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46 Millionen für ein neues Rathaus

Ein wirtschaftliches Millionengrab:
PPP-Projekt Verwaltungszentrum

verwaltungszentrum

„Private Public Partnership“ (PPP) – das bedeutet nichts anderes als eine Kooperationen zwischen dem Staat – meist Kommunen, Landkreisen oder Gemeinden – und privaten Investoren. Der private Träger realisiert beispielsweise Bauvorhaben, die eine Kommune früher in Eigenregie erledigt hat. Der Investor wird dafür entlohnt; meist über Mietverträge, die häufig 20 oder 30 Jahre laufen.

Befürworter von PPP, zu denen insbesondere Vertreter der Privatwirtschaft gehören, preisen dieses Modell. „Effizienzgewinn“ oder „Kostenoptimierung“ lauten die Schlagworte. Ein Privater macht’s besser und günstiger, so das Credo. Tatsächlich? Einen anderen Standpunkt vertritt Professor Holger Mühlenkamp von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften. Zur Wirtschaftlichkeit gebe es lediglich Prognosen, so Mühlenkamp gegenüber dem Saarländischen Rundfunk. „Was tatsächlich eintritt, was tatsächlich passiert, darüber wissen wir zumindest aus wissenschaftlicher Perspektive nichts.“ Korruptionsexperte Dr. Werner Rügemer spricht in Zusammenhang mit PPP gar von „Heuschrecken im öffentlichen Raum“. Rügemer gegenüber der Online-Zeitung Telepolis: „Die Zahlungsverpflichtungen des Steuerzahlers werden mindestens verdoppelt und die Schulden bleiben am Ende doch wieder am Staat hängen.“ Transparenz und demokratische Kontrolle seien angesichts eines „Vertragsdickichts“ nicht gegeben.

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46 Millionen Euro Leasingraten

Jetzt noch verhüllt, ab September bezugsfertig: das neue Bürger- und Verwaltungszentrum. Fotos: Aigner

Das neue Verwaltungszentrum: Rückansicht.

In Regensburg, wo das Modell PPP einen regelrechten Boom erleben soll, ist eine offene Diskussion darüber eher unerwünscht. Oberbürgermeister Hans Schaidinger beklagte noch Anfang Februar im Regensburger Presseclub: „Seit die Linke im Stadtrat sitzt, ist es chic, das PPP-Modell infrage zu stellen.“ Und solche Skepsis mag man bei der Koalition aus SPD und CSU gar nicht. Schließlich will man einige Projekte via PPP umsetzen: Stadthalle, Fußballstadion, Bürgerheim Kumpfmühl und BOS-Neubau stehen auf der Agenda.

Bei einer Podiumsdiskussion zum Thema PPP fehlten Vertreter der beiden Regierungsfraktionen. Man hält sich mit Informationen zurück. Das gilt auch für PPP-Projekte, die bereits „in der Mache“ sind. Ein Beispiel: das neue Bürger- und Verwaltungszentrum. Die Stadt hatte zunächst weder das Geld, noch das Grundstück, um sich den Wunsch nach einem neuen Verwaltungsbau zu erfüllen. Er entsteht dennoch. Das Gebäude im Innenhof des Neuen Rathauses mit einer Nutzfläche von rund 12.000 Quadratmetern soll voraussichtlich Anfang September bezugsfertig sein. PPP macht’s möglich. schaidinger-und-schmack

Bauherr und Besitzer des Gebäudes ist die MFS GmbH, eine Tochtergesellschaft der Regensburger Schmack-Gruppe (Im Bild: Geschäftsführer Martin Schmack und OB Hans Schaidinger). Als Finanzier mit im Boot sitzt die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. Von der MFS mietet die Stadt das Gebäude in den kommenden 30 Jahren zurück. Nach Ablauf des Vertrags fällt das Gebäude an die Stadt. Ab Oktober fließen die Leasingraten aus dem Stadtsäckel an die Schmack-Tochter. Bis zum Jahr 2039 wird die Stadt 46,2 Millionen Euro überwiesen haben, rund 1,5 Millionen pro Jahr. So lautet wenigstens die Prognose im aktuellen Investitionsprogramm.

„Dazu können wir leider nichts sagen. PPP ist ein Politikum“

46,2 Millionen Euro – ein stolzer Preis angesichts der noch vor zwei Jahren öffentlich kommunizierten Bausumme von „16 bis 17 Millionen Euro“. Bei der Firma Schmack erteilt man mittlerweile keine Auskunft mehr zu den tatsächlichen Baukosten. „Dazu können wir leider nichts sagen. PPP ist ein Politikum“, teilt ein Unternehmenssprecher mit. Der städtische Finanzreferent Dieter Daminger gibt immerhin die Auskunft, dass die Bausumme bei „über 20 Millionen Euro“ liege. So oder so: Der Steuerzahler hätte wenigstens rund 25 Millionen Euro Zinslasten zu zahlen. Wirtschaftlich? Die 46,2 Millionen Euro sind nicht die einzigen Kosten, die für den neuen Verwaltungsbau anfallen. Im Vorfeld musste das Gelände „baureif“ gemacht werden. Die Kosten für Abrissarbeiten, archäologische Untersuchungen etc. in Höhe von weiteren rund vier Millionen Euro trägt – die Stadt Regensburg. Dazu kommen weitere 2,4 Millionen Euro, um den Neubau an das Rathaus anzubinden. Auch das übernimmt die Stadt (der entsprechende Auszug aus dem Investitionsprogramm findet sich hier).

Einstimmige Zustimmung vom alten Stadtrat

Grundstückstausch: Auf dem Gelände, das die Schmack-Gruppe von der Stadt erhielt stehen mittlerweile lukrative Wohnblöcke.Interessant ist auch das Zustandekommen des Vertrags zwischen der Schmack-Tochter und der Stadt. Am Anfang stand – im Jahr 2003 – ein Grundstückstausch. Das Gelände, auf dem das neue Verwaltungszentrum entsteht, gehörte seinerzeit der Schmack GmbH. Dafür besaß die Stadt ein Grundstück am Minoritenweg. Dieses Areal eignete sich gut für Wohnungen, das Schmack-Grundstück lag im Innenhof des Neuen Rathauses, ideal für ein neues Verwaltungsgebäude. Was lag also näher, als zu tauschen. Gesagt getan. Am 23. Oktober 2003 gab der Stadtrat dafür sein Placet. In nichtöffentlicher Sitzung.

Die genauen Modalitäten des Grundstückstausch sind nicht bekannt. Bestandteil der Vereinbarung war aber, dass die Firma Schmack das Bürger- und Verwaltungszentrum bauen werde, sofern sie ein „wirtschaftliches Angebot“ vorlegt. Eine europaweites Vergabeverfahren, um Angebote weiterer Investoren einzuholen, fand ungeachtet des Millionenvolumens nicht statt. Dennoch ist sich die Stadtverwaltung sicher, ein gutes Geschäft gemacht zu haben: Immerhin habe die Regierung der Oberpfalz als Rechtsaufsichtsbehörde das Vorhaben geprüft und als wirtschaftlich beurteilt, argumentiert unter anderem Finanzreferent Dieter Daminger. Eine ähnliche Auffassung vertrat – wenigstens bei Abschluss des PPP-Geschäfts 2007 – auch der Regensburger Stadtrat. Die Verträge zum Grundstückstausch bzw. zum neuen Bürger- und Verwaltungszentrum wurden dem Gremium nicht vorgelegt. Es gab eine sechsseitige Zusammenfassung, inklusive der Höhe des Mietpreises. Die Zustimmung zur Vetragsunterzeichnung im Juli 2007 erfolgte einstimmig.

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Kommentare (6)

  • Veits M.

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    “Eine europaweites Vergabeverfahren, um Angebote weiterer Investoren einzuholen, fand ungeachtet des Millionenvolumens nicht statt.”
    – Eine Recherche der Fakten hierzu wäre sicher als erster Schritt der Kontrolle seitens der Bürgerschaft hilfreich.

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  • F-Berger

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    In der Politik sollte genug juristischer Sachverstand sein um nachfolgendes zu prüfen.

    Es würde mich freuen, wenn ein Jurist, oder der hochgeschätzte Schreiber 8:37 diese Zeilen zur Prüfung an das Rechtsamt sendet, mit der Bitte um Stellungnahme!!!

    Ich kann das leider nicht selbst machen, zum anderen halte ich dieses Amt, speziell zwei leitende Mitarbeiter nur für mich, als nicht vertrauenswürdig.

    Grundgesetz

    Artikel 20

    (1)Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

    (2)Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

    (3)Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

    (4)Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

    Demnach geht jede Staatsgewalt vom Volke aus. Jede Entscheidung vom Verwaltungsträger muss sich daher bis zum Volkssouverän zurückverfolgen lassen. Sind aber öffentliche Ressourcen in einem gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen gebunden, hat die Verwaltung unter Umständen keinen, oder einen geringeren Einfluss auf die Entscheidungsfindung und die Verwendung der öffentlichen Ressourcen.

    Mit anderen Worten: Die Entscheidung treffen zu einem nicht geringen Teil nicht verfassungsrechtlich legitimierte Private. Dies führt u.U. dazu, öffentliche Mittel letztlich nicht für das Gemeinwohl zu verwenden, sondern für den privaten Partner.

    Das wäre Korruption.

    Im politischen Sinn ist Korruption die Verletzung eines allgemeinen Interesses zu Gunsten eines speziellen Vorteils, so zumindest die Definition des Politikwissenschaftlers Harold Dwight Lasswell und der sollte es Kraft seiner Bildung wissen.

    Wie das der Leiter des Rechtsamtes der Stadt Regensburg, Herr Rudolf Gruber, sieht würde mich interessieren und auch und ob er Handlungsbedarf sieht. Bis Dato ist diesbezüglich nichts bekannt. Er hätte sich doch Kraft seines Amtes dafür zum Wohle der Stadt selbsttätig einbringen müssen, oder sollen, oder?

    Andererseits gilt es zu fragen, brauchen wir ein neues Bürger- und Verwaltungszentrum, bzw. können wir uns das leisten, gibt es nichts wichtigeres?

    Wo doch die Verwaltung schlanker werden sollte, so Schaidinger und Konsorten. Leider wird vom Sparen immer nur geredet, gehandelt wird in Regensburg derzeit noch anders.

    Es darf gehofft werden, dass diese Praktiken mit der neuen CSU ein Ende nehmen. Viel zu lange durften die noch amtierenden Herren, aus meiner Sicht, ihrer Verschwendungssucht frönen.

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  • Veits M.

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    Zur Definition von Korruption:

    “Corruption is operationally defined as the misuse of entrusted power for private gain.”
    http://www.transparency.org/news_room/faq/corruption_faq#faqcorr1
    “Transparency International definiert Korruption als Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil.” (Siehe 6. Frage unter FAQ)
    http://www.transparency.de/FAQ.1224.0.html

    Bibliotheksdatenbank zum Thema Korruption
    http://www.transparency.de/Bibliotheksdatenbank.797.0.html

    Korruption in Politik und Verwaltung (Seite 3)
    http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/intern/AG_Wissenschaft_Forschung/ckoehl/Forschungslandschaft_20070505_1609.pdf

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  • Aus dem Redaktionstagebuch » Regensburg Digital

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    […] acht Jahre ist es her: Am 16. März 2009 haben wir uns kritisch mit dem Bau des neuen Bürger- und Verwaltungszentrums Rege… Dabei haben wir uns die Frage gestellt, ob es tatsächlich sinnvoll ist, das Ganze als „Private […]

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