Analyse einer geschichtsklitternden Auftragsarbeit
Das neu erschienene Buch zur NS-Geschichte der Regensburger Domspatzen ist keine schonungslose Aufarbeitung, sondern liefert ein geschöntes Bild – insbesondere von Domkapellmeister Theobald Schrems. Autor Roman Smolorz hat wichtige Vorarbeiten und komplette Archivbestände ignoriert. Einige Quellen werden konsequent falsch angegeben. Das ist das Ergebnis einer ausführlichen Recherche, die wir am morgigen Freitag veröffentlichen.
Es sollte eine schonungslose Aufarbeitung der NS-Geschichte der Domspatzen und der Rolle von Domkapellmeister Theobald Schrems werden und wurde bei seinem Erscheinen als „Pionierarbeit“ gelobt: das vom Vorstand des Verein „Freunde des Regensburger Domchores e.V.“ in Auftrag gegebene und mit 57.000 Euro entlohnte Buch „Die Regensburger Domspatzen im Nationalsozialismus – Singen zwischen Katholischer Kirche und NS-Staat“ des Historikers Dr. Roman Smolorz.
Doch tatsächlich ist die Arbeit durchzogen von willkürlichen Deutungen, selektiver Auswertung der Quellen, dem Ignorieren wichtiger Vorarbeiten oder kompletter Aktenbestände in den staatlichen Archiven und der Angabe falscher Quellensignaturen. Das weist regensburg-digital-Autor Robert Werner in einer ausführlichen Recherche nach, die wir am morgigen Freitag veröffentlichen werden.
Interessengeleitete Vorgehensweise
„Überprüft man die von Smolorz angegebenen Aktenbestände oder analysiert jene, die er ignorierte und nur willkürlich ausweidete, so muss man mehrfach eine unwissenschaftliche und offenbar interessengeleitete Vorgehensweise konstatieren“, so ein Ergebnis der Recherche. Eine geschönte Darstellung von Chorleiter Theobald Schrems ist demnach „unverkennbar“.
Während eine unvoreingenommene Auswertung von Archivquellen und historischen Vorarbeiten ergibt, dass Schrems bis April 1945 Protektion von ganz oben genoss, zeichnet Smolorz Buch das Bild eines gegen Kriegsende zunehmend nationalsozialistisch verfolgten Chorleiters.
Willkürliches Verschweigen von belastendem Material
Angaben, die Schrems schwer belasten würden – sowohl was seine guten Kontakte zum NS-Regime als auch die Vertuschung von sexuellem Missbrauch betrifft – werden dabei willkürlich verschwiegen. Der Zugang zu den Originalquellen wird durch konsequent falsch angegebene Signaturen zumindest erschwert. Mehrere Archivalien, auf die Smolorz sich in seinen Quellenangaben beruft, haben nachweislich nichts mit den Domspatzen zu tun.
„Eine sachlich vorgenommene Analyse diverser Aktenbestände führt zu Ergebnissen, die den oftmals willkürlich erscheinenden Deutungen von Roman Smolorz diametral widersprechen“, so Werner nach Auswertung umfangreicher Literatur und Archivmaterials sowie Prüfung der von Smolorz genannten Quellen. Sein Fazit: „Roman Smolorz hat sich durch seine willkürliche Auswahl von Quellen und Literatur bzw. durch sein unsägliches Vorgehen bei der Angabe von falschen Signaturen als Wissenschaftler disqualifiziert.“
Die kompletten Ergebnisse erscheinen am morgigen Freitag: „Wie die NS-Geschichte der Domspatzen geklittert wird“.
Nocheinüberlebender
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Wann beginnt die Aufarbeitung bei den Regensburger Domspatzen?
RB
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Gut betont, das wissen nur die Herrschaften der Institution Regensburger Domspatzen selbst.
aucheinehemaliger
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@Nocheinüberlebender
Wenn Christmette und Osternacht gleichzeitig gesungen (und gefroren) wird.
dünnster Künstler
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Auftragskunst:
Zwei Denkmäler von Dombildhauermeister Richard Triebe, beide 1973:
http://www.regensburg-digital.de/wp-content/uploads/2016/02/Dompr%C3%A4bende-2012-003-e1455814090725.jpg (Büste für den Professor von Hitlers Gnaden vor dem Domspatzen-Gymnasium in Regensburg. Foto: Archiv/ Werner)
Stehen lassen, aufarbeiten, rahmen und kommentieren!
http://europabrunnendeckel.de/download/Dachauplatz_Preisverleihung/PICT0213_stele_triebe.jpg (Das im Zuge der Vorbereitungen des Dachauplatzbrunnenwettbewerbs sog.”Mahnmal für die Opfer des NS”)
Stehen lassen, aufarbeiten, rahmen und kommentieren!
Hat zwar nichts mit NS zu tun, sondern nur mit im dem Verständnis von Kunst im öffentlichen Raum und der Neugestaltung der Fußgängerzone (hier mit einer ergänzenden Sitzskulptur): Noch ein Richard Triebe von 1976, Schwarze-Bären-Straße Ecke Kapellengasse: https://www.kunst-in-ostbayern.de/verzeichnis/trieberichard/skulptur_r_brunnen_g.jpg Hier fällt mir kein Kommentar ein: Belanglos, soll und darf für immer irgendwie so bleiben oder anders… vollkommen Jacke.
Angelika Oetken
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Bei der Gelegenheit: die NS-Funktionäre unterhielten ja nicht nur Knabenchöre. Sondern zogen auch Kindersoldaten heran https://www.heise.de/tp/features/Die-Napola-Erziehung-hat-mir-in-der-Marktwirtschaft-geholfen-3383593.html
Sind neben den offiziellen Funktionen, die solche Institutionen hatten, auch die eigentlichen schon untersucht worden?