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„Graffiti“ in der Altstadt: Gemeinsames Handeln statt kollektiver Ordnungswahn

Haben Konzepte gegen ästhetisches Analphabetentum: Morsbach, Götz und Brekle. Fotos: Aigner

Erfreut war der eine oder andere Hausbesitzer in der Regensburger Altstadt, als er vom Vorstoß des CSU-Fraktionsvorsitzenden Christian Schlegl erfuhr. Der hatte Mitte Januar einen Antrag an die Verwaltung gerichtet, um Konzepte zur Bekämpfung von Graffiti-Schmierereien prüfen zu lassen. Von Zuschussmodellen für private Hausbesitzer ist die Rede, von einem Graffiti-Beauftragten und von sozialpädagogischen Maßnahmen. Das klingt vielversprechend und freut nicht nur Hausbesitzer, sondern auch die Regensburger Altstadtfreunde. Der traditionsreiche Zusammenschluss Regensburger Bürgerinnen und Bürger hatte der Stadtverwaltung Ähnliches bereits im Juli 2006 vorgeschlagen. Doch weder bei der Verwaltung, noch bei den Stadtratsfraktionen oder in bürgermeisterlichen Büros stießen die Denkanstöße auf nennenswerte Resonanz.

Und so trafen sich am Freitag Dr. Peter Morsbach, Professor Herbert Brekle und Dr. Thomas Götz am Freitag mit Medienvertretern, um ihr Konzept im Kampf gegen Schmierereien nach langem Warten auch der breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Vorneweg: Als Graffiti wollen die drei besagte Schmierereien nicht bezeichnet wissen. „Das ist eine Kunstform. Was sich in der Altstadt abspielt, ist ästhetisches Analphabetentum“, sagt Thomas Götz am „Tatort“ Einhorngässchen, wo sich diese Einschätzung eindrucksvoll belegen lässt.

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Aus zehn europäischen Städten – von Pforzheim bis Bologna – haben die Altstadtfreunde Erfahrungen und Konzepte zusammengetragen, die sich bewährt haben. Nun werde es Zeit, diese Anregungen auch in Regensburg aufzugreifen, fordern die drei. „In den letzten Jahren hat das Problem erkennbar zugenommen“, so Morsbach. Das habe auch mit einer gewissen Tatenlosigkeit der drei größten Immobilienbesitzer – Stadt, Freistaat und Kirchenverwaltung – zu tun.

Insbesondere das schnelle Entfernen von Tags, überdimensionierten Penissen oder Sprüchen wie „Fick Türke“ (an der Stadtmauer beim Peterstor) sei ein wesentlicher Baustein, um langfristige Erfolge zu erzielen, erläutert Götz die gesammelten Erfahrungen. „Wo nichts passiert, nehmen die Schmierereien zu.“ Das zeige unter anderem der bunt besprühte Trunzerblock am Donaumarkt. „Das greift mittlerweile in die ganze Ostnerwacht aus“, so Morsbach.

Und abgesehen davon, dass das für Privatbesitzer ein zeit- und kostenaufwändiges Prozedere ist, die Fassaden regelmäßig zu reinigen, fehle es eben vor allem bei den Immobilien von Stadt, Freistaat und Kirchenverwaltung an einem konsequenten Vorgehen. „Man bekommt den Eindruck, als hätten die drei schon resigniert“, sagt Brekle. Erst wenn hier ein Umdenken einsetzt, machen auch Anstrengungen privater Hauseigentümer wirklich Sinn.

Zur Galerie im Einhorngässchen ...

Ein paar Beispiele aus anderen Städten: In Bologna arbeitet die Stadt mit den dortigen Handwerkervereinigungen zusammen, um Hausbesitzern Sondertarife für eine schnelle und kostengünstige Reinigung bieten zu können. Die Stadt hat dafür einen Geldtopf von 170.000 Euro bereitgestellt. In Bielefeld gibt es ein sogenanntes stadtklar-Mobil, eine schnelle Eingreiftruppe qualifizierter Handwerker, die aus einem Topf finanziert werden, in den jeder Hauseigentümer jährlich 30 Euro einzahlt. Ebenso in Pforzheim oder Freiburg. Da wäre doch ein ähnliches Modell für Regensburg denkbar, oder?

Einer der darauf wartet, ist Erich Gerlach. Von der Fassade seiner Schmuckwerkstatt in der Weingasse entfernt er alle vier bis sechs Wochen die Sprühereien. Was die Stadt tun soll? „Wichtig ist, dass endlich irgendetwas passiert“, sagt er sichtlich genervt. Das könnte nun der Fall sein. Immerhin hat Christian Schlegl einige Vorschläge der Altstadtfreunde in seinem Antrag aufgenommen. „Bei Vorschlägen die von außen kommen reagiert die Verwaltung inklusive Spitze immer etwas zurückhaltend“, meint Professor Brekle. Nun kommt die Anregung von der Mehrheitsfraktion. „Das begrüßen wir und hoffen, dass nun endlich gehandelt wird.“

P.S.: Dass der Ordnungsdienst, den die Stadt Mitte des Jahres zum Einsatz bringen will, die Situation in Sachen Schmierereien entspannen könnte, wie zuletzt von Oberbürgermeister Hans Schaidinger prophezeite, glauben die Altstadtfreunde übrigens nicht. Thomas Götz: „Ein Ordnungs- und Sicherheitsfanatismus bringt gar nichts. Es geht darum, dass die Gebäude gereinigt werden. Das sind auch die Erfahrungen anderer Städte.“ Ein Katz-und-Mausspiel mit den städtischen Ordnungshütern könnte für manche Sprayer dagegen erst der „richtige Kick“ sein.

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Kommentare (4)

  • Audroel Rumpelstilzchen-Maulwurf

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    Die sogenannte Schmiererei im Einhorngässchen ist große Kunst, die treffend darstellt wie man durchs Leben gehen sollte. Ich bin beeindruckt!
    Bunt und sinnentleert soll es wohl sein das echte Graffitti – eine Modeerscheinung und kein Statement, dem man dann noch in einer kleingeistigen Verharmlosungsstrategie das Prädikat Kunst umbindet!
    Das rassistische und intollerante Schmiererreien
    überpinselt werden müssen versteht sich von selbst, Aber da reicht auch ganz billige Farbe und etwas Putz – Als Statement. Das kann sich jeder Hausbesitzer selbst leisten. Diese Stadt ist mir zu sauber.
    Übrigens:
    In der Kunstzeitung wird geschmiert und zwar über echte(pseudo)Kunst die niemnaden zu interessieren braucht der nicht genug Kohle hat. – Am besten einfach nicht anschen oder lesen, denn
    dadurch ensteht mehr Schaden im öffentlichen Bewußtsein. Einen einser BMW halte ich übrigens auch für Schädlich, sehen das die drei Herren auch so?
    Schön das es Graffiti (Schmierereien) gibt, die es nicht nötig haben sich so auszukotzen, wie ich das gerade tat, sondern einfach nur anregend und schön sind.
    GEZ:MAULWURF

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  • Joachim Datko

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    Nano-Partikel gegen Graffiti-Schmierereien

    In manchen Fällen kann man scheinbar mit einer Nano-Partikel-Beschichtung gute Resultate erzielen.
    siehe z.B. google.de
    Suchworte: nanopartikel graffiti

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  • Audroel Rumpelstilzchen-Maulwurf

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    Als Experte möchte ich dem Herrn Schmuck Künstler die Frage aufwerfen, ob dieser nicht unter der Finanzkrise viel stärker zu leiden hat als unter den Tags die nun so schön seine Markierung “galerie” in Szene setzen und den Weg weisen. Wer soll das alles zahlen? Vielleicht sollte er sich von der Stadt eine Verrschrottungsprämie für seine Galerie abholen und sich einen Parkplatz in der Mittelaltergarage vor dem einstigen Eingang zum Juz Weingasse schnabulieren.
    Aber wer weis vielleicht hat er ja garkein Auto, so wie die Teenies die im was ans Eck vor die Nase Taggen und das schon seit bevor er in Erscheinung getreten ist, nur eben nicht so schön um seine “galerie”. In diesem Fall stellt sich der Fall z.B. ganz anders dar und ich werde seiner Werkstatt mal einen Sondierungsbesuch abstatten und lockerflockig hereinschneien:”Jetzt kann ich mir sicher sein, sie machen sich nicht mit dem Weltkultursterbe gemein.
    Auf gute Zusammenarbeit!”
    Ein Sprühramen dessen Inhalt und Umgebubg er kontrolliert wäre auch nicht verkehrt (für ihn).
    Sprüche wie “Ne travailles jamais.” oder “Unter den Pflastersteinen der Strand (Kampfkunst raubt mir den Verstand)” könnten zahlungskräftige Kundschaft anlocken!
    Hoffentlich keine Hunde.
    Schmieren im Internet, das macht Spaß und ist nett (gemeint).

    mfg:Maulwurf
    @Joachim Datko:
    Moderne Technologie gegen Don Quichote! Teffend!

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  • Moderne Zeiten

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    Es ist natürlich schon lang ein umstrittenes Thema, dieses Graffiti. Klar kann man nachvollziehen, dass sich der ein oder andere Hausbesitzer über Schmierereien aufregt, besonders wenn irgendein trunkener Idiot seine faschistischen Parolen an eine Wand kritzelt.
    Dennoch kann man solche Kritzeleien nicht mit Graffiti in einen Topf werfen – ein Graffiti Künstler würde sich eher die Kugel geben, als mit einem Schmierfink auf eine Stufe zu stellen. Leider ist Graffiti nicht immer gleich Graffiti – es gibt Künstler, die beeindruckende Werke schaffen, leider aber auch heranwachsende Jugendliche, die sich selbst überschätzen und grauenvolles zu Tage bringen… Graffiti an sich ist außerdem eine Kunstform, der sich natürlich nicht jeder kleingeistige, konservative Bayer öffnen kann – aber auch das ist ja irgendwo nachvollziehbar. Diese Kontroverse also nur sehr gut verständlich… Aber es gibt zum Beispiel im Internet spezielle Deckfarben zu bestellen, die die Entfernung gut möglich machen, genauso wie Lösungen etc.

    man siehe http://www.anti-graffiti-shop.de

    Dagegen vorzugehen, halte ich für falsch, denn Graffiti hat sich zu einer Kultur entwickelt und gehört nunmal zum Stadtbild, ob das nun einige wollen oder nicht – und es gibt genug Menschen die Gefallen an den Gemälden finden.

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Kommentare sind deaktiviert

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