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Ehrung für Karlheinz Götz am Stadtfreiheitstag

Die von der Stadtluft Befreiten

Am Samstag wurde in Regensburg wieder der Stadtfreiheitstag mit einem Festakt begangen, um an die Verleihung des Städterechts im Jahr 1245 zu erinnern und ausgewählte „Bürger” zu ehren. Unter ihnen: Der von Gewerkschaftern und Stadträten zuletzt scharf kritisierte Reinigungsunternehmer Karlheinz Götz.

Freiheit für's Revers: Reinigungsunternehmer Karlheinz Götz (r.) wird von Hans Schaidinger geehrt. Im Hintergrund: OSRAM-Vorstandschef Wolfgang Dehen.

Freiheit für’s Revers: Reinigungsunternehmer Karlheinz Götz (r.) wird von Hans Schaidinger geehrt. Im Hintergrund: OSRAM-Vorstandschef Wolfgang Dehen.

Stadtluft macht frei. Diesen Spruch wird Oberbürgermeister Hans Schaidinger schon in der Eröffnung seiner Rede im historischen Reichssaal des alten Rathauses nicht müde, zu wiederholen. Derselbe Saal also, in dem Schaidinger noch vor einer Woche in eleganten Strumpfhosen und mit wallender Mähne stand, um Kaiser Leopold I. zu mimen. Vielleicht sind es Auftritte wie dieser, die den Intendanten des Regensburger Theaters zur Besetzung des regierenden Oberbürgermeisters bewegt haben. Sehr repräsentativ steht er schließlich da vorn, mit seiner glitzernden Amtskette um den Hals, dem Insignium seiner Macht, und mit erhobenem Haupt, fast schon präsidial, und auch ein bisschen wie von Gottes Gnaden.

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Freie Bürger lauschen dem Repräsentanten: „Geld allein macht nicht frei”

Doch es sind schließlich freie Bürger, die da vor ihm sitzen. Neben denen, die an diesem Tag im Rahmen des Festaktes zum Stadtfreiheitstag geehrt werden, auch jene, für die solche Termine quasi Arbeitszeit sind: Unter ihnen die beiden Bürgermeister Gerhard Weber und ein an diesem Abend recht unscheinbarer Joachim Wolbergs, aber auch Vertreter der Hochschulen, der Landesregierung und des Bundestags, schließlich aber auch, nicht zu vergessen, Christian Schlegl, der unentwegt Hände schüttelt und freundlich lächelt.

Doch auch eine hübsche Ansammlung an „normalen“ Bürgern hat sich hier eingefunden. Nicht der Pöbel freilich, sondern diejenigen, denen die Stadt auch wirklich am Herzen liegt. Allem Anschein nach zeichnet die Regensburger „Bürger“ ein bemerkenswert hoher Altersdurchschnitt, ein ordentlicher Anzug und sauber gelegtes, wenn auch häufig schon etwas schütteres Haupthaar aus.

Die „Bürger" von Regensburg. Im Hintergrund links: Oberbürgermeister-Kandidat Christian Schlegl beim Händeschütteln.

Die „Bürger” von Regensburg. Im Hintergrund links: Oberbürgermeister-Kandidat Christian Schlegl beim Händeschütteln.

Und so sitzen sie da, wie in Gebetsbänken, und folgen gebannt den Worten Schaidingers. Der spricht davon, wie Friedrich II. Regensburg am 10. November 1245 die Freiheit brachte, indem er es zur Reichsstadt erklärte, die nur dem Kaiser unterstellt ist. „Die Bürger konnten ihr Schicksal endlich selber in die Hand nehmen.“ Und das tue man bis heute. Die „Freiheit unserer Stadt” werde gefeiert, „bürgerliches Selbstbewusstsein“ und die Tatsache, dass Regensburg alles biete, „was von einer anspruchsvollen Daseinsvorsorge erwartet werden darf – vom kompletten Bildungsangebot über die perfekte Krankenversorgung bis hin zu attraktiven Arbeitsplätzen.“ Besonderen Wert legt er auf stabile Finanzen, denn: „Geld allein macht nicht frei, aber das, was man mit Geld anfangen kann.“

Um welche Freiheit geht’s nochmal?

Geld, Stadtluft, selbstbewusste Bürger. All das macht frei. Und um diese Freiheit muss sich wohl auch der Unternehmer Karlheinz Götz in besonderem Maße verdient gemacht haben. Ihm wird an diesem Abend die Runtinger-Medaille verliehen – dafür, dass er „große Verdienste um das Wohl oder das Ansehen der Stadt erworben“ hat. Schaidinger spricht in seiner Laudatio auch die „enorme Expansion“ an, die Götz und seiner Reinigungsfirma „mit der Öffnung des osteuropäischen Marktes“ gelang. Abschließend lobt der Oberbürgermeister noch einmal die „große Anzahl an Arbeitsplätzen in der Region, in Bayern und weit darüber hinaus“, die Götz und der mittlerweile von seinem Sohn Alexander geführte Konzern geschaffen haben.

Hans Schaidinger mit Amtskette (r.) und BR-Intendant Ulrich Wilhelm, der in seiner Rede davon sprach, eine moderne Stadt müsse auch „ihre dunklen Seiten haben".

Hans Schaidinger mit Amtskette (r.) und BR-Intendant Ulrich Wilhelm, der in seiner Rede davon sprach, eine moderne Stadt müsse auch „ihre dunklen Seiten haben”.

Über die Kritik von Gewerkschaften und einigen Stadträten an diesen Arbeitsplätzen, und darüber, dass sich das Unternehmen von Götz immer wieder in arbeitsrechtlichen Fragen vor Gericht verantworten muss, wird kein Wort verloren. Die Frage bleibt offen: Geht es nun um Götz’ eigene Freiheit, die der Stadt Regensburg, oder die der oftmals geringfügig Beschäftigten, deren Lohn unter der Ägide von Karlheinz Götz auch durch eine von ihm selbst gegründete Leiharbeitsfirma gedrückt wurde?

Eigentlich ist das ja auch egal. Schließlich freuen sich alle mit dem sympathisch lächelnden Mann, der von Schaidinger die Hand geschüttelt und unter Beifall die Medaille verliehen bekommt. Einen Anstecker gibt es auch noch dazu. „Eine handliche Variante, für’s Revers“, erklärt der Oberbürgermeister auf der Bühne kurz. Freiheit zum Anstecken – auch das gibt es wohl nur in Regensburg.

„Eine Stadt braucht auch ihre dunklen Seiten”

Im Verlauf des zweistündigen Festaktes werden noch weitere Medaillen und Preise verliehen, nämlich an den OSRAM-Vorstandschef Wolfgang Dehen, die Vorsitzende des Regensburger Hospiz-Vereins Petra F. Seitzer, den im Kilt angereisten Vertreter des YMCA Aberdeen und sein lederbehostes Pendant vom CVJM Regensburg, den Künstler Guido Zingerl, die Musikerin Anka Draugelates, das Künstlerduo Blink and Remove sowie die Regensburger Musikedition und schließlich das Autorenkollektiv Michael Einmal, Thomas Glaser, Markus Hackl, Marc Oreskovich und Lea Schubart.

Der Intendant des BR und ehemalige Sprecher der Bundesregierung Ulrich Wilhelm hält eine halbstündige Rede über „die Idee der Stadt in einer digitalen Welt“, die so manchen „freien Bürger“ ein wenig zu überfordern oder einfach nur zu langweilen scheint (die Zahl der Husterer, Ächzer und Räusperer ist beachtlich). Ein bisschen schade, sagt Wilhelm doch so interessante Dinge wie: „Eine Stadt braucht auch ihre dunklen Seiten, damit die hellen besser leuchten können“, oder: „Ohne schöpferisches Chaos geht es nicht.”

In den Farben der Stadt gekleidet und bereit, zu servieren: In den Fürstlichen Nebenzimmern ließ man es sich anschließend beim Stehempfang gutgehen. Fotos: Liese

In den Farben der Stadt gekleidet und bereit, zu servieren: In den Fürstlichen Nebenzimmern ließ man es sich anschließend beim Stehempfang gutgehen. Fotos: Liese

Am Ende wird das Publikum wieder etwas lebendiger. Der Grund liegt auf der Hand: Aus den Fürstlichen Nebenzimmern weht der Duft der Häppchen herüber, die im Anschluss gereicht werden sollen. So riecht Stadtluft, das macht frei. Kaum hat das Kammerorchester der Uni Regensburg den letzten Ton gespielt, öffnen sich die Türen, und ein Schwarm in feschen roten Kleidern gewandeter Dienstmädchen – pardon, Servicekräfte, macht sich bereit, die hungrige Bürgerschaft und die frisch Ge- und Verehrten zu stärken.

Ein mittelalterlicher Rechtsgrundsatz als Mantra

Erst später, wenn alle Festgäste nach Hause gegangen sind und es Preisträger wie Herr Dr. Götz vielleicht noch ein bisschen krachen lassen, werden die Reinigungs- und Gebäudepflegekräfte mit ihrer Arbeit beginnen. Man kann davon ausgehen, dass es sich um Angestellte des Unternehmens Götz handelt. Vielleicht werden sie dieses Mal ein anderes Gefühl haben als sonst, wenn sie den Boden wischen und Mülleimer ausleeren. Vielleicht wünschen sie sich manchmal einen etwas höheren Stundenlohn, oder ein Urlaubsgeld. Auf der anderen Seite: „Geld allein macht nicht frei.“ Sondern Stadtluft.

Das vom Oberbürgermeister bemühte Zitat geht übrigens eigentlich auf einen Rechtsgrundsatz aus dem Mittelalter zurück:

„So wurde es Rechtsbrauch, dass ein in einer Stadt wohnender Unfreier nach Jahr und Tag nicht mehr von seinem Dienstherrn zurückgefordert werden konnte und somit ein Insasse (auch Stadtbewohner) wurde.“

(Quelle: Wikipedia)

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Kommentare (3)

  • Schrathaus

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    Reinigungsunternehmer erhält Saubermannpreis!
    Ja,…..klingt logisch!
    Hat sich nicht wirklich viel verändert seit 1945 bzw. 1245!

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  • erik

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    In dieser Handlungsweise meine ich das System CSU zu erkennen. Dieses System sorgt dafür, das die Posten, Aufträge und Anerkennungen an die Personen vergeben werden, die im Umfeld der eigenen Parteibücher, des eigenen Klüngels und einer “geistigen Verwandschaft” zu finden sind.
    Wer nicht zu diesem Personenkreis gehört, geht leer aus, d.h. bekommt den Posten oder Auftrag nicht und muss sich mit dem begnügen was übrig bleibt bzw. keiner will oder zieht weg, was dem Zirkel ganz gelegen kommt. Nur so konnte diese Partei solange an der Regierung bleiben
    und Skandalen gelassen ins Auge blicken. Eine Krähe hackt der anderen keine Auge aus!
    Gleich und gleich gesellt sich gerne! Man pisst nicht an das Bein, welches einen in den Posten gehoben hat! So würde ich die Wechselwirkungen zwischen Exekutive, Legislative, Judikative und Regierungspartei naher Industrie und Wirtschaft in Bayern zusammenfassen. Was in Bayern das
    System CSU ist, ist in NRW das System SPD.

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