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Verbot für (dumme) Streubomben

Aktionstag von Handicap International am 6. Oktober in München zum Verbot von Streumunition. Foto: Handicap InternationalEine gute Nachricht vorneweg:

Vertreter von über 100 Staaten haben heute in Oslo mit der Unterzeichnung eines Abkommens zum Verbot von Streumunition begonnen. Die beteiligten Staaten müssen innerhalb von acht Jahren die Herstellung und Verbreitung von Streubomben verbieten. Bestehende Bestände müssen binnen vier Jahren vernichtet werden. Die größten Militärmächte der Welt, die USA, China und Russland, blieben der Unterzeichnungszeremonie in Oslo am Mittwoch allerdings fern.

Ungeachtet dessen ist das Abkommen ein großer Erfolg. „Wir sind seit 2006 mit der Regierung und dem Parlament im Gespräch und freuen uns, dass sich die deutsche Position heute so weit bewegt hat und wir insbesondere aus dem Parlament so viel Unterstützung erfahren“, sagt Eva Maria Fischer, Kampagnensprecherin von Handicap International, Mitglied der „Cluster Munitions Coalition“. Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (u.a. Aktionsbündnis Landmine.de, Handicap International) und engagierte Opfer von Streubomben haben sich 2003 zu dieser Kampagne zusammengeschlossen. Es galt, einer Waffenart ein Ende zu setzen, der nach Angaben des Auswärtigen Amts fast ausschließlich Zivilisten (98 Prozent) zum Opfer fallen, ein Drittel davon Kinder. Das Aktionsbündnis Landmine beziffert die Zahl der Opfer von Streubomben auf 100.000 Menschen.

Nun ein wenig Wasser in den Wein:

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Vom Verbot ausgenommen wurde sogenannte „intelligente“ Streumunition. Insbesondere auf Druck der Bundesregierung1. Auch das Wort „Streumunition“ wird in diesem Zusammenhang tunlichst vermieden. Man setzt auf neue Begrifflichkeiten. Von „sensorgezündeter Flächenmunition“ ist man im Bundesverteidigungsministerium mittlerweile zu der Bezeichnung „Punktzielmunition“ gelangt.2

Erstaunlich ist vor diesem Hintergrund, dass Deutschland mit ebendieser „Punktzielmunition“ seinen NATO-Verpflichtungen im Rahmen laufender Einsätze „zur Bekämpfung von Flächenzielen“ nachkommen will.3

Ein führender Hersteller von „Punktzielmunition“ ist die „Gesellschaft für intelligente Wirksysteme“ (GIWS). Eine Tochtergesellschaft der deutschen Konzerne Diehl und Rheinmetall. Die GIWS produziert den Munitionstyp SMArt.4

Das Aktionsbündnis Landmine.de schreibt dazu Ende September: „Geht es nach den Herstellern und den Regierungen, die alternative Munition wie z.B. SMArt erfolgreich von einem Verbot ferngehalten haben, sollen diese High-Tech-Waffensysteme herkömmliche Streu- bzw. Flächenmunition ersetzen, aber nicht mehr als solche bezeichnet werden.“5 Ebenso weigere sich die Bundesregierung, Testergebnisse für diese alternativen Munitionstypen offenzulegen.6

Das Geschäft mit „Punktzielmunition“, insbesondere des Typs SMArt, läuft blendend. Geliefert wurde an die Bundeswehr, nach Großbritannien, Australien, Griechenland, die USA und die Schweiz. Weitere Staaten sind interessiert7. Es fließen dreistellige Millionenbeträge. Mit dem nun unterzeichneten Abkommen wird daraus ein Milliardengeschäft.

Da ist es wahrhaftig ein Glück für die deutsche Rüstungsindustrie, dass die (mit auf Druck der Bundesregierung zustande gekommene1) Definition im nun ausgehandelten Abkommen, „SMArt“ nicht als Streumunition definiert. Es handelt sich um „Punktzielmunition“. Jedenfalls im bundesdeutschen Sprachraum.

Denn nicht jeder teilt diese Definitions- und Begriffshoheit.

Die japanische Regierung hat auch mit Blick auf „Punktzielmunition“ erklärt, keine „neuen Arten von Streumunition“ zu beschaffen.8 Ein Streumunitionsverbot in Österreich von 2007 bezieht diese so genannte „Punktzielmunition“ ausdrücklich mit ein. Ebenso gibt es Militärexperten, die Munitionstypen a la SMArt nach wie vor als Streumunition sehen.9

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass es bereits eine fertig entwickelte Bombe des Typs SMArt gibt, die mittels Splitterwirkung gegen Personen wirken soll. Patentinhaber ist die Diehl GmbH & Co mit Sitz in Nürnberg10. Auch hier stehen gute Geschäfte zu erwarten. Da ist es wirklich eine gute Nachricht, dass es sich auch bei dieser Bombe um keine Streumunition handelt, oder?

Und auch der Sprachgebrauch wird sich regeln lassen.

P.S.: Mehr über den traditionsreichen Inhaber dieses Patents, der derzeit gerichtlich gegen unsere Online-Zeitung vorgeht, erfahren Sie hier:

Rüstungskonzern contra regensburg-digital.de

Verdienstorden und Streubomben

Streubomben und Verdienstorden

Streubomben und Punkt-Ziel-Munition

Quellen

9 Dullum, Ove: Cluster Weapons – military utility and alternatives (FFI rapport 2007/02345); Forsvarets forskningsinstitutt/Norwegian Defence Research Establishment), Kjeller 2008, S. 52-59.

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