Langsam kommt Bewegung in die Aufklärung um die Verluste der Bayerischen Landesbank (BayernLB), doch wer sich erhofft hatte, die Wahrheit komme nun ans Licht, wird enttäuscht sein. Ebenso darf man sich darüber wundern, dass sich die BayernLB weiterhin im spekulativen Immobiliengeschäft engagiert.
Als Zeuge im Untersuchungsausschuss BayernLB sagte nun der Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger aus. Dort traf er auf bekannte Gesichter. Peter Welnhofer von der CSU ist der Ausschussvorsitzende. Ebenfalls in dem neunköpfigen Gremium ist der CSU Landtagsabgeordnete Phillip Graf von und zu Lerchenfeld aus dem Landkreis Regensburg. Hans Schaidinger ist in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Bayerischen Städtetages ein Mitglied des Verwaltungsrates der BayernLB und musste deshalb dem Ausschuss Rede und Antwort stehen. Der Verwaltungsrat hat unter anderem den Auftrag, den Vorstand der BayernLB zu berufen und dessen Arbeit zu überwachen. Neben dem Regensburger Stadtoberhaupt gehören dem Verwaltungsrat der BayernLB auch Vertreter der Bayerischen Staatsregierung an. So beispielsweise Erwin Huber, in seiner Eigenschaft als Finanzminister des Freistaates. Das Statement des Regensburger Oberbürgermeisters dürfte jedoch wenig zur Aufklärung dieser Affäre beigetragen haben.
Schaidinger verteidigte seinen Parteifreund Erwin Huber und die Arbeit des Verwaltungsrates. Das Gremium habe sich, so die Aussage vom Regensburger Oberbürgermeister, ausreichend und auch zeitlich nah mit den Verlusten aus dem US-Geschäft befasst. Nach Ansicht des BayernLB-Verwaltungsbeirates Hans Schaidinger, sei nicht zu erkennen, dass die Mitglieder der Staatsregierung ihre Informationspflicht gegenüber dem Bayerischen Landtag verletzt hätten. Hans Schaidingers Meinung nach hat die BayernLB seit 1998 zunächst sehr erfolgreich in verschiedene US-Wertpapiere Geld investiert. Mit dem bildhaften Vergleich von schwanken Wasserständen, versuchte er die Zahlen über die Verluste der BayernLB zu rechtfertigen.
Die Opposition wirft Erwin Huber und den drei BayernLB-Verwaltungsräten der Staatsregierung weiterhin vor, seit Dezember 2007 das Parlament nicht im vollen Umfang über die Ausmaße der Finanzkrise der Bank informiert zu haben. So steht es auch im Dringlichkeitsantrag vom 03.04.2008 der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/ die Grünen.
Kurt Faltlhauser: Es wurde nicht gezockt
Erwin Hubers Vorgänger im Verwaltungsrat der BayernLB, Prof. Kurt Faltlhauser, verteidigte seinen Nachfolger Erwin Huber ebenfalls. Im August 2007 habe er über einen möglichen Verlust von damals geschätzten 400 Millionen Euro der BayernLB erfahren. Er fand es unverantwortlich, die Höhe dieses Defizites zu veröffentlichen. Zum selben Fazit gelangte auch der ehemalige Landesbankenchef Werner Schmidt bei seiner Zeugenvernehmung.
Nach wie vor ist offen, wann der bayerische Finanzminister Erwin Huber über die tatsächlichen Verluste der BayernLB informiert wurde. Dabei hätte er es sehr einfach gehabt, an die notwendigen Informationen zu gelangen. Der Art. 17 des Bayerischen Landesbankgesetzes regelt, dass die Staatsministerien der Finanzen und des Inneren die Rechtsaufsicht gegenüber dieser Bank inne haben. Diese Aufsichtsbehörden dürfen Kraft Gesetzes alle erforderlichen Anforderungen treffen, um den Geschäftsbetrieb der BayernLB im Einklang mit den Gesetzen, der Satzung und sonstigen Vorschriften zu erhalten. Offensichtlich wurde von dieser Möglichkeit wenig Gebrauch gemacht.
Am 12. Februar 2008 hat angeblich der damalige BayernLB-Chef Werner Schmidt den bayerischen Finanzminister Erwin Huber über einen aktuellen Verlust der Bank von in Höhe 1,9 Milliarden informiert. So der Ex-Bänker in seiner Zeugenaussage. Im Haushaltsauschuss des Bayerischen Landtages sagte Erwin Huber am selben Tag, dass es keine „belastbaren Zahlen“ über das aktuelle Defizit der BayernLB gebe. (Mittlerweile musste er einen Verlust von 4,5 Milliarden Euro einräumen). Dem entgegen steht die Aussage vom Ex-BayernLB Chef: Er sagte vor dem Untersuchungsausschuss aus, dass seit Juli 2007 die Verwaltungsräte wöchentlich über die Auswirkungen der US-Immobilienkrise informiert worden sind. Eine Relativierung erfuhr dieses Statement jedoch: Die Wochenberichte bezeichnete der ehemalige Bänker als Momentaufnahmen.
BayernLB lernt nicht aus Fehlern: Engagement auf dem britischen Immobilienmarkt
In einer Pressemitteilung vom 28.04.2008 berichtet die BayernLB, dass sie sich an der in diesem Jahr größten Immobilienfinanzierung in Großbritannien beteiligt hat. Besonders der Immobilienmarkt im Vereinigten Königreich befindet sich nach einem spekulativen Boom in einer schweren Krise. Für den Bishops Square Bau in der Londoner City wurden von der BayernLB 400 Millionen britische Pfund (etwa 50,50 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt. Auch wenn diese Immobilienfinanzierung besichert ist, ist es doch fraglich, wie der Verwaltungsrat der BayernLB dieses Projekt zulassen konnte. Besonders aufgrund der aktuellen Ereignisse mit dem Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtages und des desaströsen Engagements der BayernLB auf dem US-Immobilienmarkt. Ebenso fragwürdig erscheint eine Presseinfo des Verwaltungsrates der BayernLB vom 05.03.2008. Hierin erörtert das Gremium die Eckpnkte seiner zukünftigen Strategie. Mit der Beteiligung an den MKB Bank (diese gehört zur Landesbank Baden-Württemberg), Töchtern wie der Zrt und der Hypo Group Alpe Adria hält sich die BayernLB alle Optionen offen, um auch zukünftig im internationalen Geschäft mit dabei zu sein.
Bayern – der Klassenprimus
Oft wird die Frage gestellt, warum sich die BayernLB auf hoch spekulative Investments in den USA eingelassen hat, wo dort eigentlich nicht das satzungsgemäße Betätigungsfeld der Bank ist? Zum einen bemisst sich ein Teil der Vorstandsvergütung nach den Gewinnen. So steht in den Corporate Governance Grundsätzen der BayernLB: „ Die Vergütung der Vorstandsmitglieder wird vom Verwaltungsrat in angemessener Höhe festgelegt und umfasst fixe und variable d.h. gewinnabhängige Bestandteile“. Der US-Immobilienmarkt bot manchem Vorstandsmitglied der BayernLB offenbar die Möglichkeit, das eigene Salär noch oben zu korrigieren. Lange ging das Engagement auf diesem sehr spekulativen Markt gut, bis die Immobilienblase dort platzte.
Ein weiterer Grund für dieses finanzielle Drama der BayernLB liegt aber auch im Ehrgeiz der bayerischen Staatsregierung. Gerne ist man bundesweit der Klassenprimus. Neuverschuldung? Nicht in Bayern! Hohe Arbeitslosenquote? Doch nicht zwischen Aschaffenburg und Berchtesgaden! Sehr gut in das pralle Portfolio der Bayerischen Staatsregierung passte es da, eine ertragreiche Landesbank zu haben. Wo diese Erträge erwirtschaftet wurden, musste schließlich die Öffentlichkeit nicht interessieren. Wenn andere Landesbanken vermeintlich erfolgreich im Ausland tätig waren, konnte das Vorzeigebundesland Bayern nicht hinten anstehen. Nach und nach wurden offensichtlich alle Bedenken, der Aussicht auf Gewinne untergeordnet. Das Verhängnis nahm seinen Lauf.