20 Aug2008
Ein Ausschuss, der es in sich hat
Regensburg im August. Wenn ein Großteil der Bürgerinnen und Bürger in Urlaub weilt und das Interesse der Daheimgebliebenen an Kommunalpolitik noch geringer ist als gemeinhin üblich, gönnt sich auch die politische Klasse Regensburgs eine kleine Auszeit: Der Stadtrat macht Sommerpause. Nur einmal trifft man sich, um Entscheidungen zu fällen: Im Ferienausschuss. Dort übernehmen 14 Ausschussmitglieder plus dem Vorsitzenden Oberbürgermeister im August die Aufgaben des gesamten Stadtratsplenums.
Der Ferienausschuss soll sich mit jenen Themen befassen, die „nicht ohne Nachteil für die Beteiligten, für die Stadt oder für die Allgemeinheit bis zum Ende der Ferienzeit aufgeschoben werden können“, heißt es in der städtischen Geschäftsordnung. Mitunter werden dort aber auch Entscheidungen getroffen, deren öffentliche Diskussion man gerne vermeiden möchte. Der Monat August verspricht weniger Öffentlichkeit, der kleine Ferienausschuss weniger Diskussion.
Ein Beispiel aus der Vergangenheit ist etwa das mittlerweile ad acta gelegte Brückenprovisorium über den Grieser Spitz. Diese hätte ohne Bürgerbeteiligung jederzeit gebaut werden können. Beschlossen im Ferienausschuss 2005. In der gleichen Sitzung beschlossen – allerdings im nichtöffentlichen Teil – wurde seinerzeit der fragwürdige Kauf des Brüchnerareals am Donaumarkt.
Die diesjährige Sitzung des Ferienausschusses (Donnerstag, 16 Uhr, Neues Rathaus) macht keine Ausnahme.
Auf der Tagesordnung findet sich (im öffentlichen Teil) unter anderem:
– ein ungewöhnlich hoher Zuschuss zum Ausbau des Baseball-Stadions, dem völlig unkritisch fragwürdiges Zahlenmaterial der Legionäre zugrunde gelegt wird. Der Zuschuss wird an anderer Stelle eingespart werden müssen. Wo das sein wird, wissen die Stadträte bislang noch nicht. SPD und CSU haben sich bereits geeinigt, die 657.000 Euro für den Baseball-Verein durchzuwinken (mehr dazu).
– ein Bericht des Oberbürgermeisters zur plötzlichen Sperrung der Steinernen Brücke. Möglicherweise ist zu erfahren, wieso ein externes Gutachten notwendig war, um den offenkundig maroden Zustand des Geländers der Steinernen durch ein externes Gutachten feststellen zu lassen (mehr dazu).
– ein erneuter Anlauf der Linken für einen Schulmittelfond, der es durchaus wert gewesen wäre, in größerem Rahmen diskutiert zu werden. Der Antrag war aber wegen der vermeintlich fehlenden Dringlichkeit nicht in der letzten Stadtratssitzung vor der Sommerpause behandelt worden (mehr dazu).
– die Forderung der ödp, eine Busspur auf der Frankenstraße auszuweisen.
– die Genehmigung von 50.000 Euro, um eine Ausschreibung für die Einrichtung und Ausstattung von Räumen an der städtischen Berufsschule II durchzuführen. Eine erste Ausschreibung musste aufgehoben werden.
– die Genehmigung für die Reaktivierung eines Kalkschachtofens bei der Walhalla Kalk im Stadtnorden (mehr dazu).
Mitglieder im Ferienausschuss sind voraussichtlich:
– für die CSU: Christian Schlegl, Brigitte Schlee, Erich Tahedl und Axel Reutter
– für die SPD: Norbert Hartl, Margit Wild und Hans Holler
– für die Grünen: Margit Kunc
– für die Freien Wähler: Ludwig Artinger
– für die FDP: Gabriele Opitz
– für die ödp: Dr. Eberhard Dünninger
– für die Linke: Richard Spieß
– für die CSB: Stephan Junghans
– und für die CSU-Stadträte, die sich nicht der CSU-Fraktion angeschlossen haben: Armin Gugau.
Veits M.
| #
Zum angesprochenen “Donaumarkt-Deal” kann ich Folgendes ergänzen:
Die Angelegenheit liegt derzeit beim Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts. Die von mir erhobene Verfassungsbeschwerde trägt das Aktenzeichen 2 BvR 1401/08.
Es liegt darüberhinaus heute in der Zuständigkeit und Verantwortung des neu gewählten Stadtrats selbst eine erneute strafrechtliche Untersuchung herbeizuführen und Sorge dafür zu tragen, dass der Rechtsweg ausgeschöpft wird.
Anders als bei der Steineren Brücke wurde u.a. versäumt, ein WERTGUTACHTEN über das Kaufobjekt der Donaumarkt-Grundstücks GmbH einzuholen.
Es sei daran erinnert: Der hohe Kaufpreis wurde seinerzeit damit begründet, man kaufe ja nicht nur das Grundstück (Brüchner-Areal), sondern den GmbH-Mantel. Laut einem MZ-Interview teilten die Altgesellschafter jedoch mit, dass die erworbene GmbH seinerzeit am Rande der Insolvenz stand.
Frage also: Wodurch ist dieser exorbitante Kaufpreis gerechtfertigt?
Der Grundsatz des sparsamen und sorgsamen Wirtschaftens gilt auch für die städtische Tochter, die Stadtbau-GmbH Regensburg. Verantwortung dafür trägt die damalige Geschäftsführung und der Aufsichtsrat. Alle Mitglieder dieser Gremien haben die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmanns einzuhalten und müssen ggf. dafür gerade stehen.
Das ist nicht anders als bei Siemens. Dort gibt es bereits einen Kläger.
In Regensburg dauert es womöglich etwas länger.
Und:
Gesellschafter der genannten städtischen Tochter sind im Grunde die 100 000 Regensburger Wahlberechtigen. Daher ist es nach der Gemeindeordnung auch zulässig, dass die Bürger direkt(!) im Wege eines Bürgerbegehrens tätig werden, falls der Stadtrat sich nicht daran erinnern mag, dass jedes Mitglied einen Eid darauf geschworen hat, für die Einhaltung von Recht und Gesetz in dieser Stadt Sorge zu tragen.
Über die Kleinkriminellen rasch den Stab zu brechen und die Bürger mit ihren Freiheitsrechten zunehmend aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen (MZ von heute)- das ist das eine. Der offen liegenden Verschwendung von Steuergeldern mit einer Kultur des Wegsehens zu begegnen – das ist das andere.
Fritz
| #
Die Zeiten, da der Ferienausschuss weniger Diskussion versprochen hat dürften angesichts dieser Zusammensetzung vorbei sein.
Und zur Öffentlichkeitswirksamkeit darf nur an das Sommerloch erinnert werden in dem jeder Journalist dankbar ist für jedes noch so kleine Ereignis. Insoweit ist der Ferienausschuss geradezu ein Festschmaus für die schreibende Zunft der Regensburger Medienlandschaft. Wenn der Ferienausschuss wie zu erwarten abläuft reicht das dort Geschehene mindesten für eine ganze Woche Lokalberichterstattung.
Und das ganze noch 5 Wochen vor der nächsten Wahl. Einfach unschlagbar.