11 Nov2013
Eskalation bei NPD-Aufmarsch
Innenministerium nimmt Polizei in Schutz
„Nach derzeitigem Kenntnisstand verhältnismäßig.“ So lautet das Urteil des bayerischen Innenministeriums über den Polizeieinsatz zur Räumung einer Blockade gegen den NPD-Truck am 5. September in Regensburg. Das geht aus einer Antwort von Joachim Herrmann auf eine Anfrage der Landtagsgrünen vom 25. Oktober hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Bei der brutalen Festnahme eines 22jährigen redet der Innenminister um den heißen Brei herum. Wir veröffentlichen unten ein weiteres Video.
Wie berichtet, demonstrierten am 5. September rund 2.000 Menschen friedlich gegen den Aufmarsch der NPD in Regensburg. Nachdem das braune Schauspiel vor dem Westportal des Doms beendet war, blockierten zahlreiche Menschen – das Innenministerium spricht in seiner Antwort von „ca. 200“ Personen – die Wegfahrt des NPD-Trucks. Beamte des Spezialkommandos USK begannen nach vorhergehender Ankündigung die Sitzblockade zunächst vergleichsweise umsichtig zu räumen. Unterdessen rollten von hinten der NPD-Truck und ein Begleitbus im Zentimeterabstand durch die Menschenmassen am Domplatz – abgeschirmt durch eine Kette aus Beamten der Bereitschaftspolizei.
Als es immer enger wurde und die Polizisten zunehmend zwischen Gegendemonstranten und Lkw eingeklemmt wurden, kam schließlich Pfefferspray zum Einsatz, das wahllos in die Menge gesprüht wurde. „Alle anwesenden Personen mussten nach den Lautsprecherdurchsagen mit Zwangsmaßnahmen der Polizei rechnen“, hieß es dazu eine Woche nach dem Einsatz in einer Stellungnahme des Polizeipräsidiums gegenüber unserer Redaktion.
Daneben kam es zu mehreren rabiaten Festnahmen. Drei davon hat unsere Redaktion auf Video festgehalten. Von keiner der so festgenommenen Personen wurden die Personalien aufgenommen, geschweige denn das Anzeige gegen sie erstattet worden wäre. Ein 22jähriger erlitt dabei einen Rippenbruch und eine leichte Gehirnerschütterung. Das von uns veröffentlichte Video (siehe unten) war mit ein Auslöser der Grünen-Anfrage ans bayerische Innenministerium.
Das Innenministerium schließt sich in seiner Antwort (als PDF) den Ausführungen des Polizeipräsidiums weitgehend an. Der Einsatz sei verhältnismäßig und notwendig gewesen und entsprechend nicht zu beanstanden. Pfefferspray habe gesprüht werden müssen, um den Druck von den Einsatzkräften zu nehmen.
Erstaunliches liest man zu den Videoaufnahmen, welche die Festnahme des 22jährigen zeigen. Unter anderem ist darauf zu sehen, wie einer der drei beteiligten Beamten den Kopf des regungslos auf dem Boden liegenden jungen Mannes per Knie mit Wucht auf das Kopfsteinpflaster schlägt.
Nokonformer
| #
Wer so gewaltsam wie die Gegendemonstranten gegen eine
genehmigte Veranstaltung oder Demonstration einer Partei oder
privaten Vereinigung oder eben sonstjemand “demonstriert”, daß
diese demokratisch demonstrierenden grundgesetzlich verankerte
Rechte Ausübenden beim Abmarsch oder Abfahren behindert werden, ist
kein Demokrat, sondern ein Gewalttäter, gegen den die Polizei zum
Schutze und der Freiheit der Demonstranten einschreiten muß! Es ist
ganz einfach, die gewaltausübenden Gegendemonstranten vertreten
keine Meinung, sondern Gewalt, und müssen dafür die Verantwortung
tragen!
Mr. T
| #
Nachhilfe in Demokratieverständnis und der Definition von
Gewalt von ganz rechts außen – Respekt! Demnächst erzählt mir noch
mein Goldfisch wie man richtig fliegt …
Marc K.
| #
Wie u.a. dieser Artikel, aber auch der Prozess gegen den
“NSU” und viele weitere Beispiele zeigen, dürfen wir im Kampf gegen
Faschisten nicht auf den Staat hoffen. Das können wir nur selbst
und zar ganz praktisch tun. Die AntifaschistInnen, die sich der NPD
mutig entgegengestellt haben verdienen unseren Respekt! Ihr handeln
war richtig und notwendig. Faschismus ist keine Meinung, sondern
ein Verbrechen!
dodo
| #
@Nokonformer: Jetzt musst du aber auch erklären, was die Gegendemonstrant_innen gewalttätiges gemacht haben, wenn du schon so sehr überzeugt bist. Na hoppla – was sagst du da jetzt nur? Ich sag dir mal, was sie gewalttätiges gemacht haben: Sie haben auf dem Boden gesessen. Und… außerdem…. haben sie auf dem Boden gesessen! Und sie sind sitzen geblieben!! Voll heftig!! Da kann man sich nicht anders gegen wehren als mit Pfefferspray und zu fünft auf einen drauf!!! Ist doch klar!!!
erik
| #
Polizeigewalt, Jusitzwillkür, Verbotswahn, Medien-Diktatur und Zensur für mich typische Merkmale von Ländern in denen ein wirtschaftliches oder politisches Ungleichgewicht herrscht. In Zeiten der Agenda 2010 und Hartz-Reformen in denen Hundertausende bis Million vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen und an den wirtschaftlichen Rand gedrückt werden und wurden, wird versucht diese Bevölkerungsgruppen aus dem Blickfeld verschwinden zu lassen und durch Härte einzuschüchtern und abzuschrecken um sich in ihr von der Poitik (die Wasser predigen und selbst Wein in Massen nach dem Prinzip von Sodom und Gomorrha saufen) herbeigeführten Schicksaal einzufügen. Denn merke wie der Teufel das Weihwasser fürchten die Etablierten, dass sich die Nicht-Etablierten versammeln und ihr vom Grundgesetz verbrieftes Recht auf wirtschaftlicher Teilhabe einfordern!
Observer
| #
Zum ersten Video möchte ich etwas anmerken: Zu Beginn des
Videos wie der Beamte die zu “sichernde” bereits am Boden liegende
Person mit den Kopf zwischen seinen Oberschenkeln fixiert ( bzw.
fast drauf sitzt ), wird so in der bayerischen Polizei gelehrt. Wie
er jedoch ab Sekunde 0:6 mit Knie auf dem Hals / Kopf der am Boden
liegenden Person kniet, also Druck ausübt, ist ein klarer Fall von
einer Überschreitung der Ausübung des Unmittelbares Zwanges. Diese
Fixierungsmethode ist Polizeibeamten verboten (Quelle:
Einsatztrainer der bay. Polizei) Dem Geschädigten kann man nur
raten mithilfe dieses Beweis-Videos Klage zu erheben.
mfgsam007
| #
…vergessen darf man dabei nicht, dass der
Oberbürgermeisterkandidat der CSU Regensburg Schlegl gerne die 1.
Strophe des Deutschlandliedes singt und auch mal im Suff den
Hitlergruß zeigt…wie er selber im Interview zugegeben hat…man
kann nur hoffen, dass die RegensburgerInnen nicht auf dem rechten
Auge blind sind..
Gefährliche Demonstranten? Von wegen! | Regensburg Digital
| #
[…] Nach wie vor sieht der Innenminister den Polizeieinsatz vom 5. September übrigens als völlig gerechtfertigt an. Er sieht auch keinen Widerspruch zu der friedlichen Räumung einer NPD-Blockade durch die Polizei im Jahr 2012 in Regensburg. Das polizeiliche Vorgehen sei „stets auf Deeskalation und eine kommunikative Konfliktlösung ausgerichtet“ gewesen. Generell setze die „Einsatzphilosophie“ der bayerischen Polizei „primär auf Deeskalation“. 2013 habe man aber mit keiner Blockade nach Abschluss der NPD-Kundgebung gerechnet. […]