„Wir sind keine Bittsteller.“
Kostenloses W-LAN soll es laut Koalitionsvertrag auf allen größeren Plätzen in Regensburg geben. Der Freifunk-Verein arbeitet daran schon seit Längerem – ganz ohne Förderung.
„Die Breitbandversorgung in Regensburg ist auszubauen. Es sollen im gesamten Stadtgebiet mindestens 50 Mbit/Sek. gewährleistet sein. Wir werden an viel frequentierten öffentlichen Plätzen kostenloses WLAN zur Verfügung stellen.“
So steht es im Koalitionsvertrag der aktuellen Stadtregierung, über dessen Fortschreibung sich die Koalitionäre derzeit den Kopf zerbrechen. Als offiziell abgearbeitet gilt dieser Punkt bislang noch nicht. Allerdings arbeitet seit dem Spätsommer 2014 der Regensburger Freifunk-Verein – weitgehend abseits von Politik und ohne Förderung – daran, diesem Ziel ein Stück näher zu kommen. Ein Gespräch mit Bastian Mäuser und Clemens Grünewald.
Ihr habt 2014 in Regensburg angefangen. Wo überall gibt es mittlerweile kostenloses W-LAN über Freifunk?
Bastian Mäuser: Genau kann man das auf unserer Homepage abrufen. Versorgt sind auf jeden Fall alle größeren Plätze. Und das Angebot erfreut sich großer Beliebtheit. Wir haben am Tag zwischen 3.000 und 4.000 User.
Clemens Grünewald: In der Vorweihnachtszeit haben wir von Aruba richtig teures Equipment bekommen und als Aktion den fürstlichen Weihnachtsmarkt und den Neupfarrplatz mit W-LAN in richtig guter Qualität versorgt. Zu Spitzenzeiten waren da 180 bis 200 Leute online.
180 – das hört sich jetzt gar nicht nach so vielen an.
Grünewald: Jemand, der sich Internet am Handy leisten kann, der nutzt ja meist das. Aber es gibt genügend Leute, die ein Smartphone haben und keinen Internettarif. Die nutzen das expliziter als jemand, der die Wahl hat. Auch bei Touristen spielt W-LAN eine hohe Rolle. Man braucht nur in Hotels zu schauen. Wir arbeiten da mit einigen zusammen. Gäste im Münchner Hof können zum Beispiel über den Neupfarrplatz bis zum Domplatz Freifunk nutzen.
Der Vertrag der bunten Koalition sieht vor, alle größeren Plätze mit W-LAN von 50 Mbit pro Sekunde zu versorgen. Ist das mit Freifunk zu machen?
Grünewald: Theoretisch kann man das zum Beispiel am Neupfarrplatz schon jetzt haben, wenn nicht 50 Leute gleichzeitig online sind. Der ist mit einer Richtfunkstrecke über einen Standort im Uni-Bereich ans Netz angebunden. Wenn man eine bessere Qualität haben will, muss man etwas mehr Geld in die Hand nehmen.
Wie viel?
Mäuser: Wenn man jetzt mal den Weihnachtsmarkt als Richtwert nimmt, dann wären das pro Platz grob überschlagen vielleicht 2.000 Euro Initialkosten und etwa 150 Euro laufende Kosten im Monat. Mit günstigerem Equipment wird es ab 50 Nutzern etwas dünn.
Das klingt nicht teuer. Gibt es Kontakt zur Stadt? Wird das gefördert oder sonstwie unterstützt?
Grünewald: Es gibt einen Prüfantrag vom April, der im Moment die Verwaltung durchläuft. Wir waren mal zu einem Gespräch beim obersten IT-Mann bei der Stadt und hatten das Gefühl, dass er uns ganz cool findet. Irgendetwas Offizielles gibt es bislang noch nicht, wir sind aber guter Dinge, dass die Stadt uns unterstützen wird. So deuten wir auch einige Aussagen des Oberbürgermeisters zu bürgerlichem Engagement.
Mäuser: Beim Landratsamt war es da schon schwieriger. Da wurden wir immer etwas in die halblegale Ecke gestellt. Dabei müsste man sich nur mal damit beschäftigen, was deutschlandweit so passiert. Nordrhein-Westfalen hat die Förderung von Freifunk beschlossen, oder Sachsen-Anhalt. Dann gibt es Städte wie München, Hamburg oder Berlin, die diese Initiativen fördern. Die wissen doch, was sie tun. Aber wenn man es nicht will, dann will man es halt nicht. Ist auch ok. Wir sind keine Bittsteller. Wir bieten Hochtechnologie an, die man unterstützen kann. Dann ginge es eben schneller, aber wir machen das auch so. Wir haben ungefähr 20 Mitglieder und wenn wir Geld brauchen, dann wird da gesammelt.
Die Qualität des Freifunk-Netzes würde sich ja auch verbessern, je mehr Leute sich beteiligen, oder? Was muss man denn als stinknormaler User ohne größere Kenntnisse dafür tun?
Mäuser: Man bespielt Router mit unserer Software, stellt den Router auf und entscheidet, wie viel man von seinem Anschluss für Freifunk freigibt. Je mehr Leute sich beteiligen, desto größer wird die Flächenwirkung. Welche Geschwindigkeit das Freifunk-Netz dann hat, hängt wieder vom Router ab. Im Prinzip kann man sagen, dass zwei Euro Router-Preis etwa einem MBit entsprechen, das man zur Verfügung stellen kann.
Wie sieht es mit rechtlichen Problemen aus? Ihr habt ja schon erwähnt, dass das Landratsamt die Sache skeptisch sieht. Kann ich Probleme bekommen, wenn ich von meinem Anschluss aus Freifunk anbiete?
Mäuser: Zum Einen ist es technisch ausgeschlossen, dass der Anschluss zurückverfolgt werden kann. Die Zugriffe über das Freifunk-Netz laufen auf unserem Gateway und landen auf der aufgerufenen Seite mit unserer IP-Adresse. Wen es also Abmahnungen, etwa wegen Urheberrechtsverstößen gäbe, dann schlägt das zunächst bei uns auf.
Grünewald: Man muss aber auch dazu sagen: Wir betreiben unsere eigene Infrastruktur seit letztem März haben bis jetzt keine einzige Abmahnung bekommen. Ich glaube, dieses Problem wird maßlos überschätzt.
Mäuser: Wenn es doch dazu kommen sollte, dann sind wir bei der Bundesnetzagentur als Provider registriert und machen dann das Provider-Privileg für uns geltend. Und der Täter ist nicht ermittelbar. Nach derzeitiger Rechtslage ist es absolut statthaft, was wir machen: Wir speichern keine Zugangsdaten. Wir haben keine Anmeldung. Man ist also als Nutzer nicht identifizierbar. Und das machen wir nicht als tolles Freifunk-Feature. Das ist einfach technisch bedingt. Wir wollen das Ganze so stressfrei und barrierefrei halten wie möglich.
Nochmal zurück zur Förderung. Wofür würdet ihr denn konkret Geld brauchen? Was sind Projekte, die ihr Euch weiter vorstellt?
Mäuser: Neben der lokalen Abdeckung wollen wir eine eigene Backbone-Infrastruktur mit Richtfunkstrecken bauen. Im Moment haben wir einige wenige. Zum Beispiel von der Uni zum Neupfarrplatz oder in den Landkreis nach Kürn, wo neben der Flüchtlingsunterkunft auch noch ein paar Häuser drumherum angebunden sind. Wir wollen nicht nur Steckdosen-Freifunk, sondern möchten ein paar Antennen aufstellen und die ganzen Inseln zu verbinden, um irgendwann eine alternative Infrastruktur zu haben, die dann eben auch ohne Internet funktioniert. Das wäre die idealistische Zielvorstellung.
Gibt es Probleme bei der Anbindung von Flüchtlingsunterkünften?
Mäuser: Wir haben lange mit der Regierung der Oberpfalz kommuniziert und dann im Sommer das Ok bekommen. Die Erstaufnahmestelle in der Zeissstraße ist angeschlossen, jetzt wollen wir ein paar Gruppenunterkünfte angehen. Das ist sehr nötig. Da sind immer mehrere Dutzend Nutzer, die das kontinuierlich verwenden.
Grünewald: Natürlich gab es per E-Mail auch negatives Feedback. So a la uns sollte man gleich mitsamt den Flüchtlingen abschieben und miesesten rassistischen Ausfällen. Das ganze auch noch mit Klarnamen, aber was soll’s.
Danke für das Gespräch.
bernd
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In diesem Kontext möchte ich die Frage aufwerfen, wieso die “Internet-Nutzung” in der Stadtbibliothek nicht kostenlos ist sondern 2,50 Euro pro Stunde kostet.
Tobias
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Ich hatte/habe auch ein Freifunk-Netzwerk in der Nähe hier in der Altmühlstraße. Ich weiß nicht, ob es das noch gibt, da ich wieder per Wired-LAN unterwegs bin (Umstieg Laptop zu Midi-Tower) und mein WLAN selber schalte ich nur an, wenn ich im Bett mit meinem Tablet surfe oder lese. Da scheine ich jetzt ein Vodaphone-Hotspot zu haben.
Damals war das “Freifunk-Franken”-Netz irgendwie auf “Batman” getauft, also “Freifunk-Batman” oder so Ähnlich, allerdings existiert dies nicht mehr. Wollte wohl jemand seine Bandbreite nicht unbedingt mit Anderen teilen ;-)
Scarnet
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Ich bekunden großen Respekt vor den dort Aktiven. Ein Blick auf die Karte der Initiative zeigt, wie viel bisher in völlig selbstloser Arbeit erreicht wurde. Macht weiter!
semmeldieb
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das ist für uns alle neuland. auf armlänge gehalten sollte es auch weiterhin mit oder ohne zu schaffen sein.
entschuldigung.
Radlertölpel
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Höchsten Respekt für Eure kontinuierliche und erfolgreiche Arbeit!
Irgendwann klink ich mich mit dem BuzzlFon vor der Kitchen ein: Fertig umlakiert ist es ja schon und die Köche haben ja sogar schon die Grasnarbe weggekratzt und darunter das Orginalfundament für eine Telefonzelle gefunden! Gut das Konzept ist diskussionsbedürftig, aber der Standort perfekt… die angeschlossene Telefonzelle ist als Sockel für alles Mögliche zu betrachten. Ich favorisiere Sprachforschung und Sensibiliserung bzgl. Datenspeicherung.
http://europabrunnendeckel.de/download/BuZZl_Fon_Kitchen_2.pdf
Ein Pendant, so dachte ich mir damals, sollte am Donaumarkt stehen:
http://europabrunnendeckel.de/download/maibaumstandorteins/maibaumbewerbungkl.pdf
und z.B. mit der Stampfscheibe und Stadtforschungsstation am Europabrunnendeckelorganismus verbunden sein:
http://europabrunnendeckel.de/?p=925
Ich hoffe dieses Jahr sind die Johannisbeersträucher so weit .