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Schimmel oder Dschungel:
Körperverletzung im Flüchtlingslager

Ein Schimmelfleck markiert die Stelle, an der das Wasser durch die Decke kommt. Fotos: Aigner

Es stinkt nach Schimmel, die Luft ist feucht und nach einer Stunde im Zimmer von Patrick B. bekomme ich Kopfschmerzen. Wir befinden uns in der Asylunterkunft in Obermotzing, in der Nähe von Straubing, wo die GU-Leitung scheinbar ganz eigene Wege gefunden hat, um die „Bereitschaft zur Rückkehr ins Heimatland” (bayerische Asyldurchführungsverordnung) zu fördern: Das Zimmer, in dem der 25jährige seit über zwei Jahren wohnen muss, macht krank. Immer, wenn die Bewohner über ihm duschen, tropft es durch die Decke. Und geduscht wird häufig: Drei Familien teilen sich das Bad. Ein schwarzer, feuchter, stinkender Schimmelfleck markiert die Stelle, wo das Wasser durch das Mauerwerk kommt.

Strafanzeige gegen Regierung und Heimleitung

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Fecht, stinkend, klebrig: Dieses Zimmer macht krank. Foto: Aigner

Der Bayerische Flüchtlingsrat hat mittlerweile Anzeige wegen Körperverletzung gegen die GU-Leitung und die Regierung von Niederbayern erstattet, die für die Verwaltung der Unterkunft zuständig ist. Eine Zusage, rasch Abhilfe zu schaffen, hatte man in der Behörde tatenlos verstreichen lassen. Wobei von „rasch” eigentlich keine Rede sein kann. Über Monate hinweg hat Patrick B. versucht, ein anderes Zimmer zu bekommen. Doch Gespräche mit der Heimleitung blieben ebenso ergebnislos wie mit der Ausländerbehörde. „Keiner war zuständig.” Ein Grund, warum man dem 26jährigen ein anderes Zimmer verweigert ist nicht ersichtlich: Mehrere Räume sind nicht belegt.

„… zurück in den Dschungel”

Als Patrick schließlich ankündigte, sich bei der Regierung zu beschweren, habe ihm der Heimleiter damit gedroht ihn „zurück in den Dschungel” zu schicken, erzählt er. Nicht nur in Patricks Zimmer dringt Wasser ein. In der Küche gibt es dasselbe Problem. Auch durch die Decke des Nachbarzimmers tropft das Wasser – hier stammt es offenbar nicht aus der Dusche, sondern der Toilette. Beschwert hat sich bei der Heimleitung niemand. „Keiner will Ärger bekommen.”

„Ich habe keine Chance.”

Tatsächlich befindet sich auch der 26jährige nicht in einer Position, in der er Druck ausüben könnte. Sein Asylantrag wurde Anfang des Jahres abgelehnt. Ende 2005 ist er zusammen mit seiner Schwester aus Sierra Leone geflohen. Nachdem sein Arbeitgeber vom Militär festgenommen worden war, fürchtete Patrick, selbst ins Visier der Machthaber zu geraten. Schon sein Vater kam während des Bürgerkriegs ums Leben. Patricks zehn Jahre ältere Schwester leidet seitdem unter einer schweren psychischen Erkrankung. Sie lebt mittlerweile in einer Unterkunft in München. Patrick musste in Obermotzing bleiben.

Jeden Monat muss er seine Duldung verlängern lassen. Jedes Mal muss er befürchten, abgeschoben zu werden. Zwei Mal am Tag fährt von dem abgelegene Ort ein Bus nach Straubing – während der Schulzeit. Während der Ferien gibt es keine Busverbindung. Für zwei Monate gelang es Patrick, Arbeit bei einer Reinigungsfirma zu finden. Während dieser Zeit musste er für sein verschimmeltes Zimmer 192 Euro monatlich bezahlen. Die Arbeit hat er mittlerweile verloren. Eine Job zu finden mit einer Duldung, die einen Monat Aufenthalt garantiert, ist nahezu unmöglich. Seitdem ist Patrick zur Untätigkeit verdammt, erhält 40 Euro Taschengeld im Monat, Essenspakete und besagtes Zimmer. Seine Situation sieht er glasklar: „Ich habe keine Chance. Hier will man mir keine Perspektive geben.” Erst als ich die Unterkunft verlasse, fällt mir das Schild am Eingang auf: „Zutritt nur mit Genehmigung.” Schließlich will man nicht, dass solche Zustände an die Öffentlichkeit kommen.

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Nachtrag: Die Regierung von Niederbayern behauptet, das Problem bereits im August behoben zu haben. Das kann der Autor dieser Zeilen nicht bestätigen. Der Besuch in der Unterkunft fand am 17. September statt. Auch an diesem Tag tropfte das Wasser durch die Decke. Stefan Aigner, Redaktion

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