22 Nov2011
Geschichtsmuseum – Chance für den Donaumarkt
AK Kultur: Bayerisches Geschichtsmuseum – eine große Chance für den Donaumarkt
Forderung nach städtebaulichem Wettbewerb und großzügigen Freiflächen
Der Vorschlag, das Museum für die bayerische Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts in Regensburg zu errichten, hat beim „Arbeitskreis Kultur Regensburger Bürger e.V.“ Freude ausgelöst. Vorstandsmitglied Klaus Caspers kommentiert: „Das ist eine Riesenchance für einen qualifizierten städtebaulichen Wettbewerb, der eine längst fällige Stadtreparatur im gesamten Areal vom Ostentor bis zum Schwanplatz zum Ziel hat. Den bisherigen, einseitig am Investoreninteresse orientierten Donaumarkt-Entwurf der Stadtverwaltung muss man vergessen.“ Der 1. Vorsitzende Eginhard König ergänzt: „Die Umgebung des Museums soll besucherfreundlich gestaltet werden, mit großzügigen Freiflächen, die sich zur Donau öffnen, mit Sitztreppen, auf denen z. B. Schulklassen nach dem Museumsbesuch Brotzeit machen können. Ein Platz für Theateraufführungen und Konzerte ist wünschenswert.“ Insgesamt hält der AK Kultur das Thema 19. und 20. Jahrhundert für eine interessante Ergänzung zum Inhalt der bestehenden Regensburger Museen, deren Schwerpunkt auf den früheren Jahrhunderten liegt.
Warum nicht Nürnberg?
Beim Arbeitskreis Kultur galt aus stadthistorischen Gründen möglicherweise Nürnberg als Favorit für das neue Museum: die erste deutsche Eisenbahn, die frühe Industrialisierung, die NS-Reichsparteitage sind Marksteine der Stadtgeschichte und zugleich von überregionaler Bedeutung für die Geschichte Bayerns der letzten beiden Jahrhunderte. Wie sich gezeigt hat, hielt das Expertengremium aber letztlich andere Kriterien für entscheidend, die der Donaumarkt bietet: eine zentrale und markante Lage, günstige Erreichbarkeit, die Möglichkeit eines Neubaus, der nach den Erfordernissen eines Hightech-Museums geplant werden kann. Damit hat Regensburg offensichtlich Punkte gesammelt.
Geheimnistuerei
Das ganze Thema wurde bislang als geheime Kommandosache behandelt, was verfahrenstechnisch wohl von Vorteil war, andererseits heftige Kritik bei der Landtagsopposition und bei den unterlegenen Bewerbern hervorgerufen hat. Noch ist nichts endgültig entschieden. Das Expertengremium hat, wie man hört, einstimmig für Regensburg votiert, aber das letzte Wort hat der Ministerrat. Er wird sich wohl dem Urteil der Experten anschließen, denn eine andere Entscheidung wäre ein gewaltiger Affront. Die bayerische Regierung wäre allerdings gut beraten, wenn sie möglichst umgehend die Kriterien der Entscheidung offenlegen würde.
Hintergrund
Ursprünglich sollte das Museum die gesamte bayerische Geschichte umfassen vom agilolfingischen Herzogtum bis zur Gegenwart. Als seinerzeit die Luxushotelpläne im Schloss Thurn und Taxis gescheitert waren, ließ der AK Kultur durch einen besonderen Vorschlag aufhorchen: „Man findet in Bayern keinen Ort, an dem sich politische Geschichte und Religionsgeschichte, Kunstgeschichte und Wissenschaftsgeschichte in so großartiger Weise verdichten wie im ehemaligen Kloster St. Emmeram, dem Idealort für ein künftiges Museum der bayerischen Geschichte.“ Mit der Schwerpunktsetzung auf das 19. und 20. Jahrhundert, also auf das Staats-Bayern mit Ypsilon, ist der Ortsvorschlag hinfällig geworden. Darüber muss man nicht traurig sein.
Das neue Bayern
Wenn jetzt die letzten beiden Jahrhunderte dran sind, rückt das bislang häufig vernachlässigte „neue Bayern“ in den Blickpunkt: das Königreich von Napoleons Gnaden, die Neubayern aus Schwaben und Franken – und aus Regensburg, 48er-Revolution, Romantik und Industrialisierung, König Ludwig II. und die Gründung des Deutschen Reiches, Beginn der Moderne, bayerische Revolution und Räterepublik, die Goldenen Zwanziger und Bayern in der NS-Zeit, 2. Weltkrieg und Wirtschaftswunder, Studentenbewegung und ??? – bis zur Gegenwart. Ein Museum der neueren bayerischen Geschichte wird allen Landesteilen – Altbaiern, Franken, Schwaben (und auch der Rheinpfalz) – gerecht werden müssen. Eine spannende Aufgabe für die Museumsmacher!
Ein guter Ort
Der Donaumarkt ist ein guter Ort für das neue Museum.
Es ist ein innovativer Ort: Das Museum stellt die Debatte um die Zukunft des Donaumarktes auf eine neue Grundlage.
Es ist ein stadtgeografisch markanter Ort: Gleich gegenüber befindet sich die Nordostecke des Römerlagers. Steinerne Brücke und Dom liegen in der Blickachse. Und nebenan fließt die Donau.
Es ist ein Ort mit passender Nachbarschaft: In der Nähe gibt es bereits ein Museumsquartier: den Österreicher Stadel, das Historische Museum der Stadt, die Kunstsammlung im Leeren Beutel, die Museumsschiffe und das document Niedermünster.
Eine Chance für die Regensburger Museen
Wenn jetzt das 19. und 20. Jahrhundert in Regensburg „ausgestellt“ werden, finden die bisherigen Inhalte der Regensburger Museen und „documente“– Frühgeschichte, Römer, Mittelalter, frühe Neuzeit – eine höchst interessante Ergänzung. Neuere und Neueste Geschichte waren, abgesehen von temporären Ausstellungen wie etwa der 20er Jahre–Ausstellung im Kunst- und Gewerbeverein, kaum präsent. Das wird sich nun ändern. Das Historische Museum kann kreative Belebung erfahren und die Landesgeschichte in lokalhistorischer Perspektive dokumentieren, wenn die Dauerausstellung, was dringend zu hoffen ist, endlich über das Mittelalter hinaus bis ins 20. Jahrhundert fortgeführt wird. Das projektierte wissenschaftsgeschichtliche Museum „Haus der Gelehrten Sachen“ bietet sich an als Scharnier von den mittelalterlichen (Natur-)Wissenschaftlern übers 18. und 19. Jahrhundert bis zu den innovativen Regensburger Firmen und zur Hightech-Ausstattung des neuen Museums der bayerischen Geschichte.