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Opportunistisch, profitorientiert, erfolgreich

diehl1Darf der Rüstungskonzern Diehl unserer Redaktion weiterhin den Mund verbieten? Voraussichtlich am 2. März findet darüber eine mündliche Verhandlung vor dem Landgericht München I statt. Der Streitwert liegt mittlerweile bei 75.000 Euro. Eine von uns publizierte Aussage – es geht um eine Produktbezeichnung für ein Waffe aus dem Hause Diehl – sei „in erheblichem Maße geschäftsschädigend“, so die Anwälte des Waffenproduzenten (Hintergründe dazu am Ende des Textes). Diese eher pessimistische Prognose passt so gar nicht zum Leitspruch, den der kürzlich verstorbene Firmenpatriarch Karl Diehl geprägt hat. „Ein Unternehmen kann man nur mit Optimismus führen“, ist der Rat, den Karl Diehl den Wirtschaftsführern des Landes mit auf den Weg gibt. Der Erfolg gab ihm recht. Mit Optimismus überstand Diehl zwei Weltkriege und ist bis heute bestens im Rüstungsgeschäft etabliert. Seit seinem Bestehen stand das Nürnberger Unternehmen jedem Regierungssystem (Monarchie, Faschismus, Demokratie) zu Diensten, wenn es darum ging, modernstes Waffenmaterial bereitzustellen. „Umsichtig, verantwortungsbewusst und erfolgreich“ habe Karl Diehl sein Unternehmen durch diese Perioden geführt, glaubt der Historiker und Biograph des Hauses Diehl, Gregor Schöllgen. Opportunistisch, profitorientiert und erfolgreich wäre eine vertretbare Meinung. „Zugeständnis an den Zeitgeist“ Stets hat das Unternehmen Systemwechsel nicht nur weitgehend unbeschadet überstanden, sondern es rasch wieder geschafft, beste Geschäfte mit Waffen zu machen. Im II. Weltkrieg beschäftige Diehl Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge. Ein „Zugeständnis an den Zeitgeist“ sei Karl Diehls Eintritt in die NSDAP gewesen, urteilt Biograph Schöllgen. Der Zeitgeist ändert sich. Nicht zu Diehls Schaden. Die Fähigkeiten als Kriegsmusterbetrieb des Führers waren auch im Nachkriegsdeutschland gefragt. Ab Mitte der 50er lief das Waffengeschäft wieder an. Und wieder war (und ist) gutes Geld zu verdienen. Unter anderem mit Landminen und Streumunition. Bis zu entsprechenden Verbotsabkommen. Dann stand Diehl mit Räumgerät oder nicht verbotenen Nachfolgeprodukten Gewehr bei Fuß. Mit den Regierenden – egal welcher Couleur – klar zu kommen, ist eine Schlüsselkompetenz des Unternehmens. Ob nun KZ-Profiteur oder „Demokrat“: Diehl kann beides. Zahlreiche Auszeichnungen, ob nun von den Massenmördern des Dritten Reichs oder den Regierenden in Freistaat und Bund geben beredtes Zeugnis darüber ab, dass eine wandelbare politische Einstellung ein vielversprechendes Überlebensprinzip ist. Solidaritätsadressen von Karl Diehl gab es ebenso für Hitler wie für die Bundesregierung. Mit Opportunismus lässt sich gutes Geld verdienen. Mit einer aufrechten demokratischen Haltung nicht. Eine solche wird auch nicht eingefordert. Im Gegenteil: Von den Regierenden werden Verdienstorden verliehen. Die Rolle Diehls im II. Weltkrieg wird verharmlost und klein geredet. Zuletzt von Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD). Diehl: „Kontakt mit Regierung und Parlament intensivieren“ Dieses gute Verhältnis soll auch weiter ungetrübt bleiben. Kürzlich hat Diehl seine Abteilung „Außenbeziehungen“ neu strukturiert, um – so eine Pressemitteilung des Konzerns – „den unmittelbaren Kontakt unserer operativen verantwortlichen Führungskräfte mit Parlament und Regierung zu intensivieren“. Dieser Kontakt hat sich bereits bei den Verhandlungen zum Verbot von Streumunition als sinnvoll erwiesen. Auf Druck der Bundesregierung wurde sogenannte „Punktzielmunition“ von dem Verbot ausgenommen. Ein Glück, dass Diehl dieses erfolgversprechende Produkt herstellt: SMArt-Munition ist Punktzielmunition und intelligent, sagen Hersteller (Diehl und Rheinmetall) und Abnehmer (z.B. die Bundesregierung). SMArt hat damit das Zeug zum Exportschlager. Ein Segen für Exportweltmeister Deutschland. „Zielgenau und legal töten – mit SMArt, der intelligenten Munition“, wäre ein passender Werbeslogan. Seien es nun „harte“ (z.B. gepanzerte Fahrzeuge), „halbharte“ (z.B. ungepanzerte Fahrzeuge) oder „ungeschützte“ bzw. „weiche“ (z.B. Menschen) „Zielobjekte“ – zielsicheres Töten wird zum Kinderspiel. Patente dafür hat Diehl zum Teil bereits seit zehn Jahren. Das Geschäft mit dem Tod blüht. Zum Segen der deutschen Wirtschaft, der sich Staats- und Bundesregierung verpflichtet fühlen. Deutschland ist weltweit der drittgrößte Rüstungsexporteur. Die Welt sagt: „Danke, Deutschland“. Ob die derzeit untersagte Aussage unserer Redaktion über den Kriegsprofiteur Diehl legal ist, wird am 28. Januar vor dem Landgericht München I ein Thema sein. Unabhängig davon: Sollte irgendeine unserer Aussagen „in erheblichem Maße geschäftsschädigend“ für die Nürnberger Waffenschmiede gewesen sein, würden wir das nicht bedauern. (Ent)spannende Lektüre! Hintergrund Rüstungskonzern contra regensburg-digital.de Verdienstorden und Streubomben (Kolumne vom 25. Juli, Anlass für das Unternehmen Diehl juristisch gegen unsere Redaktion vorzugehen)

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Kommentare (2)

  • Roberto J. De Lapuente

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    Ich wünsche Regensburg digital alles Gute für den 28. Januar, und hoffe, dass der Meinungsfreiheit ein wenig von Richterseite aus, unter die Arme gegriffen wird. Muß sich ein Staat, der sich qua Grundgesetz als friedlich begreift (mal abgesehen von der neuen Großmannssucht dieser Republik, siehe Weißbuch Bundeswehr etc.) nicht darüber freuen, wenn Waffenproduzenten auf ihren Waffen sitzenbleiben?

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  • Julian Mühlbauer

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    Für die Verhandlung am 02. März kann man euch nur wünschen, dass sich das Landgericht in Sachen Presse- und Meinungsfreiheit noch an das bundesdeutsche Grundgesetz erinnert. Dass die Rüstungsschmiede Diehl unter Kaiser, Hitler und der Bundeskanzlerin den Tod produziert(e) und dabei prächtige Profite einstreicht, ist das eine, dass das Geschäft mit den Waffen, in dem die BRD ganz oben mitspielt, nur noch von den wenigsten überhaupt in Frage gestellt wird, ist das andere. Dass man aber über einen Rüstungskonzern und seine dreckigen Geschäfte nicht mehr sagen dürfen soll, worum es geht, das ist das letzte.
    Lasst euch den Mund nicht verbieten!

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