs und bereite mich auf die eine oder andere Rundfahrt vor.“ Seine durchtrainierten Waden lassen darauf schließen, dass mancher jüngere Fahrer Probleme hat, bei ihm mitzuhalten. Auf dem Boden sitzend unterhalten sich die Rennradler. Eben hatte man sich am Berg noch so manches Duell geliefert, doch das ist bereits abgehakt. Nun gilt es Kalorien und Flüssigkeit aufzunehmen, für das Finale der Bayerwaldrunde. Für jeden Geschmack gibt es bei der Verpflegungsstation etwas: Von einer rustikalen Wurstsemmel bis hin zum Energieregel. Die letzten Kilometern an der Donau entlang, zehren bei manchen an den Kräften. Hier bilden viele Fahrer einen „Zug“ und fahren hintereinander. Abwechselnd wird die Tempoarbeit an der Spitze übernommen. So zu fahren spart Kraft, weil der Luftwiderstand geringer ist und macht Spaß.
Die unvermeidliche Stimme OstbayernsFür Radsportnovizen wird seit einigen Jahren eine flache 56 Kilometer Runde an der Donau nach Kiefenholz angeboten. Diese Einsteigerrunde wird dankbar angenommen und so haben weniger trainierte Fahrer auch die Möglichkeit, „Arberluft“ zu schnuppern und die Rennatmosphäre mit zu erleben. Dazu gehört auch im Ziel Armin Wolf. Von Insidern die unvermeidliche Stimme Ostbayerns genannt. Mit viel Euphorie begrüßt er die ankommenden Fahrer im Ziel. Wer den Radiomann nicht kennt, wundert sich, denn es jubelt ihm aus dem aus Lautsprecher entgegen, als hätte eben ein neuer Olympiasieger die Ziellinie passiert. Beim „Arber“ ist jeder ein Sieger. Dafür braucht es kein Klassement und Zeiterfassungschips. Zu den Besonderheiten des „Arber“ gehört Armin Wolf unbedingt dazu, weil er sich über jeden Fahrer im Ziel überschwänglich freut. Aber auch die freiwilligen Feuerwehren welche die Rennstrecken absichern, machen diese Rundfahrt zu dem was es ist: Ein wirklich großes und unverzichtbares Sportereignis in Regensburg.