Gewaltattacke aus rassistischen Motiven?
Wegen versuchten Totschlags an einem 18jährigen Asylbewerber stehen seit Mittwoch drei junge Männer vor Gericht. Unter anderem soll einer der Angeklagten mit einem Nothammer auf das Opfer eingeschlagen haben. Am Rande des ersten Verhandlungstages kam es zu einer kleineren Rangelei.
Die Haare von Jakub M. sind während seiner Untersuchungshaft etwas länger geworden. Doch als der 24jährige im vergangenen Dezember zusammen mit seinem Bruder Micolaj (19) und ihrem gemeinsamen Freund Denis K. (25) einen 18jährigen Flüchtling aus Mali an einem späten Abend im Dezember 2014 krankenhausreif geschlagen haben sollen, waren alle drei nach Polizeiangaben kahl rasiert.
Mit Fäusten, Füßen und einem Nothammer traktiert
An einem Bahnsteig in Niederlindhart, in der Marktgemeinde Mallersdorf-Pfaffenberg, sollen die drei den jungen Mann nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Regensburg zurück in den Zug gedrängt haben, aus dem er gerade aussteige wollte, ihm die Kapuze seines Pullovers über den Kopf gezogen und anschließend mit Tritten und Faustschlägen haben – auch gegen den Kopf. Jakub M. habe zudem mit einem Nothammer, wie er zum Einschlagen von Scheiben verwendet wird, mehrmals auf seinen Kopf eingeschlagen.
Erst als ein Zeuge hinzu kam, habe das Trio von seinem Opfer abgelassen und sei geflüchtet. Einige Wochen später wurden sie festgenommen und sitzen seitdem – jeweils in unterschiedlichen Justizvollzugsanstalten – in Untersuchungshaft. Es besteht Kontaktverbot. Am Rande des Verfahrens kommt es deshalb zu einem kleinen Tumult, als Denis K. in einer Verhandlungspause das Gespräch mit Jakub M. sucht. Ein Vollzugsbeamter und K. brüllen sich an. Es kommt zu einer kleineren Rangelei.
Opfer lag zwei Tage im Krankenhaus
Das Opfer erlitt bei der Attacke Prellungen sowie mehrere Riss- und Quetschwunden am Kopf und lag zwei Tage im Krankenhaus. Am Mittwoch nahm der 18jährige nicht an dem Verfahren am Landgericht Regensburg teil – er wolle seinen Peinigern nicht gegenüber sitzen, so eine Unterstützerin. Die Staatsanwaltschaft wirft den drei Angeklagten gemeinschaftlichen versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor.
Die mutmaßlichen Täter haben selbst Migrationshintergrund. Jakub und Micolaij M. stammen aus der Region Schlesien in Polen, Denis K. aus Russland. Sie besitzen aber alle die deutsche Staatsbürgerschaft. Ihr bisheriges Leben scheint eher von Perspektivlosigkeit geprägt gewesen zu sein: Abgesehen von Micolaij M., der zuletzt eine Ausbildung zum Lageristen machte, hat keiner von ihnen einen Beruf.
Angeklagter will provoziert worden sein
Am Mittwoch machen sie zunächst von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrach. Lediglich Rechtsanwalt Marcus Huesmann gibt für seinen Mandanten Micolaij M. eine Erklärung ab.
Der 19jährige räumt die Tat ein, behauptet aber, dass er und seine Freundin zuvor von dem späteren Opfer aus einer Gruppe heraus mit obszönen Gesten beleidigt worden seien. Im Zug habe der Mann seiner Freundin zudem vor dem Füße gespuckt. Gemeinsam mit seinem Bruder und Denis K. sei man dann auf den 18jährigen losgegangen. Die Schläge seien aber „nicht mit voller Kraft geführt“ worden, so Rechtsanwalt Huesmann. Denis K. habe sogar noch beschwichtigend auf die beiden Brüder eingeredet.
„Ja, Bruder. Für Dich töte ich jeden.“
Rechtsanwalt Nico Werning, der in dem Prozess das Opfer als Nebenkläger vertritt, geht über die Anklage der Staatsanwaltschaft hinaus. Für ihn kommt auch eine Verurteilung wegen versuchten Mordes in Betracht. Hier liege wenigstens Rache, „unverkennbar“ aber vor allem Rassismus und Menschenverachtung als niederer Beweggrund vor, so Werning. Das gehe schon daraus hervor, dass Jakub M. den besagten Hammer bewusst mitgenommen habe, um damit zuzuschlagen. Das ergebe sich aber vor allem aus Verhör- und Abhörprotokollen von Telefongesprächen und Chats, in denen Jakub M. beispielsweise geäußert habe: „Schau so ein Scheiß-Nigger wurde gefotzt. (…) Ich war sogar im TV. Der wäre fast draufgegangen.“ oder „Ja, Bruder. Für Dich töte ich jeden.“ Werning beantragte, diese Protokolle im Verlauf des weiteren Prozesses zu verlesen.
Der nächste Verhandlungstag ist für Mitte Oktober angesetzt.
joey
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“von Perspektivlosigkeit geprägt”
ach die Armen! Aus sozialen Gründen kann man schon mal zum Rassisten werden?
Es ist eine große Aufgabe, Zuwanderern das deutsche Selbstverständnis einzugeben, daß andere Hautfarben, jüdische Herkunft, Homosexualität oder sonstwas keine Einschränkung sind. Unsere Leitkultur gilt auch für Menschen, deren Vorfahren 33-45 nicht dabei waren.
Wir brauchen ein starkes deutsches Selbstverständnis. Und wir dürfen ein gewisses Selbstwertgefühl haben, denn unser Staat und unsere Gesellschaft sind so human, so offen wie nie zuvor. Ein hartes Urteil wäre da ein passendes Zeichen, daß Staat und Gesellschaft nicht schwach sind.
Ronald McDonald
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“Wir brauchen ein starkes deutsches Selbstverständnis”, ein wahres Wort.
Ronald McDonald
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“Die mutmaßlichen Täter haben selbst Migrationshintergrund … sie besitzen aber alle die deutsche Staatsbürgerschaft”, schreibt der Chefredakteur hier.
Im “Regensburger Wochenblatt” von heute läßt dessen Redaktionsleiter Doktor Chr. Eckl sich auf Seite 8 ebenfalls über die Staatsangehörigkeit des mutmaßlichen Täter-Trios aus:
” … der Migrationshintergrund der beiden polnischen und des russischen Jugendlichen – nur einer der Polen hat einen deutschen Paß, die anderen beiden jeweils den polnischen und einen russischen – …”.
Nanu, fragt man sich da – egal mit welchen Paß -, welcher der beiden Herren Redaktionsleiter schreibt die Wahrheit?
Das sollte geklärt werden, wo doch allüberall selbstredend ganz echt wirklich böse hellhäutige Menschen mit “starkem deutschen Selbstverständnis” von einer ominösen Lügenpresse daherpegidaisieren.
Stefan Aigner
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@Ronald McDonald
Jeder der Angeklagten hat einen deutschen Pass. Zwei haben doppelte Staatsbürgerschaft (einmal polnisch, einmal russisch). So steht’s in der Anklage.
Ronald McDonald
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Danke fürdie prompte Klarstellung.
Der Wahrheitsgehalt einer deutschen noch nicht schariösen Anklageschrift steht für “das starke deutsche Selbstverständnis” außer Zweifel, könnte man da in Ludwig Thomaschem Sinn sagen.
Da hat Ihr promovierter Kollege von der anderen Feldpostnummer Doktor CEckl sich offenbar im Bereich akademischer Informationsfreiheit get(r)ollt.
el torco
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Nur eine Frage, wo ist denn bis dato ein Fremdenfeindlicher Hintergrund bewiesen? Ich dachte bis zum Urteil gilt die Unschuldsvermutung, ausser wie immer öfter bei regensburg digital!
Stefan Aigner
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@el torco
Ach. Und inwiefern gilt hier die Unschuldsvermutung nicht? Wo wurde sie infrage gestellt?
Über Beispiele für die generelle Unterstellung „immer öfter“ freue ich mich auch.
Besten Dank.
Entlastungszeugen verwickeln sich in Widersprüche » Regensburg Digital
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