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Gedenkweg für die Opfer des Faschismus

Unterschiedsloses Erinnern, gespaltenes Gedenken

Am kommenden Montag findet zum 41. Mal der Gedenkweg für die Opfer des Faschismus statt: ein Symbol des unterschiedslosen Erinnerns, aber auch des gespaltenen Gedenkens in Regensburg. Im Mittelpunkt: der peinliche Umgang der Stadtspitze mit dem KZ-Außenlager Colosseum.

Jedes Jahr beim Gedenkweg dabei: Transparent mit den namentlich bekannten Todesopfern des Colosseum. Foto: Archiv

Der 23. April steht in Regensburg seit mittlerweile 41 Jahren für zwei Dinge: Einerseits das unterschiedslose Erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus in Regensburg, andererseits aber auch für das gespaltene Gedenken in der Domstadt. Am 23. April 1945 wurden die rund 400 Zwangsarbeiter des KZ-Außenlagers Colosseum zum Todesmarsch getrieben. Seit 1971 beginnt deshalb alljährlich der Gedenkweg für die Opfer des Faschismus dort, am Colosseum. Und auf dem Weg zum Dachauplatz, wo an Domprediger Johann Meier, Lagerarbeiter Josef Zirkl und den Polizisten Michael Lottner erinnert wird, die kurz vor Kriegsende hingerichtet wurden, weil sie die kampflose Übergabe der Stadt an die Amerikaner gefordert hatten, gedenken die Teilnehmer auch der deportierten und ermordeten Juden, der Zeugen Jehovas und der Neupfarrplatzgruppe, Regime-Gegner vom Kommunisten bis zum Ex-NSDAPler. Doch ebenso wie in den letzten 41 Jahren wird sich das „offizielle“ Regensburg nicht an diesem Gedenkweg beteiligen. Einzelne Stadträtinnen und Stadträte nehmen zwar regelmäßig Teil, doch die CSU folgt seit den 70ern einer ideologischen Doktrin, die der damalige CSU-Chef Peter Welnhofer vorgegeben hat: Zusammen mit Kommunisten oder solchen, die Kommunisten sein könnten oder solchen, die vielleicht mit Kommunisten zu tun haben oder zu tun gehabt haben oder zu tun haben könnten, kann man nicht an einem Mahnmal stehen. Da halfen auch Appelle des 2011 verstorbenen langjährigen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Hans Rosengold nichts: In Regensburg bleibt das Gedenken gespalten. Die Stadtspitze stellt sich alljährlich – meist tags darauf – im Rahmen eines kleinen Gottesdienstes an den Dachauplatz. Weil das so ist, ist der Gedenkweg am 23. April auch immer ein Tag der politischen Auseinandersetzung – mit dieser Spaltung, mit Umgang der Stadt mit ihrer Geschichte. Und hier dürfte auch in diesem Jahr das Colosseum im Mittelpunkt stehen: Jahrzehnte lang war dieses KZ mitten in der Stadt „in Vergessenheit“ geraten. Und seit in den 80er Jahren eine Klasse der Berufsfachschule die Vergangenheit des mittlerweile in Privatbesitz befindlichen Gebäudes im Rahmen einer preisgekrönten Arbeit aufdeckte, wird um ein würdiges Andenken an diese Geschichte, die etwa 70 Todesopfer, gestritten. Aktuell seit der letzten Kommunalwahl im Stadtrat, begleitet von Lügen, Verzögerungen und – gelinde gesagt – peinlichen Aktionen des Kulturreferenten. Seit einem Jahr liegt vor dem Haus eine – in aller Stille verlegte – Gedenktafel, deren verharmlosender Text für einigen Widerspruch gesorgt hat und den auch die Mehrheit im Stadtrat nicht gutheißt. Zuletzt hatte Sozialbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) im Rahmen einer Kundgebung vor dem Gebäude das Vorgehen der Stadt verteidigt, aber auch bedauert. Oberbürgermeister Hans Schaidinger (CSU) sah sich angesichts dessen genötigt, zum ersten Mal vor dem KZ-Außenlager zu sprechen, freilich ohne dieses Wort oder das Schicksal der Zwangsarbeiter in den Mund zu nehmen. Darauffolgende Beschlüsse des Stadtrats, nun mehrere gesellschaftliche Gruppen einzubinden, um endlich – fast 70 Jahre nach Kriegsende – eine würdige Form des Erinnerns zu finden, wurden bislang nicht umgesetzt. Der damit beauftragte Kulturreferent Klemens Unger übt sich in Untätigkeit – wie schon seit Jahren bei diesem Thema. Und so gesehen ist der 23. April nicht nur ein Tag es unterschiedslosen Erinnerns, ein Ausdruck des gespaltenen Gedenkens, sondern auch ein Tag, an dem sich jedes Jahr zeigt, ob sich überhaupt noch jemand für dieses Erinnern und Gedenken interessiert oder ob die Kultur des Verzögerns und Aussitzens aufgeht und irgendwann eine übergroße Mehrheit sagt: Lasst es gut sein. Ich kann es nicht mehr hören. Gedenkweg für die Opfer des Faschismus, Montag, 23. April, Beginn: 17 Uhr, Colosseum in Stadtamhof.

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Kommentare (8)

  • hallo

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    Guter Artikel!

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  • W. Friedl

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    Mir kommt der Artikel selten dumm vor. Was meint der Autor mit dem Ausdruck “unterschiedsloses Erinnern”? Die Opfer der Nazis werden doch nicht dadurch unterschiedslos, dass man ihrer auf einer einzigen Veranstaltung gedenkt. Und hält der Autor die darin enthaltene Botschaft, nämlich dass Faschismus den breitest denkbaren Widerstand verdient, nicht für sinnvoll? Sollte das so sein, stellt er sich auf die Seite der Regensburger CSU-Oberen, die er andererseits kritisiert. Aber wie es scheint, hat auch er dieses Insistieren auf dem Nicht-vergessen-Dürfen satt, so dass er selbst den Populismus nicht scheut und die “übergroße Mehrheit” anruft, die “irgendwann sagt: Lasst es gut sein. Ich kann es nicht mehr hören”. Die übergroße Mehrheit, davon darf er ausgehen, hat das nie anders gesehen.

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  • gondrino

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    Guter Artikel

    @W.Friedl: Unterschiedsloses Erinnern: Es wird allen Opfern des Nationalsozialismus gleichermaßen gedacht. Der Autor hofft auf eine rege Bürgerbeteiligung am 23. April, um u. a. den Regensburger Stadtoberen zu zeigen, dass man die Opfer nicht vergessen will und sich seiner Verantwortung als Regensburger und Bundesbürger bewusst ist, den Opfern zu gedenken und ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen.

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  • Captain Chaos

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    Meines erachtens hatte der Autor vor zu zeigen, dass sich der Stadtrat, insbesondere CSU, sich von der so oft selbst zugesprochenene Volksnähe als Volkspartei entfernt hat.

    Ich zitiere mal aus dem Artikel: “Zusammen mit Kommunisten oder solchen, die Kommunisten sein könnten oder solchen, die vielleicht mit Kommunisten zu tun haben oder zu tun gehabt haben oder zu tun haben könnten, kann man nicht an einem Mahnmal stehen.”
    Die CSU will der Opfer gedenken, aber nicht mit den Opfern. Schöne Volkspartei. Im Endeffekt stellt sich die Frage, ob mit dieser Doktrin die CSU den ermordeten Kommunisten nicht auch noch abspricht, Opfer gewesen zu sein.

    Dummerweise gehören die “Kommunisten” zu unserem politisch, wählbaren Parteienspektrum, auch wenn sie im Stadtrat nur 2 Personen stellen. Also auch nicht anerkennen, dass die “Kommunisten”, also die Linkspartei, eine in Deutschland rechtmäßig zugelassene Partei ist?

    So viel Ignoranz wird sich nicht auszahlen. Der ehemalige Klassenfeind ist nun nicht mehr Feind. Aber dies zu akzeptieren würde ja ein Wandel in der CSU bedeuten. Aber einen Wandel kennt diese Partei nicht. Sie kennt nur Freund oder Feind. Und wenn die Feinde ausgehen, zerfleischt man sich halt selber.

    Captain Chaos

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  • hallo

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    Nur mal zur Richtigstellung: Die Linkspartei ist keine kommunistische Partei. Als kommunistische Partei gehört mehr dazu als sich mit sozialen Fragen zu beschäftigen.

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  • Tobias N.

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    Ich finde es gut, dass hier nicht einzelne Gruppen in den Vordergrund gestellt werden!!!

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  • „Jeder hatte die Wahl“ » Regensburg Digital

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    […] Nach über 40 Jahren gespaltenen Gedenkens in Regensburg findet der Gedenkweg in diesem Jahr zum mittlerweile dritten Mal geeint unter Ägide der Stadt Regensburg statt. Mit Teilnehmern aus dem bürgerlichen Lager, die beiden großen Kirchen, über die Jüdische Gemeinde und Gewerkschaften bis hin zu linken Gruppen wie der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und den Falken. […]

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