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Kritik am "Projekt Sichere Altstadt"

„Reaktionäre Polizeieinsätze“ in Disneyland

Durch einen Aktionstag will die Polizei am Samstag „Gefühle und Emotionen“ der Bürger ansprechen, während beim Projekt sichere Altstadt die Innenstadt aufgeräumt wird. Derweil stinken die angekündigten Maßnahmen so manchem Akteur, der die Probleme der Drogenszene in den Griff bekommen möchte, gewaltig.
Das "Projekt Sichere Altstadt" erntet neben scharfer Kritik auch Spott, hier vonseiten der Regensburger Piraten. Foto: Rosalie Dryjanski

Das “Projekt Sichere Altstadt” erntet neben scharfer Kritik auch Spott, hier vonseiten der Regensburger Piraten. Foto: Rosalie Dryjanski

Am Freitag machte das Polizeipräsidium Oberpfalz mit einer Pressemitteilung auf das „Projekt Sichere Altstadt“ (PSA) und den damit verbundenen Konzepteinsatz aufmerksam, bei dem neben der Regensburger auch die Bundes- sowie die bayerische Bereitschaftspolizei zum Einsatz kommen – in Uniform wie auch in zivil. Am Dienstag lud das Präsidium zu einer Pressekonferenz, um den Aktionstag „Sicher leben in Regensburg“ zu bewerben, der am Samstag auf verschiedenen Plätzen in der Altstadt stattfinden soll. Polizeipräsident Rudolf Kraus stellte gemeinsam mit seinem Stellvertreter Michael Liegl und dem Polizeirat Robert Fuchs die Veranstaltung anhand einer Reihe von Fragen vor: „Fühle ich mich in meiner Heimat sicher? Was kann ich tun, um sicher zu sein? Was die Polizei?“ Letztlich solle das „subjektive Sicherheitsgefühl“, die „Gefühle und Emotionen“ der Bürger Regensburgs durch den Aktionstag angesprochen werden.

Softy-Kurs statt massiver Präsenz?

Als „individuelles Empfinden“ hatte Pressesprecher Michael Rebele am Freitag noch die Sorgen von Bürgern bezeichnet, die sich durch das massive Polizeiaufgebot beim „Projekt Sichere Altstadt“ überwacht fühlen. Während man beim PSA jedoch auf harte Bandagen wie „ganzheitliche Polizeikontrollen“, „Ausschöpfung aller strafprozessualer Mittel“ und in Zivil ermittelnde Bereitschaftspolizisten setzt, lässt man es beim Aktionstag sanft angehen. „Die Partnerschaft zwischen Polizei und Bürger soll mit Leben erfüllt werden“, sagt Polizeipräsident Kraus. In „lockerer Atmosphäre“ wolle man ins Gespräch kommen. Zynisch, dass sich wohl auch in dieser „lockeren Atmosphäre“ Zivilpolizisten unter die Passanten der Altstadt mischen werden, die im Rahmen des „Projekts Sichere Altstadt“ tätig sind.
Polizeipräsident Rudolf Kraus (mitte) möchte den lockeren Dialog mit den Bürgern suchen. Foto: Liese

Polizeipräsident Rudolf Kraus (mitte) möchte den lockeren Dialog mit den Bürgern suchen. Foto: Liese

DrugStop: „Das stinkt uns!“

Inzwischen haben sich verschiedene Gruppen in Regensburg zum umstrittenen Sicherheitsprojekt geäußert – so zum Beispiel der Drogenhilfeverein DrugStop e.V. Schließlich hat sich das PSA vor allem auf die Fahnen geschrieben, den „klassischen Rauschgiftkonsumenten“ aus den „Brennpunkten“ rund um den Bahnhof zu verdrängen. DrugStop schreibt in einer Regensburg Digital vorliegenden Stellungnahme: „Wir wollen zielführende Maßnahmen und keine Verdrängung.“ Die von dem Verein, der seit 13 Jahren in der Drogenszene der Stadt tätig ist, vorgeschlagene Zusammenarbeit zwischen Polizei und Streetworkern solle im Mittelpunkt stehen, um „Menschen mit Suchterkrankung nicht weiter zu kriminalisieren.“ Erfolgreiche Arbeit mit Drogenabhängigen werde durch das geplante massive Vorgehen der Polizei aber wesentlich erschwert. Was man vom „Projekt Sichere Altstadt“ hält, bringt man in dem Statement auf den Punkt: „Es riecht nach Wahlkampf und das stinkt uns!“ Statt „reaktionäre Polizeieinsätze“ schlägt DrugStop beispielsweise eine Tagesstrukturmaßnahme vor, die Suchtkranke sinnvolle Beschäftigung bieten könnte.

„Disneyfizierung Regensburgs stoppen“

Auch die Piraten haben sich zu Wort gemeldet. Sie beklagen in einer Pressemitteilung die „Disneyfizierung“ Regensburgs, stellen das „Projekt Sichere Altstadt“ in Zusammenhang mit Gentrifizierung, Feierverboten – und der Landtagswahl. „Das Augenmerk des Projektes (…) liegt hier klar auf der Außenwirkung Regensburgs, und nicht auf der sich eventuell erhöhenden Lebensqualität der Regensburger und Regensburgerinnen“, so Tina Lorenz, die Kulturbeauftragte der Bayern-Piraten. Unterdessen veröffentlicht die Regensburger Polizei weiter eifrig Pressemitteilungen zu Fahrraddiebstählen, Wohnungseinbrüchen und Autoaufbrüchen. Vielleicht sollen auch diese das subjektive Sicherheitsempfinden der Regensburger beeinflussen. Es folgt die vollständige Stellungnahme von DrugStop e.V.: „Auch DrugStop e.V. trägt mit seiner Arbeit einen entscheidenden Teil zu mehr Sicherheit in unserer Stadt bei. Wir sehen aber den geplanten Großeinsatz der Polizei kritisch und sehen einen anderen Weg als effektiver und menschlicher an. DrugStop e.V. hat auf den MZ Artikel ,Polizei will Drogenszene verdrängen’ vom 06.03. reagiert und sich klar positioniert. Wir wollen zielführende Maßnahmen und keine Verdrängung. Wir haben Treffen mit zuständigen Vertretern der Polizei und den Streetworkern organisiert und haben in der Planungs- und Lenkungsgruppe Streetwork eine Einladung der Polizei zum nächsten Treffen erwirkt. Von unserer Seite ist das Ziel Zusammenarbeit und Abstimmung von Maßnahmen um Brennpunkte zu entspannen und Menschen mit Suchterkrankung nicht weiter zu kriminalisieren. Zudem wird die Arbeit der Streetworker durch eine Verdrängung der Szene wesentlich erschwert, sodass Erfolge länger auf sich warten lassen. Es riecht nach Wahlkampf und das stinkt uns! Wir wünschen uns gerade bei diesem Thema überlegtes und nachhaltiges Vorgehen. Hier geht es um den sozialen Frieden in unserer Stadt und wir wollen, dass Drogenabhängigen geholfen wird, denn es ist leider egal, ob Beschaffungskriminalität im Bahnhofsviertel oder wo anders in der Stadt passiert. Wir wollen Lösungsansätze und keine Problemverdrängung. Deshalb müssen wir uns an einen Tisch setzen und Gelder z.B. in eine Tagesstrukturmaßnahme stecken, um Suchtkranke zu beschäftigen und nicht in reaktionäre Polizeieinsätze investieren.  Diejenigen in der Bevölkerung, die sich im Regensburg-Digital Forum zu Wort melden, haben das längst durchschaut. Es gibt hier keine einfache ,Hau-Drauf-Methode’, sondern differenziertes Handeln ist gefragt. DrugStop e.V. stellt sich seit 13 Jahren dem Drogenproblem in der Stadt und wir sind ein Verein mit ehrenamtlichem Engagement. Ohne die Unterstützung von Bezirk, Stadt- und Landkreis sowie den Gerichten wäre diese Arbeit nicht möglich. Jeder Bürger kann uns durch Spenden unterstützen und hier sinnvoll ‘investieren’.“

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Kommentare (5)

  • SteuerzahlenderNormalbürger

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    Wer mit harten Drogen gar nicht erst anfängt, muss danach nicht allen anderen auf der Tasche liegen und die Kriminalstatistik aufblähen, so einfach ist das. Daher null Verständnis und Toleranz. Es braucht auch keine “Tagesstrukturmaßnahmen” für sinnvolle Beschäftigung. Morgens aufstehen, (wenn möglich) zur Arbeit gehen und in irgendeiner Weise konstruktiv an der Gesellschaft teilnehmen – das ist sinnvolle Beschäftigung. Und auch wer schicksalhaft arbeitslos ist oder in anderer Weise im Leben Unglück hatte, muss deshalb noch lange nicht zum Junkie werden. Von denjenigen ganz zu schweigen, für die Drogenkonsum in Clubs und auf Parties als Lifestylesache begonnen hat. Wer dann abrutscht, tja, Pech gehabt. Hätt ja nicht erst anfangen müssen…

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  • Student

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    “Fühle ich mich in meiner Heimat sicher? Was kann ich tun, um sicher zu sein? Was die Polizei?”

    Klare Antwort: um mich in meiner Heimat sicherer (und wohler) zu fühlen darf sich die Polizei deutlich mehr zurückhalten. Und mehr Anstand, Manieren und Redlichkeit an den Tag legen. Und vielleicht noch ihre Ausbildung und ihre Mitarbeiterauswahl optimieren.

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  • Kurt

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    Ja, Normalbürger, ich finde ja auch, dass die drogenabhängigen Biersäufer in Bayern selbst Schuld sind an ihrer Misere, aber dennoch sollte man den zahlreichen Alkis helfen, ganz besonders, bevor sie in berufliche Positionen kommen, in denen sie gesellschaftliche Verantwortung tragen.

    Gruß in’s Bierzelt der CSU!

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  • Max

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    Lieber “Steuerzahlender Normalbürger”,
    deinem Nick entnehme ich, dass du selbst in Lohnarbeit stehst und dich dem gesellschaftlichen Mainstream zuordnest. So, wie sich dein Beitrag liest, hast du abseits dieses Mainstreams relativ wenig kennengelernt, kennst Dinge wie Arbeitslosigkeit, Armut oder auch gesellschaftliche Entfremdung nicht.
    Hier nochmal zur Erinnerung: das alles gibt es.
    Es gibt Leute, die nicht damit klarkommen, mit einem “nicht integrierbar”-Stempel aufzuwachsen, es gibt Gegenden, in denen es für junge Leute einfach weder Freizeitangebote noch Zukunftsaussichten gibt; und es gibt Drogen, sowie Leute, die diese verkaufen wollen.
    Manche Leute fühlen sich in ihrem Dorf vielleicht noch ganz wohl, lassen sich täglich in der Borzn um die Ecke volllaufen und nehmen hierbei noch einen ganze Reihe Stammtischpolitik-Weisheiten und vielleicht einen Flyer von der nächsten NPD-Veranstaltung mit, die ihnen einer vom Ortsverband, bekannt am Stammtisch, zugesteckt hat.
    Andere wollen lieber zu Hause bleiben und suchen andere Wege, ihren Alltag erträglich zu machen. Da man in Ostbayern relativ einfach und günstig an Meth kommt und man sich damit schön betäuben kann, nimmt man, was es halt gibt.
    Ich finde es furchtbar, und in dem Punkt dürften wir uns dann vielleicht doch einig sein, dass unsere Gesellschaft solche Zustände produziert. Natürlich “muss” man nicht zu Drogen greifen, wenn man keine Zukunftsperspektive hat. Aber, blöde Frage: Warst du schonmal in so einer Situation? Bist du wirklich der Ansicht, du kannst über solche Menschen urteilen? Ich für meinen Teil will es auf jeden Fall nicht. Deswegen bin ich der Meinung, dass man solchen Leuten helfen sollte. Das tut man ganz bestimmt am wenigsten, indem man sie einsperrt. Denn was sind die Auswirkungen davon? Gut, sie sind erstmal “weg” und man kann das Problem schön weiter verdrängen. Aber alles, was sie im Knast mitbekommen, ist, dass sie in dieser Gesellschaft weder erwünscht sind, ein Leben in Würde verdienen, noch Hilfe bekommen. Tolle Aussichten. Dreimal darfst du raten, wie die Leute psychisch drauf sind, wenn sie wieder draußen sind.
    Also, lieber Normalbürger, bitte, bevor du hier die Arbeitsmoralkeule schwingst, überleg bitte einmal, aus welchen Umständen du kommst (ich kenne dich nicht, aber da du dich selbst als “Normalbürger” bezeichnest, kommst du scheinbar nicht aus einem “bildungsfernen” Elternhaus) und ob du wirklich in der Lage bist, die Situation(en) zu beurteilen, in den Menschen drogenabhängig werden.

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