16 Feb2011
Zwei-Klassen-Gesellschaft bei Kirchen-Brauerei?
„Wenn sich heute unter ganz anderen politischen und ökonomischen Bedingungen ein so profanes Unternehmen wie eine Bierbrauerei im Besitz einer Diözese befindet, dann stellt sich der wache Zeitgenosse die Frage nach der Rechtfertigung einer solchen Verknüpfung von Kirche und Wirtschaftsunternehmen.“ Bischof Gerhard Ludwig Müller bei einer Predigt anlässlich des 360. Jubiläums der Brauerei Bischofshof
„Wir sind Bischofshof“. Zufrieden lächeln die Angehörigen der Bischofshof-Familie, „Bischofshoferer“ genannt, unter diesem Slogan von Plakatwänden und aus Zeitungsannoncen. Ob nun Brauer oder Gastroberater, Techniker, Qualitätskontrolleurin und Stapler- oder Bierfahrer – sie alle sind Bischofshof. Doch für einige von ihnen wird dieses Bekenntnis ab dem 1. April nicht mehr gelten.
Ein Drittel der Beschäftigten wird ausgegliedert
Zu diesem Datum will das kircheneigene Unternehmen etwa ein Drittel seiner 76 Beschäftigten in eine neue Logistik GmbH ausgliedern. Die Gewerkschaft NGG (Nahrung Genuss Gaststätten) spricht von „einem Schlag ins Gesicht der Beschäftigten“. Brauereidirektor Hermann Goß beschwichtigt: Mit der Auslagerung habe Bischofshof die Möglichkeit, „zusätzliche Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu schaffen“. Ziel der Geschäftsführung und des Eigentümers – der Diözese Regensburg – sei es, „dass bestehende Mitarbeiter keine Nachteile erfahren“. In ersten Verhandlungen mit dem Betriebsrat hörte sich das allerdings noch anders an. Zuletzt am Montag forderte die Geschäftsführung eine Verlängerung der Arbeitszeit von 38 auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich. Ebenso sollen ältere Angestellte auf den bislang tariflich zugesicherten Freizeitausgleich verzichten. In einem Fünf-Jahres-Plan, den das Unternehmen vorgelegt hat, sei zudem keine Rede von mehr Arbeitsplätzen, heißt es aus dem Betriebsrat. Die Stimmung im Betrieb sei denn auch „beschissen“, sagt Gewerkschaftssekretär Rainer Reißfelder.Bis zu 30 Prozent weniger Lohn
Mit der Abspaltung der Logistik GmbH würden die Angestellten in Fuhrpark, Verwaltung, Verkauf und Verpackung aus dem derzeit gültigen Brauer-Tarif herausfallen. Schlimmstenfalls könnte am Ende der Speditionstarif gelten. Statt mindestens 16,63 Euro brutto die Stunde stünden dann knapp elf Euro. „Wenn wir bei den Verhandlungen keinen Haustarif hinbekommen, wären das, alles zusammengerechnet, bis zu 30 Prozent weniger Lohn für Neueinstellungen“, so Reißfelder. Auf Bundesebene stellen die Arbeitgeber im Brauerbund seit längerem entsprechende Forderungen, um bei den Löhnen sparen zu können. Es laufen Verhandlungen mit der Gewerkschaft. „Aber offenbar will man in Regensburg Vorreiter sein und zeigen, wie man das einfach so im Alleingang durchziehen kann“, so Reißfelder.
Sparmaßnahme trotz Umsatzplus
Vor dem Hintergrund, dass die Brauerei Bischofshof zur Knabenseminarstiftung der Diözese gehört und diese durch Bischof Müller selbst geleitet wird, könne die Belegschaft nicht nachvollziehen, „dass es in einem solch christlichen Betrieb eine Zwei-Klassen-Gesellschaft geben soll“. Brauereidirektor Hermann Goß spricht dagegen von einem nicht nachvollziehbarem Versuch der Gewerkschaft, „einen Keil zwischen Mitarbeiter und Geschäftsführung zu treiben“. Dass Bischofshof die Abspaltung der Logistik GmbH gerade jetzt forciert, begründet Goß mit der Notwendigkeit, „das Unternehmen in einem schrumpfenden Biermarkt neu auszurichten“. Doch tatsächlich läuft das Geschäft bei Bischofshof blendend. Alljährlich produziert das Unternehmen 200.000 Hektoliter Bier und Limonaden und exportiert mittlerweile in 16 Länder. Trotz des harten Konkurrenzkampfes und der Flaute auf dem Biermarkt konnte Bischofshof seinen Umsatz entgegen dem Trend sogar steigern. Im vergangenen Jahr vermeldete Goß ein Plus von drei Prozent.
„Ich wünsche der Brauerei Bischofshof mit all ihren Angestellten weiterhin viel Erfolg, um so den Zweck der Stiftung, nämlich die Förderung des Priester-Nachwuchses in der Diözese zu gewährleisten.” Bischof Gerhard Ludwig Müller in einer Werbebeilage anlässlich des Brauerei-Jubiläums
Indianer
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Saufen, um Klerus zu generieren! Tsss. Aber so wird das eh nix! Wem schmeckt das BH-Gebräu eigentlich? Es gibt besseres Bier! Um die MitarbeierInnen tut es mir freilich leid, wenngleich die Testimonials voll daneben sind. Werber-Preis winkt da auch keiner. Wir sind Bischofshof, wir sind Regensburg, du bist Deutschland.
Lothgaßler
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Das kommt so überraschend nun wirklich nicht.
Bei sozialen Berufen soll das öfters vorkommen, gerade bei kirchlichen bzw. kirchennahen Institutionen.
Ja mei, die Kirche muss die Kirchensteuer-Verluste irgendwo wieder reinholen.
Veronika
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Ist hier wirklich jemand überrascht? Also ich bin – Gott sei Dank – mittlerweile derart von der Katholischen Kirche Deutschlands “ent-täuscht”, dass ich wirklich froh bin diese Erfahrungen gemacht zu haben. Wir haben es hier doch mit einem Wirtschaftskonzern zu tun, der nur darauf aus ist, Gewinn zu machen. Menschen, oder gar die Sorge um deren Seelen sind ein gutes “Zugmittel”, mehr nicht. Ich bin jetzt nur noch gespannt, was sich alles ereignen wird, wenn der Papst im September das sog. “Reichskonkordat v. 1933” nahezu aufgekündigt hat. Dann werdet Ihr ältere und/ oder höhergestellte Geistliche nur noch elektronisch, bzw. überhaupt nicht mehr erreichen können, denn wenn die Jüngeren dann von der Kirche/ dem Kirchenvolk selbst bezahlt werden müssen, müsste hier etwas abgegeben werden. Darauf aber werden die Mitbrüder lange warten können!
Prosit!
Matthias
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Zahlt ja keiner mehr Kirchensteuer… irgendwie müssen die ja das Geld wieder reinholen, damit sich der Bischof seine luxuriöse Wohnung und Kunstgegenstände finanzieren kann… Es muss überall gespart werden, nur nicht im eigenen Haus… und die kleinen müssen logischerweise zuerst dran denken…
Helga
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Zweiklassengesellschaft bei kirchlichen Einrichtungen? Wie überaus christlich!
Die Angestellten tun mir leid. Ich trinke nicht viel Bier, aber wenn – das bestimmt nicht mehr!
peter sturm
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@ lothgaßler
“Bei sozialen Berufen soll das öfters vorkommen, gerade bei kirchlichen bzw. kirchennahen Institutionen”
nun ja.
leider werden sie von staatlicher seite, ganz legal(meistens wenigstens), übertroffen.
es gibt kirchen die mittlerweile weltliche vereine gründen um nach dem unsäglichen tvöd zahlen zu können.
und staatliche stellen die eine gmbh gründen um wiederum diesen unterlaufen zu können!
da wären mal ein paar g’scheite arbeitskämpfe angesagt.
Großinquisitors Abschied | Regensburg Digital
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[…] „für die gute Zusammenarbeit“. Das Bischofshof-Bier war in der Vergangenheit schon die eine oder andere Predigt im Dom St. Peter wert. Dank „für die gute Zusammenarbeit“: Die Brauerei […]