Die Maschinerie, in die Elly Maldaque geriet, gibt es auch noch heute Eine Hans-Herrmann-Schule hat Regensburg. Bei Elly Maldaque hat es bislang nicht einmal für eine Straße gereicht. Ein entsprechender Antrag der FDP-Stadträtin Elke Wollenschläger für das Neubau-Gebiet Burgweinting wurde 1985 von der CSU abgelehnt – Begründung: Elly Maldaque war ein Opfer, aber nicht bedeutend genug, um ihr eine Straße zu widmen. Bedeutend war dagegen Hans Herrmann. Der war nicht nur Oberbürgermeister Regensburgs in den 50ern, sondern auch Bürgermeister während der Nazizeit. Die Schule, an der Elly Maldaque 17 Jahre lang unterrichtete, ist nach General Ludwig von der Tann benannt – aktiv im 19. Jahrhundert. Auch bedeutend – damals. Initiativen, die Schule nach Elly Maldaque umzubenennen blieben erfolglos. Immerhin erinnert dort mittlerweile eine Gedenktafel an die Lehrerin, der ihr Interesse für die falsche politische Gesinnung zum Verhängnis wurde. Sie wurde von Nazis bespitzelt – im Auftrag der Polizei. Ihre Wohnung wurde durchsucht. Man fand nichts, kopierte aber ohne ihr Wissen Auszüge aus ihrem Tagebuch. Aus Überwachungsprotokollen und Auszügen privater, emotionaler und schwärmerischer Aufzeichnungen wurde eine vermeintliche „falsche” Gesinnung konstruiert. Es folgte die Entlassung im Juni 1930 mit Verlust aller Ansprüche. Einige Tage versuchte die 36jährige noch sich zu wehren und musste verarbeiten, das sie stand als Alleinstehende nun völlig mittellos war, zurück zu ihrem religionsfanatischen Vater ziehen musste und über Monate hinweg überwacht worden war. Grund genug, einen Nervenzusammenbruch zu erleiden. Grund genug, sie quasi für verrückt zu erklären? Für einen Regensburger Amtsarzt offenbar schon. Sie landete in Karthaus – der Irrenanstalt. Nach neun Tagen starb sie dort unter bis heute ungeklärten Umständen. Nicht Nazis, „Gleichgültigkeit, Intoleranz und Inhumanität” seien „die Eckpfeiler” des Todes von Elly Maldaque gewesen, so das Fazit von Evelin Rebentrost. Die Lehrerin am Gymnasium Neutraubling hat bereits vor geraumer Zeit zusammen mit Schülerinnen und Schülern ein Theaterstück inszeniert. Titel: „Elly Maldaque – eine Zerstörung”. Zerstört worden sei Elly Maldaque durch die Gleichgültigkeit und aktive Mitwirkung von Regensburgern, Behörden und Einzelpersonen. Die Regensburger Polizei, Dr. Corde von der Irrenanstalt Karthaus, einem Rechtsanwalt Weinmann, der sie wegen eines emotionalen Ausbruchs in seiner Kanzlei der Polizei übergab, einem Schulamt, das auf Basis von Gesinnungsschnüffelei die Entlassung von Elly Maldaque vorantrieb. „Sie war Regensburgerin und Regensburger haben ihr das angetan”, betont Evelin Rebentrost am Mittwochabend mehrfach. Doch nicht nur in ihren Augen ist das bedeutend genug, um Elly Maldaque ein würdiges Andenken zu gewähren. Auch die zahlreichen Anwesenden im vollen Saal des Evangelischen Bildungswerks sehen das so. Einige engagieren sich. Seit geraumer Zeit gibt es eine Initiative zur Umbenennung des Unitheaters in Elly-Maldaque-Theater – die stößt auf den Widerstand des Studentenwerks, trifft aber auch das Unverständnis der meisten Theatergruppen an der Uni und ist vielen Studenten bislang unbekannt. Über 500 Unterschriften für eine Umbenennung gibt es dennoch, doch das Sammeln läuft zäh. Von den Anwesenden im Bildungswerk gibt es größtenteils Zustimmung für die Aktion des Künstlers Kurt Raster. Fast noch mehr Anklang findet der Vorschlag, es doch noch einmal mit der Von-der-Tann-Schule zu versuchen. Immerhin haben sich die Mehrheiten im Stadtrat mittlerweile geändert. Vielleicht auch die Denkweise. „Jeder wird fragen, warum diese Schule so heißt.” So bliebe der Name Elly Maldaques ebenso im Gedächtnis wie ihr Schicksal, glaubt Evelin Rebentrost. Warum diese Erinnerung nicht nur als späte Wiedergutmachung an Elly Maldaque, „Bitte um Vergebung” nennt es Rebentrost, wichtig ist, sondern ganz aktuell, weiß Gotthold Streitberger. Er engagiert sich seit über 20 Jahren bei der BI Asyl für Flüchtlinge und erzählt vom Schicksal einer türkischen Familie – einer Mutter mit ihren beiden Söhnen. Asylbewerber. 2006 stand bei den dreien die Polizei in Begleitung eines Amtsarztes aus Neumarkt vor der Tür. Ein Sohn, der bereits zwei Selbstmordversuche unternommen hatte, wurde „wegsortiert”, so Streitberger. Die Mutter und der zweite Sohn seien in den Polizeibus gesteckt „gefesselt” zum Flughafen nach Düsseldorf gebracht worden. Die Frau fiel in Ohnmacht. „Transportfähig” befand der Amtsarzt. Sie verletzte sich kurz vor der Ankunft in Düsseldorf selbst. Der Amtsarzt verließ den Ort des Geschehens. Nur weil das Flugzeug nach Istanbul wegen der Wetterbedingungen nicht starten konnte, wurden Mutter und Sohn zurück nach Regensburg gebracht – ins Bezirksklinikum. Im Herbst 2007 stand der zweite Versuch zur Abschiebung an. Die Ärzte, von denen die türkische Frau während der zurückliegenden Zeit betreut worden war, sollten außen vor bleiben. Erneut wurde der Amtsarzt aus Neumarkt gerufen, um über ihre Transportfähigkeit zu befinden. Die Frau erlitt einen Zusammenbruch. Trotzdem: Es habe viel Mühe gekostet, um diesen Arzt zu verhindern. Streitberger: „Der Bezug zu heute ist da. Man muss nicht Nazi sein, um unmenschlich und gleichgültig zu handeln.” Eigentlich ein Grund, der bedeutend genug sein sollte, um an Elly Maldaque zu erinnern. Die Reihe des Evangelischen Bildungswerks zu Elly Maldaque wird am 4. April fortgesetzt.
Archiv für 13. März 2008
„Kanake” bleibt – gerichtlich – ohne Nachspiel
Herbert Schlegl und seine Anhänger können aufatmen: Nachdem er bezüglich seiner am 2. März im Bischofshof ausgesprochenen „Kanaken“-Betitelung dieser Tage eine „strafbewehrte Unterlassungserklärung“ unterzeichnet hatte, war zunächst der zivilrechtliche Teil seiner Entgleisung vom Tisch. Genugtuung auch für seine Kritiker und Widersacher: Vergangenen Samstag räumte er – wohl alles andere als freiwillig – seinen Platz als […]
Kein Herz für Gärtner – Amaro erhält Beistand
Der Guerilla-Gärtner vom Peterstor hat ab sofort einen Strafrechts-Prof an seiner Seite Vorneweg: Eine dicke Entschuldigung! Die Stadtverwaltung liebt Grün. Garteln und Gartenkunst ist momentan – nicht nur wegen der Entente florale – groß angesagt in Regensburg. Haben wir doch in der Dienstag-Ausgabe den Eindruck erweckt, dass Amaro Ameise, dem wilden Gärtner am Peterstor von […]
Eine kleine Auszeit für die antifaschistische Ader
Sauber hingekriegt hat Hans Schaidinger das! Weil nur Linke und CSB eine Empfehlung zur Stichwahl aussprechen (für Wolbergs), sieht sich der CSU-Oberbürgermeister(-Kandidat) gestärkt. Warum? Weil „nur ganz Links und ganz Rechts” den Herrn Wolbergs empfehlen, meint er. Und das ist für Schaidinger „ein deutliches Signal, was die bürgerliche Mitte sagt”. Da hat er die Unentschiedenheit […]
CSU: Rudi Eberwein will Fraktions-Vorsitz nicht
In neuer Fraktion will er „Platz für Jüngere machen” Das Kandidatenkarussell dreht sich weiter. Wie Rudi Eberwein verriet, hat er keine Ambitionen, den Vorsitz der CSU-Fraktion auch in der neuen Stadtratsperiode zu übernehmen. „Ich habe diese Fraktion in den Beginn hinein geführt, jetzt begleite ich sie noch bis zum Ende.” Dann wolle er den Platz […]
Vorfahrt übersehen! Biker schwer verletzt
Zwei Verletzte forderte ein Verkehrsunfall gestern am späten Nachmittag 16.45 Uhr). Ein Autofahrer hatte an der Kreuzung Donaustauferstraße – Künische Straße die Vorfahrt missachtet und holte einen Motorradfahrer von seinem Bike. Während sich der Autofahrer lediglich leichte Verletzungen zuzog, erlitt der Motorradfahrer einen offenen Beinbruch. Beide mussten ins Krankenhaus. Mehrere Rettungsfahrzeuge, Feuerwehr, Polizei und Abschleppdienst […]
Vorsicht! Tonnenweise Gefahrgut
Ferrosilicium. 20 Tonnen dieses Stoffs, der bei entsprechender Luftfeuchtigkeit giftige Dämpfe abgibt, transportierte ein rumänischer Sattelzug, den Beamte des Gefahrguttrupps der Regensburger Verkehrspolizei vor einigen Tagen kontrollierten. Der 38jährige Fahrer kam aus Rotterdam und wollte mit seiner Fracht nach Bukarest. Daraus wurde nichts. Auf ihn und seine Auftraggeber warten Geldstrafen zwischen 1.500 und 8.500 Euro. […]
Strohballen-Mord: Wie viele Teile hat das Puzzle noch?
Oberstaatsanwalt Klaus Dieter Fiedler wartet weiter auf „seine Stunde” Der sechste Verhandlungstag vor dem Schwurgericht Regensburg gegen den 28jährigen Thomas L. (wir berichten laufend hierüber) war der Tag des Gerichtsmediziners, der die Leiche des 48jährigen Karl Herzog aus Bogen obduziert hatte. Mit seiner Bemerkung, es gäbe „grenzenlose Möglichkeiten der Spekulation“ brachte er es auf den […]