Eine halbe Million mehr für die Schauspielakademie
„Maximal 1,6 Millionen Euro“ hatte der Stadtrat noch im März eingeplant, um das Gebäude der ehemaligen Sing- und Musikschule für die „Akademie der Darstellenden Kunst“ umzubauen. Am Donnerstag sollen jetzt nochmal 460.000 Euro nachgeschossen werden. Wesentlicher Grund: Die erste Kostenplanung wurde ohne Fachmann vorgenommen.
Es war ein Beschluss, der im März von allen Stadträten einhellig begrüßt wurde: Die Akademie für darstellende Kunst (ADK), seit 2001 in Regensburg ansässige staatlich geförderte Schauspielschule, sollte eine neue Heimat bekommen. Mitte August sollte die ADK ihren angestammten Platz im zwischenzeitlich abgerissenem Schenker-Turm an der Kumpfmühler Brücke Mitte August verlassen. Seit Jahren waren schon Verhandlungen mit der Stadt Regensburg gelaufen, die für die Schule aber kein befriedigendes Ergebnis brachten. Auch die Abwanderung der ADK an einen anderen Ort stand im Raum.
Mit Wolbergs war die Lösung gefunden
Doch mit der Amtsübernahme von Joachim Wolbergs als Oberbürgermeister war dann rasch eine Lösung gefunden. Im März wurde beschlossen: Die ADK bekommt das, seit der Fertigstellung des „Hauses der Musik“ leerstehende Gebäude der ehemaligen Sing- und Musikschule an der Kreuzgasse. Der Verkaufserlös dieses Gebäudes war zwar ursprünglich dafür gedacht, das neue Haus der Musik am Bismarckplatz mitzufinanzieren – doch angesichts der Kostensteigerungen bei diesem Projekt von anfänglich zehn auf am Ende 18 Millionen Euro – fielen die fünf Millionen, die man sich als Verkaufserlös vom Gebäude in der Kreuzgasse versprach dann wohl auch nicht mehr ins Gewicht.
Die neue Heimat für die ADK ward also gefunden, die Mittel für notwendige Umbaumaßnahmen wurden bewilligt und im Herbst 2016 soll das neue Gebäude bezugsfertig sein. Bis dahin residiert die ADK nun übergangsweise im Hochhaus am Ernst-Reuter-Platz.
Keine Fachplanung im Vorfeld
Für den notwendigen Umbau sollten – so steht es in der Beschlussvorlage vom März – „maximal 1,6 Millionen Euro“ aus dem städtischen Haushalt fließen. Das sei die „Kostenobergrenze“. Doch bei der Sitzung des Finanz- und Verwaltungsausschusses am kommenden Donnerstag sollen nun weitere 460.000 Euro bewilligt werden – eine Kostensteigerung um fast 30 Prozent.
Gut ein Drittel – knapp 170.000 Euro – machen zusätzliche Ausgaben für die Bühnentechnik aus, die damit um mehr als das Doppelte so teuer kommt wie noch im März angegeben. Der Grund, den das Kulturreferat dafür nennt, klingt bizarr: Zum Zeitpunkt der ersten Kostenplanung sei „noch kein Fachplaner für Bühnentechnik beauftragt“ gewesen. Im Klartext: Es gab keine Fachplanung, als den Stadträten der Grundsatzbeschluss vorgelegt wurde. Doch nun gebe es, nachdem man so geplant hat, wie es sich eigentlich gehört, neue „Erkenntnisse“.
Mehr für Statik und Brandschutz
Mehrkosten – jeweils rund 40.000 Euro – fallen auch im Bereich Statik und Brandschutz an. Und auch hier gibt es ähnliche Begründungen, auch hier war die Eignung des Gebäudes noch nicht durch einen Fachmann geprüft worden. Von einem Nebengebäude sei zunächst gar nicht klar gewesen, ob es stehen bleiben solle oder nicht.
Inklusive der gestiegenen Honorare und Mehrwertsteuer sollen nun insgesamt rund 2,05 Millionen fließen, um die neue Heimat für die ADK bezugsfertig zu machen. Eine runde halbe Million mehr als noch im März als „Kostenobergrenze“ festgelegt.
Joe Kermen
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So ist das eben mit Lösungen die aus dem Hut gezaubert werden. Sie sind selten endgültig. Erst recht nicht im städtisch-baulichem Bereich.
Peter Willinger
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Das wirkt schon schräg, wenn 1. der Verkaufserlös in der Kostenaufstellung des Musikhauses eingerechnet war (und hoffentlich das korrigiert wurde!) und 2. eine in wesentlichen Teilen unzureichende “Expertise” zur Abstimmung vorgelegt wurde. Wobei es natürlich wichtig zu wissen wäre, ob die Stadträte darüber Bescheid wussten oder nicht.
Der Brandschutz ist als Kostentreiber ja bekannt, denn da gilt das umzusetzen, was technisch möglich ist und nicht nötig. Und die Industrie wirft ja immer etwas vermeintlich noch besseres auf den Markt. Überspitzt: Ein Jahr gewartet und Schwupps 15% Mehrkosten…!
Dennoch finde ich es gut und richtig, der ADK den Raum für Lehre und Aufführung zu bieten.
Ich erhoffe mir Mitnahmeeffekte für die Bühnen dieser Stadt, die man leider oft vergisst. Sowohl im Sinne von Darstellern als auch als Publikum.
Gustl
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Ich sag nur Unger bekannt für Chaos und aqußer Spesen nichts gewesen: Kulturhauptstadtbewerbung, Finanzierung Haus der Musik, Personalquerelen im Kulturreferat u.m.m.
1990 wurden berufsmäßige Stadträte installiert, weil man sie im Falle ihrer Erfolgslosigkeit leichter los würde als Laufbahnbeamte. Und jetzt?
Mathilde Vietze
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Dieselben Leute, die damals Dr. Bernd Meyer auf fiese Weise
hinausgeekelt haben, jammern heute darüber, daß wir “keinen
gescheiten Kulturdezernenten haben.”
Qoca
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Alte Menschen errinnern sich gerne an früher und sind blind für Neues!
Oder ist das wirklich der alte Schaidinger auf dem OB-Sessel?
Peter Kern
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Wann wird der Unfug mit den Finanzplanungen für öffentliche Vorhaben endlich beendet? Ich habe bisher nur von einem Objekt in den letzen Jahrzehnten gehört, das im Rahmen blieb. Die Beamten, die ja nie ihr eigenes Geld verwalten und ausgeben, liegen immer, immer, immer daneben. Und niemanden interessiert es. Na gut, dann interessiert es mich auch nicht. Ich bin ja nur neidig, weil ich nicht mal eben so mit ein paar zehntausend Euro für nichts gesponsert werde. Mich wundert es jeden Tag, dass dieses Land noch immer funktioniert. An den Oberen kanns nicht liegen. Auf keinen Fall.
Doris Freising
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Ob TTIP, CETA, TISA oder mal eine halbe Million mehr ausgeben, die meisten der “Gewählten” setzen sich ohne Skrupel über die Befürchtungen und Wünsche der Bürger hinweg. Jedes unverständliche und folgenlose Handeln der Politik fördert den Zulauf beim braunen Pack.
Peter Willinger
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Klar: Der Umbau eines Gebäude durch die Kommune ist direkt mit TTIP & Co zu vergleichen. Ebenso der Angriff auf Kundus mit dem Blut(!)mond.
Natürlich gibt es Fehler in der Entscheidungsphase. In diesem Fall eine wahrscheinlich nicht ausreichende Informationslage zur Entscheidung durch den Stadtrat.
Aber ich bestehe schon auf eine Stadtstruktur, bei der nicht Investoren oder Kirchen das sagen haben. Vor allem nicht, wenn es um Sozial- und Geminschaftsbau geht.
Es gibt eben Kostenaufpreis durch Änderungen während des Prozesses, der teilweise mit der längeren Entscheidungsphasse durch die Instanzen und Entscheider zusammenhängt und teilweise mit dem Bau selbst.
Ich kenne auch keinen Privatbau, vor allem keine Sanierung in der Altstadt, mit der Gleichung Kalkulation = Endpreis. Kaum öffnet man eine Mauer, kommt halt hinterher was nach. Bei der Begehung erscheint der Dachstuhl in Ordnung, wenn man den dann öffnet, sieht man, dass man doch mehr ersetzen muss.