Schlichtinger statt Schottenheim
Wer dem NS-Bürgermeister Schottenheim den Gedenkkranz der Stadt Regensburg gewidmet hat, weiß man weiter nicht. Eines scheint aber festzustehen: Es war kein Sozialdemokrat.
Das Rätsel um den städtischen Gedenkkranz auf dem Grab des einstigen NS-Bürgermeisters Otto Schottenheim hat den Verantwortlichen bei der Stadt Regensburg keine Ruhe gelassen. Über das Gartenamt wurden weitere Nachforschungen vor Ort angestellt und nun ist zweierlei geklärt: Der Kranz stammt tatsächlich von der Stadt Regensburg, wurde allerdings von einem anderen Grab geklaut. Und insofern scheint der Übeltäter kein SPD-Mitglied zu sein. Denn der Kranz auf Schottenheims Grab stammt just von der Grabstätte des ehemaligen Regensburger Oberbürgermeisters Rudolf Schlichtinger. Der Sozialdemokrat hat Regensburg von 1959 bis 1978 regiert und saß auch im Landtag.
Schlichtingers Grab ist demnach eines von vieren, das von der Stadt Regensburg heuer am Evangelischen Zentralfriedhof für eine Kranzniederlegung zu Allerheiligen und Allerseelen vorgesehen war. Neben Schlichtinger mit Kränzen bedacht wurden Ritter Georg Friedrich von Müller, Gründer des Von-Müller-Gymnasiums, Gottlieb von Thon-Dittmer, Regensburger Bürgermeister (1836-1848) und bayerischer Innenminister (in dieser Funktion war er unter anderem für die Verhaftung von Lola Montez verantwortlich). Der vierte im Bunde ist der Regensburger Oberbaurat Adolf Schmetzer.
Einen fünften Kranz schließlich konnte unsere Redaktion noch an Soldatengräbern aus dem I. Weltkrieg entdecken.Wer nun dem NS-Bürgermeister Schottenheim die städtischen Ehren anstelle von Schlichtinger zukommen lassen wollte, war nicht herauszufinden. Ohnehin ist es nicht sonderlich schwierig, städtische Kränze von einfach andernorts niederzulegen – sofern man sich beim Klauen nicht erwischen lässt. Die Namen der so Gewürdigten werden bislang nicht auf die Bänder gedruckt.
Da ist es fast schade, dass sich das Grab von Punker-Mike (eine etwas verspätete Hommage zu seinem Todestag erscheint morgen) nicht in Regensburg befindet…
F. Wagner
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Welcher Alt- oder Neonazi da ein diebisches Vergnügen daran hat, einem Kriegsverbrecher und SS-Offizier posthum einen städtischen Ehrenkranz nachzuwerfen, wird man nie erfahren und ist auch einerlei. Fest steht, daß sich dieser windige Nazi auf OB Viehbacher berufen kann, der seinem Vorgänger Schottenheim bei dessen Tod 1980 nur das Beste nachgerufen hat (siehe den ausgezeichneten Artikel von Robert Werner vor ein paar Wochen hier auf regensburg-digital: “Kriegsende in Regensburg – SS-Brigadeführer Schottenheim als Retter der Stadt”).
Ich habe den Ehrenkranz auf dem Schottenheimgrab am Wochenende mit eigenen Augen gesehen. Das ist wirklich gruselig: Luftlinie keine 50 Meter entfernt (an einer Gruft oben an der Mauer zur Straße) ist eine Gedenkplatte, auf der zu lesen steht:
“Familie Wesel – verstorben in Auschwitz”, eingerahmt von einem großen Herz, in dem unten ein Klavier zu sehen ist (anscheinend eine Musikerfamilie). Es folgen die Namen und Lebensdaten von Vater, Mutter, drei Söhnen und zwei Töchtern – eine ganze Familie, komplett in Auschwitz ermordet. Sieben von Staats wegen Ermordete, für deren Deportation der SS-Offizier und Oberbürgermeister Schottenheim selbstverständlich verantwortlich zu machen ist. Sieben von wieviel hundert, allein in Regensburg?
Die Ermordeten haben nicht mal ein Grab. Nur der Mörder ruht in Frieden. Und irgendein elender Lump schiebt ihm auch noch einen Kranz aufs Grab.
Gruslig. Und typisch für diese moralisch verrottete Stadt.
Fr. Streng
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„Unsere Ehre heißt Treue“, so lautet der Wahlspruch der SS.
Die Regensburger Vergangenheitspolitik folgt in wesentlichen Punkten genau diesem Spruch! Und zwar seit das SS-Fördermitglied Hans Herrmann als dienstsuspendierter zweiter Nazi-Bürgermeister seinem SS-Kumpanen Otto Schottenheim einen Persilschein für die sog. „Entnazifizierung“ ausstellte. Später boxte Herrmann für seinen Freund Schottenheim eine städtische Rente durch.
Keiner der nachfolgenden OBs hat mit der städtischen Treue zum SS-General Schottenheim je ausdrücklich gebrochen! Schaidinger steht ohne Einschränkung zum SS-Mann Herrmann.
Ob der unbekannte Grabschänder aus dem städtischen Umfeld kommt oder nicht, ist dabei unerheblich.
Es gibt also noch eine „Moral“ in dieser verrotteten Stadt, Werte Frau Wagner.
CSU-Mitglied
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ja die CSU in Regensburg tut sich schwer mit der Vergangenheit. nach dem NSDAP Mitglied bzw. Mitläufer und späteren CSU-Mitglied und OB Bürgemeister von Regensburg sind in Regensburg nachwievor Straßen und Schulen benannt.
Ein richtiges Gruselkabinett diese Heldenverehrung!
Gärtner
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Es handelt sich wohl um einen Wander- bzw. Mehrzweckkranz.
http://www.mittelbayerische.de/index.cfm?pid=10071&pk=851020&p=1
Die Tageszeitung und der städtische Wanderkranz | Regensburg Digital
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[…] Schottenheim, überzeugter Nationalsozialist und Regensburger Oberbürgermeister von 1933 bis 1945 (hier ein Porträt), habe weder ein städtisches Ehrengrab, noch werde er bei Kranzniederlegungen berücksichtigt. Der Kranz sei offenbar vom Grab von Rudolf Schlichtinger geklaut und zu Schottenheim transferiert wo….Werbung […]