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Archiv für 7. März 2008

„Wenn Sie es wollen, sollen sie es haben.” Gestern erhielten die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst von den Regensburger Gewerkschaftlern eine klare Ansage. Foto: AignerAcht Prozent mehr! 800 Beschäftigte demonstrieren vor dem Alten Rathaus

Irene Salberg ist nur 1,58 Meter groß, aber als die stellvertretende Geschäftsführerin von verdi Oberpfalz vor rund 800 mit Tröten und Trillerpfeifen bewaffneten Gewerkschaftlern unterm Alten Rathaus steht, wirkt sie mehr als nur ein paar Zentimeter größer. „Wir sind nicht geil drauf, aber wenn die Arbeitgeber Streiks wollen, dann können sie sie haben. Wir fürchten uns nicht.” Die Stimmung ist aufgeheizt, aber gut. Dass Salberg sichtlich erfreut ist, kann man verstehen. Selten finden Aktionen der Gewerkschaft in Regensburg so viel Zuspruch. In ihrer Mittagspause haben sich auch Beamte den Streikenden angeschlossen, die aus nahezu allen Bereichen der Stadt Regensburg – z.B. Museen, Müllabfuhr, Feuerwehr, ARGE – stammen. Besondere Aufmerksamkeit wird den Beschäftigten der Verwaltung und 23 Kindertagesstätten gewidmet. Sie sind heute zum ersten Mal dabei.

Seit Januar dauern die Tarifverhandlung des Öffentlichen Dienstes an. Innenminister Wolfgang Schäuble ist der Verhandlungspartner der Gewerkschaften, die für rund 1,3 Millionen Beschäftigte bundesweit acht Prozent mehr Lohn fordern. Bei der Stadt Regensburg sind davon über 3.500 Menschen betroffen, „die zum Teil von Gehältern knapp über Hartz IV leben müssen”, so Salberg. Die Arbeitgeber bieten offiziell fünf Prozentl. Salberg rechnet vor, dass es mit Erhöhung der Arbeitszeit auf 40 Stunden nicht mal 2,5 Prozent sind. „Buh”-Rufe. Dass Bürgermeister Gerhard Weber versucht haben soll, Kinderbetreuerinnen vom Streik abzuhalten, sorgt aber für mehr Verärgerung.

„Wir warnen. Wir sind Oberpfälzer.” Und die sind stur. Kämpferisch zeigten sich die Gewerkschaftler gestern um 11.30 Uhr vorm Alten Rathaus. Fotos: AignerPfiffe gegen Bürgermeister Weber. Er hatte entgegen der Absprache mit der Gewerkschaft einen Notdienst in den Kitas angeordnet.


Webers Notdienst-Anordnung: Die Gewerkschaft prüft rechtliche Schritte

Im Vorfeld des Warnstreiks am Donnerstag hatte die Gewerkschaft laut verdi-Bezirksgeschäftsführer Alexander Gröbner dafür gesorgt, dass an den Kindertagesstätten „100 Prozent der Eltern” im Vorfeld informiert waren, um den dort Beschäftigten eine Teilnahme am Streik zu ermöglichen. Bürgermeister Gerhard Weber hatte via Medien quer geschossen. Er versprach für die Morgenstunden einen Notdienst und gab Anweisung an die Kita-Leitungen, eine Person für den dafür bereitzustellen. „Um zu gewährleisten, dass kein Kind weinend vor der Tür steht”, so Weber gegenüber verschiedenen Medien.

„Weber hat die Vereinbarung mit verdi gebrochen”, entgegnet Gröbner dazu. An seine Ankündigung hätte sich rein rechtlich kein Mitarbeiter zu halten brauchen. „Das war ein klarer Versuch, Angestellte am Streik zu hindern”, so Gröbner zu den Anwesenden. Nun prüft verdi juristische Schritte gegen die Stadt. Sei es, wie es will: Um 11.30 waren alle Beschäftigten der Kindertagesstätten vor Ort, um zu streiken.

Gerade auf die Politik reagiert verdi in der aktuellen Tarifauseinandersetzung besonders empfindlich. Die sei der direkte Verhandlungspartner für die Gewerkschaften. Und während man sich im Bundestag eine Diätenerhöhung von neun Prozent gönne, in Bayern 600 Steuer- und Betriebsprüfer einspare und so „auf sechs Milliarden Euro Steuern pro Jahr verzichtet”, wie Gröbner kritisierte, vernichte man bei der Daseinsvorsorge, dem öffentlichen Dienst seit zehn Jahren kontinuierlich Arbeitsplätze – 1,5 Millionen an der Zahl.

Eine Mutter brachte ihre Meinung gegen Ende der Kundgebung auf den Punkt: „Es kann nicht sein, dass sich Erzieherinnen einen Nebenjob suchen müssen, um genügend Geld zu verdienen. wie sollen sie dann noch Kraft für unsere Kinder haben.”

Noch am selben Tag machten sich Regensburger Vertreter am Verhandlungstisch mit den Arbeitgebern auf nach Potsdam. Irene Salberg meinte dazu nur: „Es geht dort nicht mehr um Fakten und Argumente. Die Arbeitgeber verstehen offenbar nur noch die Sprache des Streiks.” Und den will man, davon ist Salberg überzeugt, auch lange durchhalten. Oberpfälzer sind stur.

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