Picasso-Wirt blitzt vor Gericht ab
Im Streit „Keine Bedienung für Nazis“ contra „Keine Bedienung für Nazis“ fiel am Mittwoch das Urteil.
Sion Israel hat es wohl schon geahnt – zur Urteilsverkündung vor dem Landgericht Regensburg ist der Picasso-Wirt nicht erschienen. Am Mittwoch wurde seine Klage in vollem Umfang abgewiesen. Er muss damit auch die Kosten des Verfahrens tragen.
Die gerichtliche Auseinandersetzung war der bisherige Höhepunkt eines Streits, der sich um die preisgekrönte Initiative „Keine Bedienung für Nazis“ entzündet hatte. Anlässlich eines Überfalls von Neonazis auf das Lokal Picasso, in dessen Zuge der Barkeeper verprügelt worden war, hatte man sich 2010 gegründet, beachtliche Aufmerksamkeit bekommen und war mehrfach ausgezeichnet worden – unter anderem mit dem mit 10.000 Euro dotierten Luther-Preis „Das unerschrockene Wort“.
Nicht Initiative contra Verein, sondern Israel contra Simek
Mit dem Erfolg kam der Streit. Picasso-Wirt Sion Israel fühlte sich insbesondere durch die Überführung der Initiative in einen Verein brüskiert. Er erteilte mehreren Mitgliedern dieses Vereins via Pressemitteilung Hausverbot. Fortan gab es einen Verein auf der einen und eine Initiative auf der anderen Seite. Beide mit demselben schönen Namen („Keine Bedienung für Nazis“) und beide mit einer eigenen Homepage – die eine mit, die andere ohne Bindestriche. In mehreren willfährig-einseitigen Berichten der Mittelbayerischen Zeitung überzog Israel den Verein mit Vorwürfen und wusch schmutzige Wäsche. Schließlich zog er, wie berichtet, vor Gericht, wo er die Herausgabe der Preisgelder, etwas mehr als 11.000 Euro, forderte. Dazu verklagte Israel nicht den Verein, sondern eines seiner Mitglieder – seinen früheren Freund Ludwig Simek.
Bei der Urteilsverkündung am Mittwoch machte Richter Matthias Clausing deutlich, dass er die Klage Israels für völlig aussichtslos hält. Das betrifft offenbar nicht nur deren Inhalt, sondern auch deren Form.
„Rechtlich an den Haaren herbeigezogen“
Die eine Argumentationsschiene Israels, dass das Geld nicht an die Initiative, sondern den Barkeeper oder Israels Frau, Inhaberin des Picasso, verliehen worden sei, bezeichnete Clausing als „abwegig“. Aus der Preisurkunde gehe klar hervor, dass der Preis an keine Einzelperson gegangen sei.
Die zweite Schiene, derzufolge er, Israel, Simek mit der Verwaltung des Geldes beauftragt habe und dieser es nicht auf das Vereinskonto hätte überweisen dürfen, sei „rechtlich an den Haaren herbeigezogen“, so Clausing. In jedem Fall habe der Kläger „keinen ausreichenden Tatsachenvortrag“ geliefert. Viel lebensnäher sei es doch, dass die Initiative Simek mit der Verwaltung beauftragt habe.
Und überhaupt: falscher Kläger, falscher Beklagter
„Der Kläger hat eine Leistung an sich selbst verlangt“, so Clausing in Richtung des Picasso-Wirts. „Das kann er definitiv nicht.“ Dafür gebe es keine Rechtsgrundlage. Anders ausgedrückt: Falls es überhaupt etwas zu klagen gibt, hätte nicht Israel Simek, sondern die Initiative den Verein verklagen müssen. „Ob jetzt diese Personengruppe, von der der Kläger offenbar selbst nicht weiß, aus wie vielen Personen sie besteht, Ansprüche hat, stand hier aber nicht zur Entscheidung“, so Clausing. Und in einem Zivilprozess könne nunmal nur über das entschieden werden, was zur Entscheidung gestellt werde. Bei allem was darüber hinaus gehe sei er als Richter gut beraten, seine Meinung darüber für sich zu behalten.
Lothgaßler
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Der Streit wird wohl weiter gehen.
Probiert es noch mal mit gütlicher Einigung.
Wolfgang
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Es ist vielleicht nur Wortklauberei: Ich lese immer von einem Streit und dazu gehören aus meiner Sicht immer 2 Parteien.
Der ganze Ärger scheint aber nur von einer Seite auszugehen oder?
Elettra
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@Lothgaßler
Wenn Sie sich die bisherigen Berichte hier durchlesen, finden sie darin:
1. Die Information, dass es Schlichtungs/Mentoringversuche von einer Stelle außerhalb gab, die einseitig (von Herrn Israel) abgebrochen wurden.
2. Dass es in diesem Rechtsstreit nur darum ging, die von Herrn Israel gestellten Anträge zu verhandeln und dabei ist kein “Vergleich” vorgesehen.
Ich wäre doch sehr interessiert daran, wie so eine gütliche Einigung aussehen sollte.
Herrn Israel (oder seiner Frau oder seinem Barkeeper) das ganze Geld zu geben, damit er Ruhe gibt? Hälfte/Hälfte mit den Preisgeldern zu machen? Glauben Sie wirklich, dass ein Mensch, der aus einer guten Sache einen Rechtsstreit macht ernsthaft jemals mit irgendeinem Kompromiss zufrieden wäre?
Michael Mittag
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und jetzt sollte der Verein sich wieder mit seinem (sehr guten) Vereinszweck beschäftigen dürfen. Dem Kläger kann ich nur empfehlen, Ruhe zu geben und nicht weiter der guten Sache zu schaden.
Lothgaßler
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@Elettra
Ich habe das Elend schon verstanden, deshalb auch das “nochmal probieren”.
Natürlich ist es ein Streit, wenn auch nicht eindeutig zwischen der “Initiative” und dem “Verein”. Das Urteil bringt auch keinen Frieden, und nun kann die Klagerei munter weiter gehen. Interessant wird es, wenn die “Initiative” nun klagen will, denn dazu muss sie offenlegen wer nun diese “Initiative” bildet.
Die Einigung sollte das Ziel haben z.B. die Außendarstellung zu “bereinigen”. Die Homepage der Initiative in der jetzigen Form scheint nicht mehr der ursprünglichen Sache zu dienen und sollte deswegen deaktiviert werden. Wenn die “Urheberrechte” an Texten und Fotos eindeutig sind, dann sollte das auch sauber getrennt werden.
Leider ist es kein Streit um Inhalte, sondern einer ums Drumherum. Ein Ziel wäre es auch den “Namensstreit” zu beenden.
Beulenspiegel
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Initiative: “Keine Bedienung für Mitglieder von keine Bedienung für Nazis e.V.”!
blauäugig
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Wie geht es weiter?
a) Klage Israel gegen Anwalt “habe mich auf meinen Anwalt verlassen, aber dessen Weg war sicher nicht der Richtige.“”
b) Klage Israel gegen Simek vor der nächsten Instanz? “Ob er in Berufung geht, ließ Israel derweil offen.”
c) Klage Initiative gegen Verein? “Die Klage habe letztlich nur in Form und Inhalt nicht gestimmt. ”
alle Zitate aus der Esserpresse, Meldung von gestern, 20:57 Uhr.
An eine einvernehmliche Lösung – Akzeptieren des Richterspruchs, wenn man das Gericht schon angerufen hat – glaube ich nicht.
Wisser
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“Die Klage habe letztlich nur in Form und Inhalt nicht gestimmt.”
Form und Inhalt sind ja genau die beiden Sachen, die es braucht, damit eine Klage erfolgreich ist. Wenn beides nicht stimmt, dann gibts wenig Chancen auf Erfolg.
Mathilde Vietze
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Sion Israel mag vielleicht ungeschickt agiert haben, aber ich bin
traurig, daß jetzt die das Geld einschieben, die es wahrlich nicht
verdient haben.
Roland Hornung
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Liebe Mathilde,
danke.
Wie so oft stimme ich dir auch hier zu.
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Wichtl
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@Mathilde Vietze
So so; und woraus schließen Sie, dass es sich diese Leute vom Verein “wahrlich nicht verdient” haben, das Preisgeld ? …und der Verein sich das Geld “einschiebt”. Gründet sich Ihre destruktive Meinungsäußerung, die mich “traurig” macht, auf etwas anderem als zwanghaft fortgesetzter und willkürlicher Antipathie ? Ich denke, Sie kompensieren auf diese Art und Weise lediglich ihre übertriebenen und eben so willkürlichen wie unsachlichen Loyalitätsbekundungen auf anderen Feldern – und umgekehrt. Dass Sie das in diesem Forum mit Klarnamen tun macht es nicht besser.
Mathilde Vietze
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Zu “Wichtl” Ich darf Sie daran erinnern, daß es Herrn Sions Lokal war,
das demoliert wurde und es war sein Barkeeper, der zusammenge-
schlagen wurde. Es hätte nicht der Gründung eines Vereins bedurft,
um weiterhin für die gute Sache zu kämpfen, aber einige Narzisten
wollten es eben so.
blauäugig
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Frau Vietze tut ja wieder einmal gerade so, als sei das Preisgeld als Wiedergutmachung für den Angriff vergeben worden. Das ist aber nicht der Fall und es wäre ein Hohn, wenn dafür die Preisgelder verwendet würden.
Auch wenn es bequemer sein mag, einen ehemaligen Freund (Herrn Simek) oder den Verein zu verklagen, für den Schaden des Angriffs – Sachschaden wie auch Schmerzensgeld – wäre jedoch eine Klage erfolgversprechender, die sich gegen die Täter richtet.
Vielleicht war die Gründung des Vereins nicht nötig. Ich bezweifle aber, dass ohne die Vereinsgründung – oder genauer, die Überführung der damaligen Initiative in einen Verein – weiter für die gute Sache gekämpft hätte werden können: so wie es bisher öffentlich dargestellt wurde, hatte vor Vereinsgründung die Initiative bei Beschlüssen Einstimmigkeit herbeigeführt. Die persönlichen Zerwürfnisse hätte es aber auch ohne Vereinsgründung gegeben (ob es am Erfolg, also den Preisgeldern, lag oder nicht, sei dahingestellt) und damit wäre die Initiative handlungsunfähig geworden.
Martin L.
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Der Überfall auf das Lokal von Israels Frau war der Auslöser für die Gründung der Initiative, aber war nicht ihr einziges Anliegen. Der Lutherpreis hat keine sozialpädagogisch Ausrichtung um zerstörte Lokaleinrichtung wiederherzustellen; warum wurde auf eine Schadensforderung gegen die Nazis verzichtet, die den Barkeeper verprügelt und das Lokal zerstört haben, verzichtet?
Der Preis der Lutherstädte richtet sich doch nach vorne: Zur weiteren Arbeit für die Initiative und nicht zur Wiedergutmachung eines Schadens.