AfD geht im Proteststurm unter
Bei eins zu zehn lag das Verhältnis von AfD-Anhängern und Gegendemonstranten am Dienstag in Regensburg. Die lautstarken Proteste blieben durchweg friedlich.
Dienstag, kurz vor 17 Uhr. Ein langes Spalier an Polizeibussen säumt den Petersweg. Beamte von Bereitschaftspolizei und USK warten auf dem Emmeramsplatz auf ihren Einsatz. Das Polizeigatter vor der Regierung, in dem die Kundgebung der AfD stattfinden soll, ist bis auf diverse Plakatständer noch leer, schräg gegenüber, vorm Evangelischen Krankenhaus, deutlich entfernt, aber doch in Hör- und Sichtweite, hat die „Initiative gegen Rechts“ ihren Pavillon aufgebaut.
Beim letzten größeren Auftritt der Partei war es im Zuge der Gegenproteste zu einigen Rangeleien gekommen. Das soll heute nicht mehr passieren.
Auch “Identitäre” sind vor Ort
Doch zunächst ist es ohnehin völlig ruhig. Die etwa 30 AfD-Anhänger warten vorm Eingang zum Schloss, dass es endlich los geht. In unmittelbarer Nähe machen die Gegendemonstranten – am Ende werden es laut Polizeiangaben rund 300 sein – dasselbe. Die Falken stellen ihr Transparent auf, der DGB verteilt Protesttafeln, ver.di Trillerpfeifen und die Jusos postieren sich mit ihren Fahnen. Ein Fotograf der extrem rechten Identitären Bewegung (IB) knipst die Aktivitäten, lässt sich aber auch bereitwillig selbst ablichten.
Der aktuelle Kreisvorsitzende der Regensburger AfD, Vadim Derksen, wurde in der Vergangenheit bei einem Aufmarsch der IB gesichtet, in Gesellschaft eines Aktivisten des zwischenzeitlich verbotenen Freien Netz Süd und eines in Oberviechtach stationierten Bundeswehroffiziers. Dessen Kontakte zur IB beschäftigen zwischenzeitlich das Verteidigungsministerium. Ob seine Aktivitäten “als schwerwiegender schuldhafter Verstoß gegen die politische Treuepflicht”bewertet wird sei noch offen heißt es in der entsprechenden Auflistung, die unserer Redaktion vorliegt.
Vor allem alte Männer
Am Dienstag ist Derksen nicht vor Ort. Dafür ist sein Vorgänger Christoph Schikora gekommen, aber auch einige Mitglieder des aktuellen Vorstands wie zum Beispiel Jakob Kerler, der den recht hohen Altersdurchschnitt der größtenteils männlichen Kundgebungsteilnehmer etwas senkt. Ebenfalls vor Ort ist Jürgen Spielhofen von der AfD Weiden, in der Vergangenheit ein Apologet der völkischen AfD-Bewegung „Der Flügel“ um Björn Höcke.
Als Redner hat man Peter Boehringer von der AfD Neumarkt-Amberg geladen. Er wird heute gegen die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und den Euro wettern – eine offensichtliche Gegenveranstaltung zu dem Vortrag, der zeitgleich im Regierungsgebäude stattfindet, um das 60. Jubiläum der Bundesbank unter dem Motto „Stabile Währung“ zu feiern.
Doch als Boehringer im Kreis seiner Getreuen schließlich zu reden beginnt, ist von seinen Aussagen nichts zu hören. Die Absperrungen sind dicht gesäumt von Gegendemonstranten, die lautstark ihre Ablehnung kundtun. Aufforderungen der Polizei, sich an den vorgesehenen Ort für die Gegenkundgebung zu begeben, bleiben erfolglos. Der Pavillon der „Initiative gegen Rechts“ bleibt an diesem Tag bis auf einige Ordner verwaist und die Polizeibeamten, bei denen sich mit zunehmender Dauer der Veranstaltung Entspannung breit macht, belassen es dabei. Es kommt zu keinerlei Straftaten. Lediglich wegen Sprühereien an einigen Verteilerkästen wird am Ende ermittelt.
Unter den ernsten Blicken des Oberpfalz-Vorsitzenden Christian Paulwitz ziehen mehrere AfD-Herren ihre Kreise im Polizeikäfig und recken unter Pfiffen und „Haut ab“-Rufen wechselnde Plakate in die Höhe. Ein älterer Herr kommt kurz mit drei jungen Gegendemonstranten ins Gespräch. Nach der heftigen Debatte klebt ein „Refugees Welcome“-Aufkleber auf seinem Rücken, den ein Mitstreiter geflissentlich entfernt.
Wiederholung am Donnerstag
Der Regensburger Rechtsanwalt Dr. Christian Stahl, den sein Weg von der CSU über die Sinzinger CSB nun zur AfD geführt hat, wo er im Landesschiedsgericht sitzt, dreht derweil mit einem Aufruf zum „Antifa-Ausstieg“ seine Runden und ruft immer wieder etwas in Richtung der Gegendemonstranten. Doch das geht im Pfeifkonzert ebenso unter wie die Boehringers Rede, die dieser aber unbeirrt zu Ende bringt, während ein mitgebrachter Kameramann mit Pro7-Käppi alles für die Nachwelt aufzeichnet.
Nach knapp zwei Stunden ist alles vorbei. Die AfD-Herren verlassen unter hämischen Gesängen den Platz. Für den morgigen Donnerstag gibt es vermutlich ein Wiedersehen in Neutraubling. Dort hat sich für 18.30 Uhr AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen angekündigt. Auch Gegenproteste wurden angemeldet. Die im Neutraublinger Stadtrat vertretenen Fraktionen treffen sich derweil zeitgleich in der Stadthalle – Motto: „Friedlich miteinander in Neutraubling“.
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hutzelwutzel
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Aha, es gibt sie noch die AfD! ;-)
Wisst Ihr was ich vermisse? Ein Auftreten deren adeligen Aushängeschilds Beatrix von Storch, geb. Herzogin von Oldenburg.
Während alle anderen AfD-Funktionäre kräftig gegen das Establishment und die großen Kirchen wettern, hält sich Frau MdEP Herzogin verdächtig still zurück.
Und es wäre doch Irrsinn, wenn eine geb. Herzogin von Oldenburg aus falsch verstandener Tradition gegendie großen Kirchen oder das Establishment eingestellt wäre. ;-)
Scheint ein bisserl “Volksverdummung” zu sein, diese AfD.
Kermit
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Wo sind eigentlich unsere Damen und Herren vom Stadtrat und andere Vertreter/innen der “etablierten” Partien, wenn es darum geht, gegen rechts Stellung zu beziehen? Der einzige, den ich gesehen habe, war Richard Spieß (DIE LINKE). Alle anderen hatten bestimmt gaaanz wichtige andere Termine. Vielleicht klappt’s ja am Donnerstag in Neutraubling besser. Ich geh jedenfalls wieder hin und alle regensburg-digital-Leser sollten das auch tun. Tut auch gar nicht weh (normalerweise).
hutzelwutzel
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@Kermit: Sehr guter Aufruf. Warum sind die den auch noch in Neutraubling? Ist dort das Wetter so gut, die Luft so rein, oder was sonst? ;-)
Dass es in Deutschland nur immer wieder so zu sein scheint, dass Scheingründungen von Parteien – mit denen man mutmasslich die grds. Möglichkeit der Neugründung von Parteien vorgeben will – Hat jemand mal schnell ein paar Mio. Euros dafür parat? ;-) – immer im rechten Lager enden, oder wie die Piraten im Nichts versinken.
dugout
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@hutzelwutzel: ” Warum sind die den auch noch in Neutraubling? Ist dort das Wetter so gut, die Luft so rein, oder was sonst? ;-)”
Die Veranstaltung in Regensburg, mit den paar Hanseln und einem Schwätzer aus der eher dritten Reihe der AfD, hatte nur den Sinn die Gegner zu beschäftigen, in der Hoffnung das viele damit ihren Auftrag als erfüllt ansehen und sich nicht zwei Tage später schon wieder einen Tinnitus und einen rauen Hals holen wollen.
In Regensburg gibt es außer Gegenwind eh nichts zu gewinnen für die AfD.
In Neutraubling wird die Sache anders ausschauen.
Jürgen
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Ein Teil meines Herzen lacht wenn ich das lese, ein anderer Teil denkt sich, was hat das Übertönen (Schreien/Pfeifen) Andersdenkender noch mit Demokratie zu tun?
Es tut zumindest gut, dass sich langsam ein öffentlicher Protest gegen die AfD formiert.
In Leipzig sollen ja nach wie vor Pegidamärsche stattfinden ohne dass die Presse darüber informiert. Da hoffe ich auf eine große Gegenbewegung.
dugout
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@Jürgen:
Dresden heißt die Stadt der Schande.
In Leipzig gab es massiv Widerstand.
Joe Kermen
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Danke Jürgen,
diese Zwiespältigkeit kommt mir bekannt vor.
Nur zum Spaß mal auf Facebook auf die Seite vom AfD KV Regensburg schauen. Und deren Bericht + Kommentare lesen.
Oleg
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Für mich sind solche Gegendemonstrationen immer die beste Werbung für die AFD.
Laut, pöbelnd, vandalierend, gewaltverherrlichend, vermummt, mit einseitigen Demokratieverständnis…….
Würde man stattdessen den AFD- Stand unbemerkt verwaisen lassen und nicht darüber berichten, hätte man am Ende des Tages mehr davon und die Polizisten und andere “Unbeteiligte” ihre Ruhe…
Hans (1st)
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Eine Runde Mitleid für die AFD!
Natürlich nimmt man auch zur Kenntnis was die selber sagen
https://www.facebook.com/photo.php?fbid=1974641922772877&set=pcb.1974687502768319&type=3&theater
Na ja ^^.
Diogenes aus Reginhusen
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man war das schön heut am Almer..
wie blöd muss man sein, sich da den ganzen Tag mit ner Tröte vor ein paar Vollpfosten hinzustellen und denen seine Zeit und Energie zu widmen..
Matthias Beth
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Zumindestens ist nicht bekannt, dass die AFD in Regensburg Spenden von den drei bekannten Bauträgern annahm. Die trifft auf die SPD und auf die CSU in Regensburg zu, die Parteien bzw. deren Vorturner, seien es OB-Kandidaten, Kreisvorsitzende oder Fraktionsvorsitzende scheinen ja käuflich zu sein, damit einige wenige in Regensburg auf Kosten vieler Ihren Gewinn machen. Dies wird auch die Ursache sein, dass es neue politische Gruppierungen gibt und diesen muss auch die Chance einer Weiterentwicklung eingeräumt werden. Ich würde mir wünchen, dass die selben Gegendemonstranten auch gegen das gebaren in Sachen Spenden gegen die SPD und CSU demonstrieren!
dugout
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@Matthias Beth:
“und diesen muss auch die Chance einer Weiterentwicklung eingeräumt werden……..”
Die AfD hat ihre Chance auf Weiterentwicklung gehabt. Sie hat diese Chance genutzt um sie von einer zumindest noch geringfügig diskutablen “Euroskeptikerpartei” hin zu einer absolut indiskutablen Neonazipartei zu entwickeln.
Schon vergessen?
Marlene Ott
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dugout oh da hat aber jemand angst dass ihm die felle davon schwimmen
zu einer demokratie gehört respektvolles zuhören, dann meldet man sich zu wort und bringt gegenargumente
aber die haben sie offensichtlich nicht